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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Ausnahme dar. Wenn er es richtig verstanden hatte, waren die Männer des SEK-Teams seit zwanzig Stunden bei einer Gefängnisrevolte in Tegel im Einsatz, die Häftlinge angezettelt hatten, weil sie aufgrund der zusammenbrechenden Versorgung nicht genügend Essen und Trinken bekamen. Das Hilfeersuchen des BKA hatte zu einem bürokratischen Krawall geführt, an dessen Ende Berlins Innensenator fünf SEK-Männer abgeordnet hatte.
    Das restliche Team bestand aus BKA-Beamten, die als Ermittler erfahren waren, aber eben nicht ständig hochgefährliche Extremsituationen zu bewältigen hatten, und einigen Männern der Bundespolizei. Wie groß das Aufgebot an Bewaffneten wirklich war, die in mehreren Kreisen um den Übergabeort auf der Lauer lagen, verriet Krüger nicht.
    Von einem richtigen Großeinsatz konnte aber wohl eher nicht die Rede sein, dachte Hagen, wenn er an die Schwierigkeiten mit der Logistik dachte. Zunächst standen nicht genügend einsatzbereite Fahrzeuge zur Verfügung; erst Bergers vielfältige und undurchsichtige Kontakte sorgten für weitere Fahrzeuge und einen Tanklaster, der Benzin anlieferte.
    Aber konnte er mehr in der gegenwärtigen Situation erwarten? Klar, alles ging langsamer, mühsamer, manches gar nicht. Das war jedoch nichts im Vergleich zu dem, was die Normalbürger erlebten.
    Die kamen nirgends hin, mussten mit dem auskommen, was sie zufällig an Vorräten im nicht mehr funktionierenden Kühlschrank hatten, und waren auf sich allein gestellt. Ohne Wasser, ohne Nachrichten und Kommunikationsmöglichkeiten, ohne Chance, irgendjemanden um Hilfe zu rufen. Von einem Tag zum anderen waren sie alle mit der bitteren Lehre konfrontiert, dass mit dem Ausfall einer entscheidenden Komponente ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt wurde. Und sie erlebten, dass niemand darauf vorbereitet war.
    »Wir sind bald da.«
    Der Fahrer verlangsamte die Geschwindigkeit und lenkte die Limousine an der Ausfahrt von der Autobahn.
    Krüger gab über den Fahrzeugfunk Anweisungen an die anderen Besatzungen. Er verlangte, dass die Fahrzeuge sich so weit zurückfallen ließen, dass sie nicht gleich als Kolonne wahrzunehmen waren, aber andererseits den Funkkontakt untereinander nicht verloren und schnell wieder aufschließen konnten.
    Durch den Stromausfall waren die Funkstationen und Relaisverbindungen zur Verstärkung und Weitergabe der Signale ausgefallen, sodass Verbindungen über weite Strecken unmöglich waren. Da aber die Handfunkgeräte und Funkgeräte der Fahrzeuge über Akkus und Batterien ihren Strom bezogen, war auf kurze Strecken die Verständigung möglich, wenn man vorher den Kanal festlegte, auf dem dies geschehen sollte.
    »Nichts ist vorhersehbar. Wir wissen nicht, was uns erwartet«, antwortete Jost Krüger lakonisch, als Hagen mehr über den Ablauf erfahren wollte, um seine Furcht zu dämpfen. »Wir müssen uns einfach überraschen lassen. Aber wir haben den Ort und die Umgebung so gut es geht unter Beobachtung.«
    Eine schnurgerade Straße führte durch den kleinen Ort im Umland von Berlin, der aus Einfamilienhäusern und Wochenendbehausungen auf großen, bewaldeten Grundstücken bestand, von denen auch viele innerhalb des Ortes noch unbebaut waren.
    Das diffuse Grau des Morgens hellte sich nicht auf. Tief hängende Regenwolken und das fehlende Licht der Straßenlaternen vermittelten den Eindruck eines ausgestorbenen Ortes, der sich noch dadurch verstärkte, dass kein Mensch auf der Straße zu sehen war.
    Der Ortskern bestand aus einem großen, gepflasterten Marktplatz mit einem dahinterliegenden Naturbad. Auf der anderen Seite der Straße lag die Zufahrt zur Grundschule, vor der ein Zebrastreifen über die Straße zur Schulbushaltestelle führte.
    Der Streifenwagen vor ihnen stoppte wenige Meter davor in einer Haltebucht vor einem kleinen Hotel.
    Hagen starrte auf den Streifenwagen, während Jost Krüger den Fahrer anwies, abzubiegen und auf den Parkplatz eines Lebensmittelladens zu fahren, von dem aus man den Streifenwagen und den Zugang zur Schule gut im Blick hatte.
    »Es scheint keiner verschont zu werden«, sagte Hagen und deutete auf die zertrümmerte Eingangstür des Lebensmittelladens.
    »Überall das Gleiche«, sagte Krüger lakonisch. »Was erwartet man auch, wenn die Ware ausgeht, Geldautomaten nicht funktionieren und Kreditkarten nichts weiter als nutzlose, bunt bedruckte Plastikteilchen sind? Würden Sie nicht auch alle Bedenken über Bord schmeißen, wenn Ihr Kind vor Hunger schreit und

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