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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Gegenwart eines Kaimakam sitzen dürfen. Also wurde er doppelt vorsichtig. Tabari sagte: »Ich wollte Euch schon lange etwas fragen, Schemuel, habt Ihr einmal über die Beduinen nachgedacht? Die Überfälle? Dazu könnte es kommen, gesetzt den Fall, Eure Leute bekommen das Land.« Der Kaimakam fing sich sofort wieder. »Ich meine. immer unter der Voraussetzung, wir finden einen Weg.«
    Jetzt mußte sich Hakohen alle Mühe geben, den Kaimakam nicht merken zu lassen, was er dachte: Die Ferman aus Istanbul ist also da! Ich spüre es an der Art, wie der Kaimakam sich benimmt. Die Juden werden ihr Land bekommen. Und ich weiß auch, was geschehen ist. Der gleiche Bote, von dem ich erfahren habe, daß das Schiff in Akka angekommen ist, hat dem Kaimakam den Ferman überbracht. Vorsicht also! Und nun sprach Schemuel sehr langsam, weil er nicht erraten konnte, was Tabari jetzt vorschlagen würde: »Von Pekiin her weiß ich, wie man mit Beduinen umgeht. Zuerst bietet man ihnen Freundschaft an. Und wenn das nichts hilft, nimmt man ein Gewehr und kämpft.«
    »Kämpfen?« lachte der leutselige Kaimakam. »Schemuel, euer Häuflein blasser Stubenhocker? Die wollen kämpfen, gegen Männer der Wüste?«
    »Es wird uns keine andere Wahl bleiben, Exzellenz. In Europa, zum Beispiel in Spanien, haben wir uns nicht gewehrt und sind lebendig verbrannt worden. Hier in Tabarije werden wir kämpfen. Ich glaube aber nicht, daß es nötig sein wird.« Er dachte an die Bauern in Pekiin. Drei Jahre lang war es dort zu keinem Überfall mehr gekommen.
    Der Kaimakam lächelte nachsichtig und fragte: »Vermutlich sind die Neuankömmlinge alle Aschkenasim?« Mit seinen
    Fingern zeichnete er Locken auf seinen Wangen nach. »Die scheinen mir nicht gerade Kämpfer zu sein.«
    »Ihr habt bislang nur eine Art von Aschkenasim kennengelernt, Exzellenz.«
    »Es sollte mich freuen, eine andere Sorte kennenzulernen«, scherzte der Kaimakam. »Die Aschkenasim, wie wir sie hier in Tabarije kennen. Erbärmlich, engherzig. Die Sefardim dagegen.«
    Hakohen hatte nicht die Absicht zuzulassen, daß Tabari vom Thema abwich. Istanbul hatte den Juden ihr Land zugewiesen, und die Übergabe durfte einfach nicht mehr hinausgezögert werden. Deshalb versuchte er, die Unterhaltung wieder auf diesen Punkt zurückzuführen. Aber Tabari schwafelte weiter: »Mir sind die Sefardim immer lieber gewesen.«
    Hakohen dachte: Ganz gleich, was der Kaimakam hier in Tabarije erlebt haben mag - die Zukunft der Juden liegt bei den Aschkenasim. Sie sind die harten, opferbereiten Männer mit deutscher Ausbildung und russischer Entschlußkraft, die Israels Zukunft bestimmen werden. Laß meine Freunde in Akka erst einmal ihr Land haben. Dann werden wir schon sehen. Zum Kaimakam sagte er nur: »Die Sefardim sind angenehmer im Umgang.«
    »Ja«, stimmte Tabari zu. »Jeder Jude in Tabarije, den ich respektiere, ist ein Sefardi.« Er verbesserte sich. »Jeder außer Euch, Schemuel.«
    Es folgte ein verlegenes Schweigen. Offensichtlich wollte der Kaimakam auf etwas hinaus, aber auf was, vermochte Hakohen nicht zu erraten. Er wartete, bis Tabari weitersprach: »Wenn nun alle Einwanderer Aschkenasim sind, die ich sowieso nicht leiden kann, warum sollte ich da meine Stellung aufs Spiel setzen?«
    »Es ist alles Geld, das ich habe«, beharrte Hakohen dickköpfig. Kaimakam Tabari spielte den Gekränkten. »Ich wollte nicht noch mehr Geld von Euch, Schemuel. Nur müssen wir von irgendwoher noch Mittel in die Finger bekommen, um für den richtigen Entscheid in Istanbul zahlen zu können.« Ein Augenblick schwerer Entscheidung war gekommen. Schemuel fühlte die Goldmünze an seinem Bein. Schon war er versucht, sie als ein letztes Anerbieten unbeherrscht auf den Tisch zu werfen. Er tat es nicht. Denn er hatte gelernt, in diesen Dingen seiner intuitiven Einschätzung der Lage zu vertrauen. Und deshalb war er überzeugt, daß sich der Ferman bereits in Tabarije befand und er nur darauf zu pochen brauchte. Er behielt also die Münze und wartete. Schließlich sagte Tabari: »Was ich mir nun gedacht habe.« - da war er also wieder, dieser widerliche Satz! -, »ist dies: Ihr nennt mir die Namen der führenden Leute Eurer Einwanderer in Akka, und ich werde, wenn ich morgen dort bin, mit ihnen sprechen und ihnen den Ernst der Lage auseinandersetzen.« Zutiefst angeekelt, blickte Schemuel Hakohen auf den Kaimakam. Jeder wußte, was der andere dachte. Der Jude: Er wird mit einem Dolmetscher zum Schiff gehen, mit

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