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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Wellens und hob den Kopf, denn Johanna Grothe und der Vigneron traten an den Tisch. Der Winzer war gleich geholt worden, nachdem die beiden angeblichen Polizisten überwältig worden waren.
    Daniel Rasquin war ein jugendlich wirkender Mittvierziger, schlank, mit fast schon weichen Gesichtslinien und wachen, klugen Augen und einem offensichtlich unerschütterlich freundlichem Naturell, dem selbst große Krisen nichts anhaben konnten. Auch jetzt lächelte er gewinnend.
    Er ist ein Zauberer, erinnerte sich Benn an Johanna Grothes erste Worte über Daniel Rasquin. Dreizehn Traubensorten, einschließlich der weißen Trauben, durften für den Wein aus Châteauneuf-du-Pape verwendet werden, weil im Süden und Südwesten Frankreichs die Auffassung vorherrschte, durch die Mischung der Trauben würden die Weine vielschichtiger.
    Rasquin hatte mutig experimentiert und Weine kreiert, die die Domaine, die er vor zehn Jahren heruntergewirtschaftet übernommen hatte, in aller Welt berühmt gemacht hatten.
    Dabei stammte Rasquin aus Burgund, wo Weine wie im nördlichen Frankreich ganz generell nur aus einer Rebsorte gewonnen wurden. Dort vermischte man bei hochwertigen Weinen nicht einmal die Lagen miteinander. Und so einer, hatte Johanna Grothe bewundernd geendet, hatte die Einheimischen hinter sich gelassen.
    »Sie sehen so ernst aus. Entspannen Sie sich. Wir haben alles unter Kontrolle. Morgen früh schicken wir jemanden zur Polizei.«
    »Wollen Sie mir Angst einjagen?«, fragte Benn. »Frau Grothe, ich habe Ihnen doch gesagt, weshalb wir hier sind. Ich brauche die Unterlagen über die Erfindung, nicht die Polizei.«
     
    Benn stand entschlossen auf, sah sich um und ging dann zu der Tür, die in einen Raum neben dem Speisesaal führte. Er öffnete die Tür, warf einen Blick hinein und sah dann Johanna Grothe auffordernd an.
    »Kommen Sie. Wir müssen reden. Hier sind wir ungestörter. Monsieur Rasquin ist auch eingeladen.«
    Der Nebenraum war eine deutlich kleinere Variante des großen Speisesaales. Benn setzte sich an den vordersten Tisch und wartete darauf, dass die anderen es ihm gleichtaten. Der Winzer trat jedoch an eine Anrichte, holte Weingläser heraus und stellte sie auf den Tisch. Dann ging er an eines der Weinregale, suchte eine Flasche heraus und entkorkte sie.
    »Ich vermute, bei dem, was wir zu bereden haben, hilft ein guter Rotwein.« Daniel Rasquin lächelte. »Sie akzeptieren, dass ich auf das Dekantieren verzichte? Der Wein ist alt genug. Einverstanden? Oder besteht jemand darauf?« Der Vigneron schenkte ohne Eile den Wein ein.
    Benn wartete, bis Daniel Rasquin das Glas erhob, allen zuprostete und dann den ersten Schluck kostete. Benn nippte an dem fast schwarzen Wein und genoss das beerige Aroma, das lange seinen Gaumen streichelte.
    »Hoher Alkoholgehalt«, sagte Benn.
    »Dafür sind die Weine hier bekannt.« Daniel Rasquin schnalzte mit der Zunge. »Schmecken Sie die Tannine. Die Seele des Weins. Kein Stieltannin. Praktisch nur Schalentannin. Aus sehr reifer Traube. Und gut umgewälzt in der Gärung.«
    »Warum zweifeln Sie eigentlich an dem, was ich erzähle?«, fragte Benn den Vigneron, der sich ganz dem Wein zu widmen schien.
    »Sie können doch nicht ernsthaft annehmen, dass ich bei solch einem Überfall und einer versuchten Entführung nicht die Polizei rufen werde. Ich habe da drinnen zwei Männer liegen. Was soll ich mit denen machen? Sie laufen lassen? Ich kann doch gar nicht anders, als die Polizei zu rufen.«
    »Das verstehe ich ja alles«, entgegnet Benn. »Aber Sie könnten doch so lange warten, bis wir mit den Unterlagen wieder weg sind. Sie wissen doch, worum es geht.«
    »Ich weiß, was Sie mir gesagt haben. Mehr weiß ich nicht.« Rasquin musterte Johanna Grothe. »Du sagst gar nichts dazu. Hat dein Enkel tatsächlich eine so große Erfindung gemacht, dass die Geschichte stimmen könnte? Was soll das denn sein?«
    Johanna Grothe lachte bitter auf. »Er arbeitet seit Jahren wie ein Besessener an einer Idee. Wie andere Besessene auch. Mehr will ich dazu nicht sagen.«
    »Damit helfen Sie Ihrem Enkel aber nicht!«, rief Benn erregt aus. »Sind die Männer da draußen nicht Mahnung genug? Glauben Sie, ich komme aus Deutschland hierher, um mich mit einem ›Mehr will ich damit nicht sagen‹ abspeisen zu lassen? Was genau hat er überhaupt erfunden? Unbegrenzte Energie aus Wasser, hat man mir in Deutschland gesagt. Geradezu lächerlich. Was soll ich mir darunter vorstellen?«
    Johanna Grothe

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