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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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niemand weiß, wann man wieder einkaufen kann?«
    Krüger forderte erneut eine Meldung von dem unsichtbaren Posten ab, der seit dem Abend zuvor die Straße beobachtete. Bis vor wenigen Minuten hatte Krüger den Kontakt über Satellitentelefon gesteuert, nun konnte er über Funk Verbindung aufnehmen.
    »Weiterhin nichts«, meldete sich die Stimme über das Handfunkgerät.
    »Ich habe nichts anderes erwartet«, sagte Krüger. »Der Kerl ist allein, wenn Kempers Angaben stimmen. Dann kann er auch nicht überall sein. Er kann sich nicht gleichzeitig ausruhen, beobachten und die Übergabe vorbereiten. Er muss Risiken eingehen. Unsere Chancen steigen damit. Das sollte Sie beruhigen, Hagen.«
    Aber Hagen beruhigte es nicht. Es gab zu viele unbebaute Grundstücke mit Unterholz und Baumbestand, auf denen sich ein Beobachter gut getarnt einnisten konnte, ohne selbst aufzufallen.
    Ihn beruhigte auch nicht, dass Krüger seine Fahrzeuge an verschiedenen Stellen im Ort warten ließ. Die Stellen waren bei der Einsatzbesprechung anhand eines Ortsplanes festgelegt worden, und Krüger forderte von den Besatzungen immer wieder Meldungen ab. Es gab immer nur die eine Antwort: »Nichts.«
    »Ich verstehe immer noch nicht, was das soll«, sagte Hagen, nachdem er minutenlang den Streifenwagen, die geschlossene Schulzufahrt und die leere Straße beobachtet hatte.
    »Ich vermute, er hat sich verspekuliert. Er hat vielleicht gehofft, dass der Strom wieder da ist und normaler Schulbetrieb herrscht. Dann würden jetzt hier Fahrzeuge halten, Kinder zur Schule laufen oder auf ihren Fahrrädern herkommen. Aus seiner Sicht keine schlechte Idee, inmitten der Schüler die Übergabe zu organisieren, die Kinder sozusagen als Schutzschild zu benutzen.«
    Hagen schwieg. Das nüchterne Kalkül, das Krüger beschrieb, bestätigte nur seine Befürchtungen. Er war bewandert in der Welt der Argumente, der politischen Erpressung, der juristischen Tricks, der unterschwelligen Drohung, der subtilen Beeinflussung. Hier aber roch es geradezu nach körperlicher Gewalt.
    Das war etwas ganz anderes, Unmittelbares, mit dem er nicht umgehen konnte. Seinen letzten Faustschlag hatte er sich in seiner Jugend auf dem Schulhof gefangen und nie vergessen, wie sehr das geschmerzt hatte.
    »Die harmlose Variante wäre, dass wir hier zu einer Schnitzeljagd starten. Wir bekommen einen Hinweis und müssen weiter«, fuhr Jost Krüger fort. »Irgendetwas wird hier jedenfalls passieren.«
    »Warum soll der Streifenwagen vor der Schule stehen?«, sagte Hagen nach einer Weile. Inzwischen zerplatzten erste Regentropfen auf der Frontscheibe.
    »Gut erkennbar und eindeutig. Zeichensprache. Wir signalisieren damit, dass wir da sind - und er kann es von Weitem erkennen«, sagte Krüger. »Vielleicht beobachtet er uns mit einem Feldstecher.«
    »Es passt auch zur Theorie mit den Schulkindern«, sagte Berger, der sein Seitenfenster halb geöffnet hatte, um den Rauch seiner Zigarette abziehen zu lassen. Auf der Fahrt hatte er sich wegen seines ständigen Rauchens eine wüste Brüllerei mit Krüger geliefert. »Vielleicht war es seine Absicht, einem Schüler einen Zettel mit Anweisungen zu geben, den dieser dann zum Streifenwagen gebracht hätte.«
    »Und nun?« Hagen bekam weder von dem neben ihm sitzenden Berger noch von Krüger eine Antwort, und so warteten sie schweigend über eine halbe Stunde.
    Für ein paar Minuten setzte leichter Nieselregen ein. Die Stille im Wagen wurde von gelegentlichen Meldungen unterbrochen, die Krüger von den anderen Posten abforderte.
    Plötzlich knackte das auf Empfang eingestellte Funkgerät, ohne dass Krüger eine Meldung abgefordert hatte.
    »Ich bin es - äh - Hagen, sind Sie da? Ich ... hier ist Rainer Kemper. Hagen?«
    Schon bei der ersten Silbe begriff Hagen, dass es losging.

Kapitel 45
    CHÂTEAUNEUF-DU-PAPE
     
    »Er kann noch nicht lange tot sein.« Ela Stein richtete sich auf, nachdem sie Wellens' Wangen berührt hatte. »Seine Körpertemperatur ist noch die eines Lebenden. Wir sind ein paar Minuten zu spät gekommen.«
    »Oder auch nicht.« Johanna Grothe stand inmitten ihres papiernen Gewirrs und ließ mit keiner Regung erkennen, was sie dachte. »Wenn wir früher hier gewesen wären, wären wir vielleicht auch tot.«
    »Kommen Sie von der Tür weg. Wer weiß, ob wir allein sind«, erwiderte die Kommissarin, die nun die unbekannte Leiche abtastete. »Wellens' Gegner waren mindestens zu zweit. Der Tote hier hat noch seine Waffe. Unbenutzt. Wellens

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