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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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bewaffneten Treiber einzulassen. Musaffar erschien, wie versprochen, hoch zu Roß. Wie ein Junger sprang er aus dem Sattel, schritt rasch in seinen langen Gewändern über das Steinpflaster des Hofes, machte dem Kommandanten seine Aufwartung, umarmte Volkmar und küßte dessen Sohn. Vielerlei Neuigkeiten brachte er mit. Auch er hatte gehört, daß man im Abendland zu einem neuen Kreuzzug aufrief. »Werden sie denn niemals etwas dazulernen?« rief er. »Im Ernst, das kann die letzte Reise sein, die ich wage. Und wenn Ihr erst all die Waren seht, die in Damaskus nur darauf warten, verkauft zu werden, wenn Ihr an all die schönen Dinge denkt, die von den Schiffen aus Genua nach Acre gebracht werden.« Er spuckte aus. »Wir alle sind Narren.« Der kahlgeschorene Mameluck bat den alten Kaufherrn, einige Tage auf der Burg zu bleiben. Denn Musaffar bedeutete ihm das gleiche wie ein Troubadour für die edlen Herren auf den Burgen des Abendlandes: Man hörte Klatsch und das, was in der Welt geschehen war - eine willkommene Abwechslung in der Langeweile des Alltags. Aber Musaffar lehnte dankend ab: »Ich muß mit meinen Kamelen nach Acre.« Doch dann besann er sich eines besseren: »Es geht auch anders. Wenn Ihr meiner Karawane einen oder zwei Eurer Krieger zum Schutz bis Ma Cœur mitgebt, lasse ich sie gleich weiterziehen und bleibe hier über Nacht. Wir können dann morgen früh nach Starkenberg reiten.«
    Man wurde schnell einig. Zwei junge Mamelucken, die gern Burg und Stadt Ma Cœur kennenlernen wollten, begleiteten die Karawane. Als die Kamele fortwaren, saß man auf der sonnigen Terrasse beieinander und plauderte über die neuesten Gerüchte. »Was wir in Damaskus nicht begreifen«, bemerkte der Alte, »ist dies: Warum schreit der Papst nach einem Kreuzzug vom Abendland aus, wenn ein richtiger hier in Asien schon im Gang ist? Aber für den rührt er keinen Finger.«
    »Meint Ihr die Mongolen?« fragte der Mameluckenhauptmann. »Ja!« erwiderte der alte Araber. »Neulich    habe ich    mit    einem mongolischen Händler
    gesprochen, der von Aleppo her kam. Erstaunlich war, was er sagte: Die Mongolen seien allesamt bereit, zum Christentum überzutreten, wenn der Papst nur ein Wort sagte, und sie hätten immerhin    ein Heer    von    Hunderttausenden, das    euch
    Mamelucken in den Rücken fallen könnte, während die Franken gegen die Seehäfen vorgehen. Da säßet ihr schön in der Falle.«
    »Wir haben das befürchtet«, gestand der Mameluck und rieb sich seine Narbe. »Jahrelang haben wir uns überlegt, wann wohl die    Mongolen    und    die Christen sich gegen    uns
    verbünden.    Aber jetzt    haben    wir keine Angst mehr. Es    wird
    nicht geschehen. Niemals.«
    »Warum nicht?« fragte Musaffar.
    »Es ist schwer zu erklären. Denkt daran, wie die Türken sich ihr Reich von uns haben abnehmen lassen. Wir waren einer gegen zehntausend und Sklaven noch dazu. Jederzeit hätten sie uns vernichten können. Und jetzt? Jetzt gehört uns eine Welt. Ich nehme an, Ihr wißt, daß Tripolis gefallen ist?«
    »Ja«, antwortete Volkmar. Er spürte geradezu körperlich, wie sich das Unheil zusammenbraute.
    »Seht dort hinab«, sagte der Mameluck und zeigte auf das Dorf am Berghang. Eine vorüberziehende Wolke hüllte das Dorf völlig ein, während die Umgebung im hellen Sonnenschein lag. »Wir hier oben können Größe und Richtung dieser Wolke erkennen. Die im Dorf können es nicht, weil sie darin stecken. Wir können beurteilen, was der Papst tun sollte
    - er nicht, denn er steckt darin.« Die Wolke zog weiter.
    »Ich habe ehrlich Angst.« Mit sehr ernstem Gesicht blickte der alte Kaufherr den Mamelucken und Volkmar an. »Als der letzte Waffenstillstand geschlossen wurde, da dachte ich: Mit Acre werde ich Handel treiben bis ans Ende meiner Tage. Aber nachdem Tripolis gefallen ist und die Christen in ihrer Blindheit.« Er erhob sich erregt. »Ich habe Angst, ihr Mamelucken werdet Acre noch im Laufe dieses Jahres zerstören.«
    »Vielleicht werden wir es müssen.« Der Hauptmann zuckte mit den Achseln. Noch während er sprach, sah Musaffar, daß der junge Volkmar sich unbemerkt der Gruppe genähert hatte und zuhörte.
    Am folgenden Morgen ritten die beiden Grafen Volkmar mit Musaffar nordwärts nach Kefar Birim, wo sich Juden, die aus Spanien zurückgekehrt waren, um die Ruinen der einst so noblen Synagoge angesiedelt hatten. Der Knabe lief umher und begaffte die Juden, denn bisher

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