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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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unterbrechen.« Sie zeigte die Stelle, an der Maria Magdalena gewohnt hatte, und da über solchen Geschehnissen ein sonderbares Geschick waltet, wählte sie den in einem Umkreis von zehn Meilen heiligsten Ort - die Stelle, wo die Menschen der Höhle einst ihren dem El geweihten Monolithen aufgestellt, wo die Kanaaniter Baal und die ersten Hebräer El-Schaddai verehrt hatten. Zu König Davids Zeit hatten die Priester hier Jahwe ihre Opfer dargebracht und die aus Babylon zurückgekehrten Juden zu JHWH gebetet. Dem Zeus, dem Antiochos Epiphanes und dem Augustus-Jupiter hatte man auf dieser leichten Bodenerhebung gehuldigt, und nun also sollte hier die große Basilika des neuen Glaubens erstehen. Kaiserin Helena kniete auf dem geheiligten Boden nieder. Als sie sich wieder erhoben hatte, erklärte sie, wie sie sich die Anlage des Baus wünsche - mit drei Apsiden -, und ganz unbewußt gab sie dabei für den Altar genau die Stelle über dem alten Monolithen an. Es dauerte einige Zeit, bis die Herrscher in Konstantinopel Zeit fanden, die Basilika der Heiligen Maria Magdalena in Makor zu bauen. Die heiligmäßige alte Kaiserin war damals schon gestorben; sie hatte nie erfahren, ob ihre Pilgerkirche vollendet worden war oder nicht. Auch Konstantin, der 337, nur neun Monate nach seiner Mutter, starb, wußte nichts darüber. An der Überlieferung wurde jedoch festgehalten, und wenngleich die Nachfolger Konstantins sich untereinander bekriegten, nach römischer Art der Bruder den Bruder erschlug, hatte doch immer die Absicht bestanden, den frommen Wunsch der Großmutter Wirklichkeit werden zu lassen. Zu Beginn des Jahres 351 überzeugte der aus Hispanien stammende Presbyter Eusebios den Kaiser davon, daß die Zeit dazu gekommen sei. Und so segelten zwei Schiffe mit Baumeistern, Steinmetzen und Sklaven unter Leitung des Eusebios von Konstantinopel ab. Sie landeten in Ptolemais, und wie Tausende von Pilgern vor ihnen und Hunderttausende nach ihnen begannen sie den Marsch über Land in Richtung zum See Genezareth, doch im Gegensatz zu den anderen blieben sie in Makor. Hier aber lebte damals als Oberhaupt der jüdischen Gemeinde der Rabbi Ascher ha-Garsi.
    In diesen Jahrhunderten, da Gott durch das Werk solcher Lehrer wie Augustinus von Hippo, Origines von Caesarea, Chrysostomos von Antiochia und Athanasios von Alexandria die christliche Kirche mächtig sich erheben ließ, auf daß sie das Sehnen einer hungernden Welt erfülle, vervollkommnete Er den ersten von ihm geoffenbarten Glauben, den des jüdischen Volkes, auf daß er für immer bestehen bleibe als Vorbild, an dem alle anderen sich maßen. Wenn in Zukunft eine neue Religion sich von den Grundsätzen, die Mose und die Propheten verkündet hatten, allzu weit entfernte, konnte Gott dessen gewiß sein, daß sie sich im Irrtum befand. Darum widmete Er in Galilaea, im uralten Land des Glaubens, ebensoviel Aufmerksamkeit den alten Juden wie den neuen Christen.
    Um den Glauben der Juden in die rechte Form zu bringen, verfügte Gott über jene vier starken Pfeiler, die Sein Volk sich errichtet hatte in den Zeiten der Erfahrungen in der Wüste und der Kämpfe mit den Kanaanitern: Die Juden hatten endgültig Ihn als den Einen Gott anerkannt, neben dem es keine anderen Götter gab; sie erfüllten die Gebote Seiner Thora; sie fanden Erhebung und Trost in den Gesängen ihrer frommen Dichter, des Königs David und Gerschoms, des Aufsehers seiner Spielleute; und immer wieder fanden sie Wege, ihre Gemeinschaft zu erneuern und zu festigen, folgend den flammenden Mahnungen der wahren Propheten, wie Jeremia es gewesen war und Gomer die Witwe. Doch um Seine Juden in den Heimsuchungen zu erhalten, die in der Zukunft drohten, bedurfte Gott noch zweier weiterer Pfeiler, deren einer vielen Religionen gemeinsam, deren anderer jedoch ganz einzigartig sein sollte. Und Er war im Begriff, diese notwendigen Pfeiler zu erschaffen.
    An jenem sonnigen Morgen des Jahres 326, als die Kaiserin Helena auf der Erde von Makor kniete und sie für ein weithin sichtbares Zeichen für die Ausbreitung des Christentums weihte, lag die Leitung der jüdischen Gemeinde bereits in den Händen des Rabbi Ascher ha-Garsi, den man in der ganzen Gegend »Gottesmann« nannte. Seit seinem dritten Lebensjahr hatte er sich dem Dienste des unnennbaren JHWH geweiht und vom neunten Jahr an die Thora gelernt; mit fünfzehn Jahren kannte er die Schriften der Weisheit seines Volkes auswendig. Mit sechzehn heiratete er, dem Wunsche seiner

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