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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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das Gestein eingedrungen war, die einst lockeren Massen in Brekzie umgewandelt, eine Art Halbgestein, das sich mit dem Pickel leicht loshauen ließ, dabei aber standfest blieb. Nach fünf Tagen des Grabens stieß Tabari auf einen kleinen Brocken Brekzie, bei dem ihm sofort klar wurde, daß diese Grabung etwas ganz anderes erbracht hatte, als was seine Vorstellung gewesen war.
    »Cullinane muß sofort her«, rief er, als er seinen staubigen, schmutzigen Kopf aus dem Stollen steckte. »Was gefunden?« fragte Eliav nachlässig.
    »Nicht den Brunnen.« Tabari streckte seine Hände aus. Sie hielten einen Gesteinsbrocken, in dem ein menschlicher Knochen, ein paar zugeschlagene Feuersteine und erhebliche Rückstände verkohlter Fragmente eingeschlossen waren. »Ich glaube, ich bin auf die Wand einer großen Höhle gekommen, deren Öffnung in das Wadi geführt hat.«
    Eliav unterdrückte seine Erregung, studierte den Fund und sagte: »Wir sollten ein Mädchen rufen, das eine Skizze davon macht.«
    »Ich habe nur das genommen, was mein Pickel losgeschlagen hat«, erklärte Tabari. »Das meiste ist von fester Brekzie umgeben. Aber ich habe etwas gesehen, das uns einen Hinweis geben könnte. Die Leiche ist mit diesen Feuersteinen bestattet worden. regelrecht bestattet. Sie ist hier nicht zufällig hergeraten.« Eliav hob die Augenbrauen. »Das könnte dreißigtausend Jahre heißen.«
    »Würde ich auch schätzen. Aber das ist noch nicht alles. Genau hinter dem Grabfund. es ist alles verschüttet, verstehst du. da dachte ich, daß da eine Höhle liegt. Denn es klingt hohl.«
    »Unwahrscheinlich«, erwiderte Eliav.
    »Das habe ich auch geglaubt. Aber geh mal selbst hin und klopfe. Ich hole inzwischen den Fotografen.«
    Ilan Eliav zwängte sich durch den niedrigen Stollen bis kurz vor dessen Ende. Und dort, an der rechten - der nördlichen -Seite, sah er den im harten Gestein eingebetteten Grabfund, den Tabari entdeckt hatte. Sein erster Gedanke war: Zwei Jahre wird es dauern, das ordentlich auszugraben. Und plötzlich bedauerte er, nicht mehr dabeisein zu können. Aber schon begann sein lebhaftes Vorstellungsvermögen, die aus dem
    Gestein ragenden Knochenreste in ein Wesen aus Fleisch und Blut zu verwandeln. Wer mochte dieser Urzeitmensch gewesen sein? Welche Wünsche hatte er gekannt, und wogegen fühlte er sich gefeit, in der Gewißheit, Steinperlen bei sich zu haben, als er starb? Wie und mit welcher unsterblichen Sehnsucht war er wieder zu Erde geworden? Hier in der Dunkelheit des Stollens, Tausende und Abertausende von Jahren später, war nun abermals ein Mensch gekommen, ihm vielleicht ähnlich, noch aus Fleisch und Blut für ein paar weitere Jahre des Fragens und Suchens, ganz nahe das lebende Gesicht dem Knochen des Knies - und der Mann wußte nur, daß er ein Geheimnis vor sich hatte. Eliav kroch noch ein paar Schritte weiter, an dem im Gestein eingebetteten Skelett vorbei. Jetzt befand er sich genau am Ende des Stollens. Hier mußte das sein, wovon Tabari gesprochen hatte. Er nahm ein Bruchstück des Gesteins und klopfte an die Stirnwand des Stollens. Seltsam, es klang hohl. Ja. es hatte hohl geklungen. Deshalb klopfte Eliav nun an die Seitenwände, an die Decke und den Boden, auf dem er kniete. Überall gab es einen ganz anderen Ton. Nochmals klopfte er an die Stirnwand. Kein Zweifel: Vielleicht war da kein wirklicher Hohlraum, aber zumindest klang es so.
    Er langte hinter sich, nahm Tabaris Pickel, der bei dem so wichtigen Knochenfund lag, und beklopfte vorsichtig das Gestein der Stirnwand. Die Spitze des Pickels drang mühelos ein. Als er sie behutsam wieder herauszog, sprang ein kleiner Steinbrocken des Felsens ab. Sorgfältig schob Eliav ihn hinter sich, damit man ihn später mit einem Korb hinausschaffen konnte. Ein weiterer, infolge der Enge nicht sehr kräftiger Schlag ließ noch mehr Steinstücke herunterfallen. Beim dritten Schlag vernahm Eliav überrascht, wie deutlich der hohle Klang war. Er arbeitete angestrengt weiter; die losgeschlagenen Stücke warf er über die Schulter. Der Schutt häufte sich um seine Lampe, so daß es immer dunkler wurde. Eigentlich hätte er aufhören und erst einmal den Schutt forträumen sollen. Aber er war nun aufs äußerste erregt. Mit völlig unarchäologischer Wucht schwang er den Pickhammer, bis er fühlte, wie die Spitze durch eine dünne Stelle des Gesteins drang - ins Nichts.
    Der Schweiß rann ihm in Strömen über den ganzen Körper, trotz seiner Schlankheit und trotz

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