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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Und wieder sehnte er sich nach der Wüste, wo ein Mann frei nach vorne und nach hinten blicken kann. »Es gibt auf der Welt nur zwei Bäume, die nützlich sind«, murmelte er, »den Ölbaum und die Dattelpalme.« Diese Bäume hier, die ihn bedrückten, und die Vögel, die plötzlich aus dem Dickicht aufflogen und seine Tiere erschreckten, waren nur noch ein weiterer Grund für ihn, diesen verhaßten Wald einmal Baum für Baum roden zu lassen. »Heute nacht möchte ich an einem Ort schlafen, wo es keine Bäume gibt«, sagte er zu seinen Unterführern, als sie Halt machten, damit Kamele und Pferde ausruhen konnten. Die Kamele waren am Morgen in Tiberias getränkt worden. Das Sumpfwasser rührten sie nicht an. Die Pferde wollten trinken, schreckten aber zurück, als Frösche aufsprangen. »La ilaha illa Allah«, sagte Abd Omar leise zu sich selbst, als es weiterging durch den Sumpf. »Es gibt keinen Gott außer Allah.« Dieses kurze Wort Mohammeds hatte die Menschen in seinen Bann gezogen, sein Klang entsprach seinem Sinn, und es faßte den ganzen Inhalt dessen zusammen, was Abd Omars Glauben war. Die ganze letzte Strecke des Dahinstapfens durch dieses scheußliche Moor sprach er Mohammeds Worte immer und immer wieder: »La ilaha illa Allah«, überzeugt, daß dieses Wort ihn vor den Gefahren von Wald und Sumpf schütze.
    Ganz versunken in seine Gedanken an die ewigen Dinge, führte er seine Männer wie ein Schlafwandler über den letzten Bogen des Pfades dorthin, wo die schwärzlich grünen Wasser aufhörten, wo es keine Schlangen und keine Frösche mehr gab. Als er endlich festen Boden vor sich sah, hatte sich in ihm auch das gefestigt, was ihn, ohne daß es ihm bewußt geworden war, während des ganzen Weges durch den Sumpf beschäftigt hatte.
    Wie die meisten ersten Anhänger Mohammeds hatte Abd Omar den Glauben des Propheten anfänglich für nichts anderes gehalten als eine ganz persönliche Erfahrung Mohammeds -und jeder, der diesem begnadeten Diener Gottes und Heerführer begegnete, mußte seine Überlegenheit anerkennen. Aber gerade deshalb war viel darüber gesprochen worden, was wohl geschah, wenn Mohammed einmal starb. Abd Omar hatte zu denen gehört, die damit rechneten, daß dann die ganze Bewegung zusammenbrechen müsse. Niemals konnte er den Tag vergessen, an dem der Prophet dann wirklich gestorben war: Geweint hatte er wie ein Kind, denn seine Welt, so glaubte er, war untergegangen. Aber der alte Abu Bekr war aus dem Todeszelt getreten mit den Worten, die das Leben weitergehen ließen: »Die unter euch, die Mohammed verehrt haben, sollen wissen, daß er tot ist wie jeder andere Mensch. Aber die von Euch, die Gott anbeten, wisset, Er lebt für immer.« Und das Fortdauern Allahs hatte Arabern wie Abd Omar die Kraft zum Weiterleben und Weiterkämpfen gegeben.
    »Ich werde nie wieder in die Wüste zurückkehren«, flüsterte er, als das Moor hinter ihm lag. »Heute werden wir Makor stürmen und nach einer kleinen Weile Akka. Und dort werde ich ein Schiff nehmen und zu den fernen Inseln und Königreichen fahren. ich, der ich niemals das Meer gesehen habe.« Eine Vision überkam ihn von der Größe dessen, was ihm aufgetragen war: den Glauben der Araber über die ganze Welt zu verbreiten. So wie er jetzt den Sumpf verließ, der ihn und seine Wüstenreiter, seine Kamele und Pferde erschreckt hatte, so schied er auch zugleich von der Wüste, in der Reiter und Kamele und Pferde dem weiten Horizont entgegengejagt waren.
    »Nie mehr werde ich diese Wüsten sehen«, sagte er und unterwarf sich damit dem Ratschluß seines Gottes. »La ilaha illa Allah«, rief er, denn es gab nur Einen Gott, und wenn Er alles lenkte, war es am besten, Seinen Weisungen zu folgen. Wenn Gott einen Mischling und Sklaven durch die gefährlichen Sümpfe geführt hatte, so stand Ihm auch das Recht zu, Seinem Knecht zu sagen, wohin er nun gehen solle. Ob ich wohl jemals meine Frauen wiedersehen werde? Abd Omar dachte an die Frauen, die bei den Kindern in Medina geblieben waren. Wie Mohammed hatte auch er eine Negerin aus Äthiopien geheiratet, und er liebte sie. Aber auch Suleimans Tochter war in seinem Zelt und die Schwester des Chaled Jesd, des Kriegers. Ob sie ihm wohl je folgen könnten, auf geheimnisvolle Weise, über die Länder und Meere, und ihm irgendwo in einer fremden Stadt begegnen, barfüßig und die Kinder an ihren Röcken hängend?
    Sobald Abd Omar mit seinen Kriegern auf festen Boden gelangt war, hatte er aufsitzen lassen und

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