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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Fotografien versteckt.
    »Das ist es.«
    Johanna Grothe schob den Packen Papier zu drei Stapeln auseinander.
    »Patentanträge und Laborprotokolle.«
    Johanna Grothe blätterte durch die Unterlagen, verharrte immer wieder bei einzelnen Blättern, fuhr mit dem Finger über Textpassagen, grunzte dabei zustimmend und stieß dann wieder Töne des Erstaunens aus.
    Benn griff sich einen Stapel, ohne auch nur ansatzweise zu verstehen, was da vor ihm lag. Er sah Diagramme, Protokolle von Versuchen, gezackte Linien, handschriftliche Kritzeleien, über mehrere Zeilen gehende Formelfolgen.
    »Verstehen Sie, was da steht?«, fragte Benn.
    »Aber ja - ich war früher schließlich Professorin für Chemie.«
    »Und - überrascht Sie das, was Sie lesen?«
    »An der entscheidenden Stelle: ja. Ansonsten ist alles bekannt.«
    »Können Sie es einem einfachen Menschen wie mir erklären?« Benn nickte ernst, als die Chemikerin ihn zweifelnd ansah. »Doch, ich will mehr wissen.«
    »Die Kernfusion zielt wie gesagt auf die Verschmelzung von Atomen ab, dabei soll Energie freigesetzt werden. Bei den erfolgreichen Versuchen zur Kalten Fusion scheint dies mittels Elektrolyse zu funktionieren. Wenn zwei Kerne fusionieren, wird ein Neutron frei. Nun stellen Sie sich den Vorgang als dauerhafte Kettenreaktion vor. Mit der Energie all dieser freiwerdenden Neutronen könnte wiederum Wasser erhitzt werden und auf bekanntem Weg Strom erzeugt werden. In kleinsten Einheiten oder in großen Kraftwerken. Ohne Strahlung.«
    Johanna Grothe wartete einige Sekunden. Erst als Benn keine Reaktion zeigte, sprach sie weiter.
    »Das Grundprinzip sieht so aus, dass man bei der Elektrolyse zwei Elektroden in eine Lösung aus Schwerem Wasser taucht, das mit einem Elektrolyt versetzt ist. Die Elektroden bestehen aus Metall. Bei dem Erstexperiment bestand die negativ geladene Kathode aus Palladium, die positiv geladene Anode aus Platin. Der Elektrolyt, mit dem das Schwere Wasser versetzt war, bestand aus Lithiumdeuteriumoxid, andere wiederum haben Palladiumchlorid benutzt. Dann lässt man Strom fließen. Das Schwere Wasser wird dabei in seine Bestandteile getrennt. Das Wasserstoffisotop Deuterium lagert sich dabei an der Palladiumkathode ab.«
    »Stopp!« Benn hob kapitulierend die Hände. »Ich habe zu oft in der Schule gefehlt.«
    »So?« Johanna Grothe lächelte nachsichtig. »Sie müssen sich das so vorstellen, dass die innere Struktur von Metallen, also ihre atomare Struktur, einem Gitter gleicht. Palladium, Platin oder auch Titan sind in der Lage, besonders große Mengen von Deuterium in ihren Gittern zu absorbieren. Innerhalb eines solchen Metallgitters sind die Deuteriumisotopen wie in einem Gefängnis, aber viel dichter zusammen wie in einem heißen Plasma, wie es von den Atomphysikern beim ITER umgesetzt werden soll. Wenn die Konzentration im Gitter nun einen bestimmten Punkt überschreitet, werden die Abstoßungskräfte der gleich geladenen Teilchen überwunden, und es kommt zur Fusion. Durch die Fusion entsteht Helium 4 als Zwischenzustand. Im zweiten Schritt zerfällt der Kern in verschiedene Produkte, eines davon sind Neutronen. Wie auf der Sonne. Die Neutronen wiederum stellen die erwünschte Energie, also Wärme dar, die man gewinnen will.«
    »Bisher habe ich das so verstanden, dass die Überwindung der Abstoßungskräfte das große Fragezeichen ist.«
    »War.«
    »Ihr Enkel hat also dieses Geheimnis gelöst.«
    Johanna Grothe nickte. »Das ist seine Erfindung.«
    »Und wie?«
    »Das werde ich niemandem verraten.«
    »Es steht aber dort - oder nicht?«
    »Doch, es steht da. Aber sie haben kein Recht, es zu erfahren.« Sie presste die Unterlagen an ihre mächtige Brust.
     
    »Wie weiter?«, fragte Benn die Kommissarin, während Johanna Grothe im Haus ihre Reisetasche packte. Sie saßen auf der Bank vor dem Anbau. »Wir haben jetzt die Unterlagen, sitzen hier aber fest. Wenn Ihren Leuten nicht etwas Geniales einfällt, läuft die Frist für meine Frau ab.«
    »Er wird sie nicht umbringen. Beim nächsten Anruf sagen Sie ihm, dass wir die Unterlagen haben und so schnell als möglich zurückkehren. Er wird die Frist verlängern.«
    »Woher nehmen Sie Ihren Optimismus?«
    »Seine Motive haben sich doch nicht geändert. Er will weiter die Unterlagen. Will sie vermutlich zu Geld machen. Jetzt, da wir wissen, dass er Kemper nicht mehr in seiner Gewalt hat, braucht er sie umso mehr. Es wird eine saubere Übergabe geben, Ihre Frau kommt frei - und dann schnappen

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