Die Quelle
getan. Bringen Sie sich in Sicherheit!«
Die Kommissarin hinter ihm in der Kabine schrie wütend auf.
»Wer schreit da so?«, fragte der Entführer nach einem Moment der Stille. »Und woher wissen Sie das mit der Erstürmung?«
»Mich begleitet eine Kommissarin des Bundeskriminalamtes. Sie schaut mir auf die Finger. Sie hat das, was ich Ihnen eben verraten habe, von ihren Vorgesetzten erfahren und mir in einer schwachen Minute gebeichtet.«
Der Entführer antwortete nicht.
»Ruhe!«, schrie Benn, als die Kommissarin weiter schimpfte. »Ich werde das jetzt durchziehen, wie ich es für richtig halte. Ihre Leute verarschen mich!«
»Sie haben ja richtig Theater an Bord«, meldete sich der Entführer wieder. »Woher weiß die Polizei von meinem Versteck?«
»Sie müssen mir gegenüber nicht Versteck spielen. Ich weiß inzwischen, dass Sie Kemper nicht mehr in der Gewalt haben. Der sitzt auf dem Schoß der deutschen Regierung. Ich habe mit ihm gesprochen. Erst durch ihn haben wir die Unterlagen gefunden. Und Kemper hat Ihr Versteck verraten.«
Benn war sich nicht sicher, ob er ein Flüstern im Hintergrund hörte.
»Kann ich Francesca sprechen?«
»Nein«, antwortete der Entführer nach einer Weile.
»Sie haben doch eben mit jemandem gesprochen.«
»Mit Ihrer Frau. Sie hat mich angebettelt, mit Ihnen reden zu dürfen. Aber das lasse ich nicht zu.«
»Sie sind ein Schwein!«, brüllte Benn. »Ich habe Ihnen doch gerade eine wichtige Information gegeben. Dafür will ich meine Frau sprechen.«
»Sie wiederholen sich. Ich melde mich gleich wieder. Dann sage ich Ihnen, wie es weitergeht.«
Wenige Minuten später hatte der Entführer als Ziel den Flughafen Rostock-Laage angegeben. Seit diesem Anruf waren gut vier Stunden vergangen.
Rasquin hatte mit seinen Instrumenten die Entfernung mit knapp 1600 Kilometer berechnet, und bei einer Reisegeschwindigkeit von knapp über 400 Stundenkilometern mussten sie nun kurz vor ihrem Ziel sein.
»Wie lange noch?« Benn sah auf die Uhr. Er hatte sein Handy bereits angeschaltet, um den nächsten Anruf des Entführers nicht zu verpassen, der vor der Landung weitere Anweisungen geben wollte.
»Nur noch ein paar Minuten. Meine Instrumente sagen mir jedenfalls, dass wir es gleich geschafft haben.«
»Wir werden den Flughafen auch nicht verfehlen?«
»Auf den Autopiloten kann ich mich verlassen. Schauen Sie.«
Rasquin deutet auf den Radarschirm, auf dem nach und nach immer mehr kleine Punkte erschienen.
»Alles Flugzeuge?«, fragte Benn überrascht.
»Man könnte meinen, wir befänden uns nahe des Pariser Flughafens bei Vollbetrieb.« Rasquin hantierte an seinen Instrumenten, als eine männliche Stimme aus dem Lautsprecher quäkte. Der Fluglotse im Tower des Flughafens Rostock-Laage meldete sich.
»Was soll ich antworten?«, fragte Rasquin.
Benn kaute auf der Unterlippe. Noch fehlten ihm die Anweisungen des Entführers. Aber konnte er etwas falsch machen, wenn sie landeten? Sie mussten doch irgendwann runterkommen. Aber wie sollte es dann weitergeben? Was stellte sich dieser Kerl vor?
Benn sah aus dem Cockpit. Vor ihnen am Himmel zerfaserte das Licht von Flugzeugscheinwerfern, und am Boden leuchteten winzige Punkte in der Dunkelheit.
Er griff nach dem Funkgerät.
»Wir kommen aus Avignon. Wir müssen landen.«
»Soso.« Die Stimme klang genervt, aber gleichzeitig belustigt. »Sie fliegen einfach so durch die Weltgeschichte, obwohl jeglicher Flugverkehr untersagt ist?«
»Dafür gibt es Gründe.«
»Mit Sicherheit. Die Flugsicherheitsbehörden sind ganz verrückt nach guten Ausreden. Das wird teuer.« Der Mann lachte, dann war die Stimme für ein paar Sekunden nicht zu hören. Schließlich meldete sich der Fluglotse wieder. »Sie können landen. Halten Sie sich aber genau an meine Anweisungen. Passen Sie auf, dass Sie nicht von den Großen übersehen werden. Der Flughafen ist ein Bienenstock in Aufruhr. Hier geht es drunter und drüber.«
»Gibt es wieder Strom?«, fragte Benn, während Rasquin sich auf den Landeanflug konzentrierte.
»Nein.«
»Aber warum ...?«
»Unsere Notstromversorgung läuft wieder. Mit Diesel aus Schweden. Heute Mittag sind die ersten Hilfsgüter eingetroffen. Tankflugzeuge mit Diesel, Kerosin und Benzin. Jetzt landen laufend Maschinen mit Trinkwasser und Lebensmitteln, die dann mit Hubschraubern und Trucks verteilt werden.«
»Ist das überall so?«
»Träumen Sie? Wir haben Glück, weil wir so dicht an den nordischen Ländern liegen.
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