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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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dachte: Das würde ich gerne hören, was ein englischer Oberfeldwebel zu diesem Haufen sagt! Dann sah er auf die Lichter von Safad über sich, wie er sie in der letzten Nacht gesehen hatte, und stellte dabei fest, daß seine Einheit viel tiefer marschierte als zur Zeit ihres Abmarschs und noch viel tiefer als ihr Ziel. Der Rest des Unternehmens bedeutete also Aufstieg, und das mit vierzig Kilo Gepäck.
    Jetzt drohte die erste Gefahr. Alle Juden marschierten nun vorsichtig in der Schlucht und liefen nach Süden, auf das jüdische Viertel von Safad zu. Wenn irgend etwas schief ging, saßen sie in der Falle, denn der Feind hielt alle Stellungen oben besetzt. Außerdem bildete der Grund des Wadi einen natürlichen Pfad - es bestand also durchaus die Möglichkeit, daß hier arabische Wachen patrouillierten. Trotzdem war Gottesmann mit der gefährlichen Entscheidung einverstanden. Denn wenn sie nach Safad hineinkommen wollten, dann nur so. Mochten die Frommen beten. Von den Männern, die Gottesmann kannte, tat es keiner. Aber jeder hielt sein Gewehr im Anschlag.
    Schweigend zogen die Juden das Wadi hinab. Einmal murmelte Bar-El Gottesmann zu: »Jetzt kommt’s dick. Möglichst weiten Abstand halten.« Wenn die Araber auf Draht waren, dann schlugen sie jetzt zu.
    Bar-El machte einen Satz. Gottesmann fühlte, wie sich sein Hals verkrampfte. Ein wilder, schrecklicher Schrei schallte durch das Wadi und hallte von einer Wand zur anderen wider. Ilana rang nach Luft und griff nach Gottesmanns Arm. Dieses Schreien war entsetzlich. Nur Bagdadi blieb ruhig. Er lachte leise. »Schakale. Sie wittern den Esel.« Falls wirklich ein Araber das Schreien hörte, konnte man damit rechnen, daß er es nicht für alarmierend hielt. Schwitzend arbeiteten sich die Juden weiter voran.
    Jetzt ließ der MemMem die Spitze halten. Der weit auseinandergezogene Trupp mußte für den Stoß nach Safad hinein aufschließen. Nach einer kurzen Besprechung mit seinen Unterführern flüsterte Bar-El: »Friedhof«. Jeder wußte, was zu tun war.
    In drei Gruppen schwärmten die Juden über den alten Friedhof: eine nach links am Grab des Rabbi Abulafia vorbei, des größten der Kabbalisten; eine nach rechts vorbei am Grab des Rabbi Elieser von Gretsch, der das Gesetz kodifiziert hatte; und die dritte auf das Ehrenmal des geliebten Rabbi Zaki zu, der in Rom den Tod des Glaubenszeugen gestorben war. Vielleicht weil diese drei so lange schon toten Heiligen die Juden schützten, vielleicht weil die Araber sich einen solchen Überfall überhaupt nicht vorzustellen vermochten, wahrscheinlich aber, weil sie durch die Ankündigung des englischen Rückzugs für den 16. April - übermorgen -eingelullt waren (denn die Engländer wollten alle Juden mitnehmen), aus einem dieser Gründe jedenfalls konnte MemMem Bar-El seine Leute über den Friedhof bringen, ohne entdeckt zu werden.
    Peng! Ein Schuß aus dem jüdischen Viertel. Er kam von der Synagoge des Rabbi Jom Tow ben Gaddiel her. Aus dem arabischen Stadtteil hörte man als Erwiderung unregelmäßiges Gewehrfeuer. Gottesmann dachte: Verdammt, es wird ein richtiges Gefecht. Die Palmachniks ließen sich fluchend fallen. Bar-El schickte zwei Unterführer in die Stadt: Die Juden sollten sofort ihr Feuer einstellen. Schweigen. Die Männer und Mädchen arbeiteten sich zentimeterweise vor. Sie waren fast in Sicherheit. fast in Safad.
    »Jetzt!« schrie Bar-El. Die einunddreißig stürzten wild aus dem Friedhof, hinein in das heilige Safad.
    Sobald die Juden in den engen Gassen waren, hörte man Vereds hohe Mädchenstimme wild und jubelnd singen:
    »Von Metulla bis zum Negev,
    Von der Wüste bis zum Meer,
    Tragen alle Jungen Waffen,
    Jeder Mann steht auf der Wacht.«
    Die Palmachniks zogen die Straßen im Judenviertel auf und ab und sangen ihre Kampflieder.
    »Drei Gruppen bilden!« rief Bar-El. Und so marschierten sie an den Rand des arabischen Viertels und sangen das Lied der jüdischen Flieger:
    »Batscheva, Batscheva, das Lied ist für dich,
    Von Dan bis Beerscheba, wir vergessen dich nicht.
    Aus der Höhe hinab singen wir dir unser Lied.
    Auf, trink >L’chajim< für den ganzen Piamach.«
    »Los, schreit, zweitausend Palmachniks sind angekommen«, befahl der MemMem. Die kleine Vered rannte durch die Straßen und rief mit ihrer hellen Kinderstimme: »Wir sind gerettet! Zweitausend tapfere Männer. Durch die arabischen Linien.« Und schon nahmen die Bürger von Safad den Ruf auf. Isidor Gottesmann aber stand schweigend da; was

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