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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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hatte er ja nur einen einzigen gesehen. Sein Vater benutzte die Gelegenheit, schnell zu Musaffar zu sagen: »Würdet Ihr auf Eurem Heimweg nach Damaskus meinen Sohn mitnehmen? Ihn nach Konstantinopel bringen, damit er von dort irgendwie nach Deutschland kann?«
    »Seid Ihr so besorgt?« flüsterte Musaffar. »Ja.«
    »Dann will ich Euch gestehen, was ich noch niemandem gesagt habe. Diese Reise, alter Freund, ist meine letzte.«
    »Denkt Ihr, die Mamelucken schlagen bald zu?« Der Araber nickte.
    In gedrückter Stimmung ritten die Pilger nach Westen, über die schönsten Hügel und Berge von Galilaea. Und dann lag die Burg Starkenberg vor ihnen, hoch oben auf dem Felsen wie ein einsamer Adler. Einst war sie das Musterbeispiel einer Kreuzritterburg gewesen. Aber die Mamelucken hatten
    Starkenberg genommen und zerstört, und nun sahen ihre verfallenen Türme und Mauern aus wie Stummelzähne in einem verwitterten Totenschädel. Graf Volkmar entfernte sich ein wenig von den anderen, um die Ruinen näher in Augenschein zu nehmen, denn er war schon in seiner Jugend hierhergekommen, weil sein Vater bei den Deutschen stets gern zu Gast gewesen war. Hier hatte er Deutsch gelernt, hier sein erstes Mädchen geküßt. Unüberwindliches Starkenberg -wie konnte es geschehen, daß du gefallen bist. Senkrecht abfallende Klippen hatten die Burg auf drei Seiten geschützt, und auf der vierten war das gewachsene Gestein so abgetragen worden, daß die Burg auch hier gesichert schien. So gewaltig war diese Burg der deutschen Ritter gewesen, ihre Zisternen so tief - vierzig Fuß in das Herz des Felsens gehauen und bis an den Rand mit Wasser gefüllt. Wie hatte sie den Feinden in die Hände fallen können? Eine Zeitlang gedachte der Graf derer, mit denen er hier einst gelacht und gezecht hatte. Alle waren sie dahingegangen. Dann gab er das Zeichen zum Aufbruch. Nach Süden ging es nun. Von Starkenberg nach Hause zu reiten, das war schon immer etwas aufregend gewesen, denn der Pfad war gebirgig und führte über Berg und Tal. Auf jeder Höhe glaubte man, jetzt müsse Ma Cœur zu sehen sein. Aber jedesmal schob sich ein neuer Berg dazwischen bis. »Da liegt es!« rief der Knabe. Er schoß auf seinem schnellen Mameluckenpferd hinab, daß die Funken stoben, und durch den Staub sahen die Ritter mit sehnsüchtigen Augen die hohen Rundtürme von Ma Cœur.
    ...Der Tell
    Eines Tages saß John Cullinane auf den Mauern von Akko und versuchte sich eine Vorstellung vom Bild der Stadt in der
    Zeit der Kreuzzüge zu machen. Dabei fiel ihm folgendes ein: Alle, von denen ich weiß, daß sie sich mit dieser Epoche beschäftigen, suchen sich immer die Falschen aus. Sie nehmen Richard Löwenherz als Vertreter der Christen und Saladin als den edlen Moslem, stellen die beiden einander gegenüber und
    - kommen zu keinem Ergebnis. Ich habe da mehr Glück gehabt. Als ich in meiner Jugend zum erstenmal etwas über die Kreuzzüge las, bin ich auf zwei Männer gestoßen, deren Leben die ganze Problematik der Kreuzzugszeit umfaßt. Hätte doch Plutarch lange genug gelebt, um diese beiden miteinander vergleichen zu können! Denn ich bin sicher, daß er nicht über Richard Löwenherz und Saladin geschrieben hätte, sondern über meine Freunde. Cullinane rief sich ins Gedächtnis, was er von Friedrich dem Zweiten, des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation Kaiser, wußte. Er war ein Enkel des noblen Barbarossa, hatte aber sonst nichts von dessen Art. Kaum an Deutschland interessiert, um so mehr aber an seinem Besitz in Sizilien und einem großen Teil Italiens, sah er sich, seit 1223 verwitwet, nach einer neuen Gemahlin um. Zwei Jahre später kam ihm der Gedanke, die erst vierzehn Jahre alte Isabella von Brienne zu heiraten, die Erbin des zum Untergang verurteilten Königreichs Jerusalem, dessen Hauptstadt Sultan Saladin den Christen schon 1187 entrissen hatte. In der Hochzeitsnacht ertappte die kindliche Braut ihren Gemahl, wie er ihre Base verführte. Nach nur wenigen Tagen der Ehe schickte Friedrich Isabella nach Sizilien in seinen Harem, wo sie ein Kind bekam und starb. Ihm war Jerusalem zugefallen, vorausgesetzt allerdings, daß er es den Ungläubigen wieder abnehmen konnte. Hatte es je einen schlimmeren König gegeben als Friedrich? Und noch dazu für ein Land, das man das Heilige Land nannte? Er war klein, dick, kahl und kurzsichtig, er war bucklig und hatte wäßrig grüne Augen. Als junger Kaiser hatte er dem Papst gelobt, auf einem Kreuzzug Jerusalem

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