Die Quelle
des Mondes werden sie nachts aufleuchten, und die Leute werden rufen: >Da ziehen unsere Juden dahin. < Und nach vielen Jahren wird das Weltgewissen wach werden, und großherzige Bürger in Deutschland und Litauen werden es den Juden, die überlebt haben, abermals ermöglichen, nach Palästina zurückzukehren. Und wenn sie dann hierher kommen und sehen, wie ihre Bewässerungsanlagen verfallen sind, wenn sie sehen, wie die Araber die Schulen und Weingärten ihrem Schicksal überlassen haben, werden sie sagen: >Wie doch die Dinge während unserer Abwesenheit zum Teufel gegangen sind.< Und dann werden sie anfangen, alles noch einmal aufzubauen.«
Eliav und Cullinane wollten zu Dschemail Tabaris Ausführungen etwas sagen, aber keinem von beiden fiel etwas Passendes ein.
Wann immer der Kaimakam Faradsch ibn Ahmed Tabari im August von Tabarije nach Akka reiste, mußte sich seine Karawane schon bei Sonnenaufgang in Bewegung setzen, um bis zum Mittag einen sicheren Rastplatz erreicht zu haben, wo man die Zelte zum Schutz gegen die schlimmste Hitze des Tages aufschlagen konnte. Folglich stellte sich um vier Uhr in der Frühe ein beachtliches Gefolge in der Karawanserei ein, wo Pferde und Proviant noch einmal überprüft wurden.
Am Seeufer entlang bewegten sich flackernde, geheimnisvoll verschwommene Lichter: Leute aus den einzelnen
Stadtvierteln fanden sich ein, um sich den Abzug der Karawane anzusehen. Kinder von Arabern und Juden liefen durch die engen Gassen, jede Gruppe für sich, während die Mütter schweigend abseits standen und die Männer mit den Maultiertreibern fachsimpelten. Der Morgen war bereits feuchtheiß und drückend, aber der gute Geruch von Pferden lag in der Luft. Jetzt wurde das Stadttor geöffnet.
Und nun erschien auch der Kaimakam, stattlich, gut aussehend, in wallenden arabischen Gewändern, während sich vom Verwaltungsgebäude nahe der Festung vier bewaffnete Soldaten näherten, ihre Pferde bestiegen und sich in die Karawane einreihten. Eine Trommel wurde geschlagen, und Zurufe kamen aus der Menge, als sich der Zug nach Westen in Richtung der von der Morgensonne beschienenen Bergspitzen in Bewegung setzte.
Damals - 1880 - war es ratsam, unter bewaffnetem Schutz zu reisen. Wer allein über Land ging, setzte sich der Gefahr aus, ermordet zu werden. Selbst zu dritt oder viert konnte man von Beduinen angegriffen werden, sofern man nicht von Berittenen unter Waffen begleitet war. Auf dem gleichen Weg, den Jesus einst allein und in Sicherheit gewandelt war, mußte der türkische Kaimakam sich jetzt wie ein ängstliches Schulmädchen verhalten, denn die Strecke, an der einmal
Herbergen und zahlreiche Städte gelegen hatten, zog sich jetzt nur durch kahle, gefährliche Landstriche. Hatte man die Berge wohlbehalten passiert, stand einem noch Schlimmeres bevor, denn nun dehnten sich vor einem weite Sumpfgebiete aus, viel größer als zuvor und eine Brutstätte der Malaria. Vor zweitausend Jahren hatte ein großer Teil dieses Gebietes aus bewässertem Nutzland bestanden, aus Weingärten und Olivenhainen, auf denen der Wohlstand Galilaeas beruht hatte.
Kurz nach elf Uhr erreichte die bewaffnete Karawane die öde Hügelkuppe von Makor, als Rastplatz deswegen beliebt, weil man sich von hier oben gegen etwaige Banditen zur Wehr setzen konnte. Das Zelt des Kaimakam Tabari wurde aufgeschlagen. Als über Mittag die Sonne unbarmherzig herniederbrannte, schlief er bereits.
Um sechs Uhr nachmittags wurde er von lautem Gelächter geweckt. Er schob seinen Kopf aus dem Zelt, um zu sehen, was draußen vor sich ging, konnte jedoch zunächst nichts feststellen. Da aber das Gelächter anhielt, legte er sein Gewand an und ging auf der Hochfläche entlang. Da bemerkte er unter sich auf dem Pfad etwas, das wohl jeden zum Lachen gebracht hätte.
Auf dem Weg von Akka kam ein Mann dahergewandert, ganz allein, zu Fuß und in einem unmöglichen Aufzug; von Zeit zu Zeit hielt er an und begann auf der Stelle zu tanzen -vor Freude? oder weil er verrückt war? -, sprang hoch in die Luft und rief ununterbrochen unverständliche Worte. Dann rückte er sein Gepäck auf der Schulter zurecht und wanderte weiter.
»Was ist das denn für einer?« fragte der Kaimakam. Niemand wußte es. »Geht und holt ihn!« befahl er; drei Bewaffnete liefen den Hügel hinab, um sich dem überraschten Fremden in den Weg zu stellen. Der mußte wohl vermutet haben, die Männer wollten ihm ans Leben. Aber er zeigte keineswegs
Furcht - im
Weitere Kostenlose Bücher