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Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A Michener
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Esser und Trinker, dem der Schweiß vom mächtigen Brustkorb rann, wenn er auf dem Feld zupackte, arbeiteten seine Knechte mit mehr Freude als auf den Äckern, die zum Tempel gehörten. Bei Urbaal mußte man sich zwar mehr plagen als bei den Priestern, aber was machte das? Seine Leute liebten ihn, weil er ein Bauer war wie sie selbst.
    Jetzt betrat er sein verwinkeltes Haus, ging über den Hof und sogleich weiter in den reich geschmückten Raum der Götter. Hier standen auf schmalem Sims seine drei Astarten, neben jeder ein länglicher Stein, der einen der Monolithen vom Platz beim Tempel bedeutete. Seine vierte Astarte stellte er dazu, machte sie sorglich mit der neuen Umgebung bekannt und holte dann aus einem Versteck ein Stück Basaltstein, das er für diesen Zweck aufbewahrt hatte. Es war unverkennbar phallisch, ein stark männliches Symbol. Ganz in die Nähe seiner Göttin rückte er es und flüsterte: »In der Nacht, wenn der Mond untergeht, wird der Baal des Gewitters kommen und mit Dir Beilager halten.« Er hatte seine Erfahrungen. Die Göttinnen vergalten es ihm, wenn er solchermaßen für ihr Glück sorgte. Heute aber war seine Not so groß, sein Wunsch so dringend, daß er hoffte, seine neue Beschützerin werde verstehen, was die Abmachung bedeute: »Erfreue Dich diese Nacht und jede Nacht. Alles, worum ich bitte, ist, daß die Wahl auf mich fällt.« Da erschien ganz unerwartet Timna, seine zweite Frau, die sonst diesen Raum der Götter nur bei besonderer Gelegenheit betrat - eine stattliche Frau, die so aussah, wie die Menschen während der vergangenen achttausend Jahre Frauen fast immer dargestellt hatten -mütterlich, nachsichtig und verständig. Jetzt waren ihre dunklen Augen schreckgeweitet; noch bevor sie ein Wort sprach, ahnte Urbaal, was geschehen war. Denn den gleichen entsetzten Blick hatte er einige Jahre zuvor in den Augen seiner ersten Frau gesehen. Urbaal machte sich auf Tränen gefaßt. »Was ist?« fragte er freundlich.
    Timna stammte aus Akka. Mit ihrem Vater, den sie auf einer Handelsreise begleitet hatte, war sie nach Makor gekommen. Urbaals Achtung hatte sie durch die würdevolle Art gewonnen, sich mit Matred, seiner tyrannischen ersten Frau, zu vertragen. Nicht auf Zank und Streit war sie bedacht gewesen, sondern auf Liebe und Verständnis, was Urbaal um so mehr anerkannte, als sie in den drei ersten Jahren ihrer Ehe kinderlos geblieben und damit zur Zielscheibe der Verachtung Matreds geworden war. Seit der Geburt ihres ersten Sohnes hatte sich das allerdings gebessert: Als Mutter konnte sie von Matred Achtung für sich fordern. Jetzt aber war sie außer Fassung. Sie stammelte: »Der Melak-Priester war hier.«
    Eben dies hatte Urbaal erwartet, als zwangsläufig erwartet. Wüßte er doch nur einen Trost für seine sanfte Frau! Aber was er wußte, war dies: Nichts half gegen das, was Timna bevorstand. »Wir werden mehr Kinder haben«, sagte er beschwichtigend. Sie begann zu weinen. Da fiel ihm eine schlaue Lüge ein. »Timna«, flüsterte er, »schau, was ich dir eben gekauft habe. Eine neue Astarte.« Sie warf einen Blick auf die lächelnde, in ihrer Fruchtbarkeit schwellende Göttin und verbarg ihr Gesicht.
    »Könnten wir denn nicht fort von hier?« flehte sie.
    »Timna!« Der Gedanke allein war eine Lästerung. Denn Urbaal war ein Teil des Landes. dieses Landes hier. dieser Ölbäume am Brunnen. »Ich will meinen Sohn nicht hergeben«, beharrte sie.
    »Wir alle tun es«, erwiderte er freundlich und zog sie auf sein Lager, von wo aus sie die Astarten sehen konnte, die ihr Fruchtbarkeit auf Jahre hinaus versprachen. Er legte den Arm um sie und versuchte, ihr Trost zuzusprechen, indem er ihr erzählte, wie Matred den Mut gefunden hatte, sich der gleichen Pflicht zu fügen. »Zuerst ist sie vor Kummer beinahe umgekommen«, vertraute er seiner Frau an. Einen Augenblick lang dachte Timna, wie diese harte Frau wohl je ihrem Kummer Ausdruck zu geben vermocht hatte. »Aber dann hat sie vier Kinder bekommen, und eines Nachts gestand sie mir: >Wir haben richtig gehandelt Auch du wirst andere Kinder haben, die um deine Knie spielen, und du wirst ebenso denken.« Sie hörte ihm aufmerksam zu, aber dann wimmerte sie: »Ich kann nicht.«
    Er fühlte Ärger aufsteigen, bezwang sich jedoch, denn sie war so sanft. Deshalb versuchte er nun, ihre Vernunft anzusprechen: »Den Großen El brauchen wir, und wir lieben ihn. Aber im Krieg ist allein Melak unser Beschützer.«
    »Warum aber muß er so grausam

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