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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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ich habe mich geirrt. Auch wenn ich damals tatsächlich nichts festgestellt habe. Kurz darauf hat Ihr Enkel übrigens Sie besucht.«
    »Er hat von Ihnen gesprochen«, sagte Johanna Grothe und sah die Kommissarin kühl an. »Nicht direkt. Und er sagte auch nicht, in welchem Zusammenhang er Sie getroffen hatte. Er sagte nur, dass ihn die Unfähigkeit der deutschen Sicherheitsbehörden sorge und er deshalb seine eigenen Sicherheitsvorkehrungen treffen müsse.«
    »Sie wollen mir doch nicht erzählen, Sie hätten bei diesen Worten nicht nachgefragt, was er damit meinte«, hakte Benn nach.
    »Ich habe nicht nachgefragt. Denn ich habe ihn oft genug gewarnt.« Johanna Grothes Hände rieben unruhig am Stiel des Weinglases. Schließlich trank sie einen großen Schluck und seufzte schwer.
    Benn hoffte, dass es nun so weit war und sie endlich zu reden begann. Er sehnte sich nach dem Platzregen. Und wenn sich die Fülle der Informationen als Wolkenbruch herausstellen sollte, dann war er bereit, pitschnass zu werden.
    »Ich wusste, dass es so kommen würde. Es musste so kommen.«
    Das hilft uns aber nicht weiter, dachte Benn ungeduldig, als Johanna Grothe abbrach und den Faden auch nicht mehr aufnahm, sondern lang vergangenen Zeiten und Erinnerungen nachzuhängen schien.
    »Können Sie uns also helfen?«
    Benn spürte die Hand der Kommissarin auf seinem Arm, deren Druck ihn daran hinderte, auf Johanna Grothe einzureden, die mit abwesendem Blick in das Weinglas starrte. Endlich, nach zwei langen Minuten, klärte sich ihr Blick.
    »Ich habe ihn immer wieder gewarnt. Ich habe ihm genügend Beispiele vor Augen geführt. Auch mein eigenes. Aber er wollte nicht hören.«
    »Das klingt, als hätte seine Erfindung eine lange Geschichte«, sagte Ela Stein. »Die nicht erst bei Ihrem Enkel beginnt.«
    Johanna Grothe nickte. »Sie vernichtet.«
    »Sie reden wie jemand, der vollkommen aufgegeben hat. Aber Ihre düsteren Anspielungen erschrecken mich nicht. Ich werde meine Frau retten!«
    Johanna Grothe nippte gedankenverloren am Wein.
    »Das scheint mir aussichtslos.«

Kapitel 43
    CHÂTEAUNEUF-DU-PAPE
     
    Johanna Grothe schien plötzlich ihre melancholische Phase überwunden zu haben und stand entschlossen auf. »Wenn wir die Unterlagen nicht finden, sind wir wenigstens im Haus, wenn der Entführer Sie wieder anruft. Dann muss Rainer sagen, wo er sie versteckt hat.«
    Gemeinsam traten sie hinaus in den frühen Morgen. »Wo ist eigentlich unser Botschaftsangehöriger?«, fragte Benn spöttisch Ela Stein.
    »Ich habe ihn auch nicht mehr gesehen, seit er gesagt hat, er wolle sich hier draußen umsehen.«
    »Dann gehen wir eben ohne ihn.« Benn spürte einen Funken neuer Zuversicht und wollte daher keine Sekunde verschenken.
    Johanna Grothe bestand darauf, nach Hause zu laufen. Sie wählte nicht den Weg durch das Dorf, sondern ging vor Benn und der Kommissarin mit festem Schritt auf kleinen Pfaden durch die Weinberge.
    »Was ist das?« Er deutete auf eine weithin sichtbare Ruine, die im frühen Sonnenlicht auf einem Hügel über dem Dorf thronte. »Reste einer alten Burg?«
    Johanna Grothe ging mit festen Schritten weiter, sah nicht einmal auf, während sie antwortete. »Das ist die alte Sommerresidenz der Päpste von Avignon, die im Mittelalter vor der Sommerhitze der Stadt aufs Land geflohen sind. Daher hat der Ort seinen Namen.«
    »Was für eine eigenartige Landschaft«, sagte Benn, der die faustgroßen, weiß und rötlich gefärbten Steine bewunderte, mit denen der Boden der Weinberge bedeckt war.
    »Die Steine sind der Reichtum dieser Landschaft. Das Anbaugebiet besteht aus Kiesterrassen. Sie speichern die Wärme der Sonne. Der Boden darunter besteht aus Sand und Lehm über fünf Meter mächtigen Gesteinsschichten. Die Reben haben es schwer zu wurzeln. Sie brauchen Kraft, die Schichten zu durchdringen. Der Saftfluss zum Rebstock wird erschwert. Die Trauben allerdings profitieren davon. Sie gewinnen dadurch an Kraft. Die Komplexität der Aromen ist sagenhaft.«
    »Das ist das Geheimnis?«, hakte Benn nach, der aus ihrer Stimme einen gewissen Stolz heraushörte.
    »Nein. Oder nur ein Teil. In Frankreich sagt man: ›Große Weine wachsen an großen Flüssen.‹ Aber auch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Große Weine brauchen auch warme Hänge, trockene Böden und viel Licht. Und vieles mehr. Zum Beispiel alte Reben.«
    »Je älter, desto besser?«
    »Genau. Wein kann nie besser sein, als die Trauben, aus denen er gekeltert wird. Je älter

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