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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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deutete an, daß das Mädchen mit ihm in einem Zimmer Mathildas schlafen werde. Seine Schwester war sehr verletzt. Aber Gunther übersah das. »Wo wir auch hinkamen«, rief er in großer Erregung, »haben uns alle Herren von Adel versichert, daß sie sich Ende des Monats uns anschließen wollen. Volkmar, du mußt mit!«
    Der Graf schwieg. Aber Wezel vertraute Gunther an: »Wenigstens hat er einen Brief an den Kaiser geschrieben und um seine Stellungnahme gebeten.«
    »Volkmar!« rief der junge Ritter. »Du bist einer der Unseren. Der Kaiser hat Konrad von Mainz erlaubt mitzuziehen.«
    »Wirklich?« fragte Volkmar, immer noch vorsichtig. »Ja! Konrad bringt uns neunhundert Mann.«
    Die Worte erstaunten Volkmar sehr. Wie konnte das Erzstift Mainz, dessen Ländereien am Rhein nicht größer waren als die Grafschaft Gretsch, neunhundert Männer entbehren? Wer sollte die Felder bestellen? Zum erstenmal begriff er, daß eine große, alle Christenmenschen erfassende Bewegung in Gang gekommen war, die sich weder um die Äcker noch um das Vieh scherte.
    »Von Gretsch nehmen wir zwölfhundert Mann mit«, sagte Gunther bestimmt. »Heute abend geht Klaus herum, sie zu werben. Wir brauchen Pferde und Wagen.« Er hatte sein Kettenhemd ausgezogen und trug ein leichtes Gewand mit einem Umhang, den ein großes blaues Kreuz zierte. Während er redete, umfaßte er mit dem linken Arm das hübsche Mädchen, dessen Namen keiner kannte. »Es ist ein sehr gefährliches Unternehmen. Vielleicht habe ich zuviel von dem Fürstentum gesprochen, das ich mir mit meinem Schwertarm erkämpfen will. Denn es liegt ja auch in Gottes Willen. Wezel hier kann dir erzählen, welche Schande es ist, daß die heiligen Stätten unseres Heilands in den Händen der Ungläubigen sind. Bei Gott«, schrie er und schlug auf den Tisch, »das soll nicht so weitergehen.« Er führte das fremde Mädchen in das Schlafgemach, versammelte am Morgen seine Schar und jagte davon. Drei Berittene aus Gretsch nahm er mit. Er war erst eine kurze Weile fort, als ein Bote aus dem Süden kam mit der Antwort des Kaisers: »Wir wollen die Frage, welcher Papst der rechtmäßige sei, jetzt nicht erörtern. Wir müssen Jerusalem für unseren Heiland Jesus Christus erobern. Wenn Ihr also in Eurem Herzen den Wunsch habt, für die Wiedererlangung Seines Heimatlandes zu kämpfen, so tut es.«
    Als Volkmar die Worte hörte, kniete er auf dem Steinboden nieder und bat Wezel um seinen Segen; denn wenn sein Schwager aus mancherlei Gründen nach dem Heiligen Land zog, so ging Volkmar nur aus einem: um die Ungläubigen zu schlagen und aus den heiligen Stätten zu vertreiben. Er sah auf, ergriff die Hände des Priesters und schwor: »Ich nehme das Kreuz. Gott will es.« Dann bat er Mathilda, ein rotes Kreuz auf seinen Mantel zu nähen. Dabei aber kam ihm eine neue Schwierigkeit zu Bewußtsein, mit der er allein nicht fertigwerden konnte. Deshalb ging er durch die Stadt zu Hagarsis Haus, wo er wieder von der Tochter des Juden begrüßt wurde. Sobald er mit dem Geldmann allein war, sagte er: »Hagarsi, hilf mir!«
    »Geld?« fragte sein Freund. »Viel schwieriger.«
    »Das einzige, was noch mehr Schwierigkeiten macht, ist die Frau eines Mannes.«
    »Richtig. Ich habe gelobt, am Kreuzzug teilzunehmen.«
    »Ich hoffe, du wirst Jerusalem sehen«, antwortete Hagarsi feierlich. »Wir haben ein gutes Heer«, versicherte ihm Volkmar. »Dann habt Ihr Aussicht.«
    »Aber als ich es meiner Frau sagte, sah ich, daß sie schon auf ihr eigenes Gewand ein Kreuz genäht hatte und auf die Kleider der Kinder auch.«
    Der Geldverleiher lehnte sich in seinem Stuhl zurück und öffnete die Augen sehr weit. »Sie will auch gehen?«
    »Ja, ihr Bruder hat sie mit seinen absonderlichen Träumen angesteckt.«
    »Volkmar«, sagte Hagarsi ernst. »Ich bin viermal in Konstantinopel gewesen, und niemals konnte ich eine Frau mitnehmen. Man muß hundert Tage durch ein gefährliches Land reiten.«
    »Sie besteht darauf.«
    Der Gottesmann sah seinem Grafen voll Mitleid in die Augen. Die beiden hatten oft miteinander zu tun gehabt, und die Menge Gold, die von Hagarsi zu all dem beigesteuert worden war, was der Graf unternommen hatte, ließ sich gar nicht mehr nennen, denn der Jude hatte schon längst aufgehört, Buch zu führen. Von Volkmars Freunden vermochte nur Hagarsi zu verstehen, vor welcher Entscheidung der Graf nun stand. Angesichts dessen hielt es der erfahrene Jude für das Beste, offen zu reden: »Volkmar, wenn hundert

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