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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Schomburg
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Ziel abbringen lassen. »Sie fragen immer nur nach diesem Kemper. Was ist mit meiner Frau? Wissen Sie schon etwas über sie?«
    »Nein - nichts. Gar nichts. Leider.« Der Staatsanwalt sah kurz auf und schüttelte den Kopf.
    »Aber ...«
    Benn verstummte voller hilfloser Anspannung. Die nutzlose Fragerei brachte ihm nichts, wühlte ihn auf, vergrößerte die Sorgen um Francesca.
    Er fühlte sich schlecht, dreckig, weil er hier saß und nichts tat.
    Die ganze Zeit hatte er sich mit der Hoffnung beruhigt, dass sie ihm irgendetwas sagen konnten. Umso brutaler traf ihn die nüchterne Antwort des Staatsanwaltes.
    War das, was sie taten, genug? Hatten sie überhaupt Zeit für seine Frau? Benn dachte an Moltkes Worte. Es herrsche Ausnahmezustand, hatte er gesagt. Warum stellten sie ihm immer wieder die gleichen Fragen? Das war doch nichts als Hilflosigkeit.
    ****
    »Bringen Sie es in Ordnung!« Mit dieser klaren Order hatte der Kanzler Hagen losgeschickt, nachdem er seine Beichte abgelegt hatte.
    Christoph Hagen stand in dem stockdunklen Beobachtungszimmer neben dem Verhörraum und hustete vernehmlich, als eine neue Rauchwolke ihm den Atem nahm.
    Der Schmutzfink.
    So wurde Berger hinter vorgehaltener Hand von denen genannt, die wussten, dass es ihn gab. Hagen hatte von ihm gehört, aber ihn erst am Vormittag kennengelernt, als die schlechten Meldungen von der Ostsee über die unmöglichsten Wege im Kanzleramt eingingen.
    Rauchverbote interessierten Berger nicht. Er rauchte, wann und wo er wollte. Mit einer Ausnahme. Aber da er so gut wie nie im Bundeskanzleramt auftauchte, waren das für ihn nur seltene Momente der Qual.
    »Das bringt doch nichts. Wir hören ja kein Wort«, sagte Hagen.
    »Natürlich hören wir nichts. Trotzdem ist es interessant. Achten Sie einfach auf die Körpersprache.«
    Hagen war klar, dass er seit seiner Beichte am Morgen unter Beobachtung stand. Er hatte eigenmächtig vonseiten der Regierung das Experiment im Greifswalder Institut unterstützt, dessen katastrophaler Ausgang keinesfalls mit der Regierung in Verbindung gebracht werden durfte. Der Schmutzfink sollte ihm bei der Schadensbegrenzung über die Schulter schauen und darauf achten, dass der rollende Zug nicht an der nächsten Weiche in die falsche Spur wechselte.
    »Das ist doch Zeitverschwendung! Es ist wichtig, dass wir Kemper finden.«
    Und Professor Münch, dachte Hagen im Stillen weiter. Der Mann, der den Anstoß zu dem Experiment gegeben hatte und der im Zweifel, so weit waren sich Hagen und Berger inzwischen einig, als Sündenbock herhalten musste.
    Während der Fahrt nach Greifswald hatte Hagen Berger über alle Hintergründe informiert. Jedes Detail, jede noch so kleine Besonderheit hatte Berger wissen wollen. Hagen hatte geantwortet, so gut er konnte; auf einige der Fragen wusste er jedoch keine Antwort. Dazu hatte auch die Frage gehört, ob in dem immer noch brennenden Gebäudeteil des Max-Planck-Instituts das besagte Experiment durchgeführt worden war. Er hatte bis dahin nicht einmal gewusst, dass in dem Institut ein Feuer ausgebrochen war.
    »Wichtig ist nur eines: Wir brauchen eine ›Chinese Wall‹, an der alle Verbindungen zum Kanzleramt enden. Sie sind es, den es im Zweifel trifft. Denken Sie immer daran.«
    »Können wir das unter der Decke halten?«, fragte Hagen rasch, um zu überspielen, dass ihn die Worte verunsicherten.
    »Quatsch.« Berger machte eine wegwerfende Handbewegung, die Hagen nur bemerkte, weil die glühende Zigarettenspitze in Bergers Hand plötzlich durch die Dunkelheit tanzte. »Viel zu viele Beteiligte. Bereitschaftspolizei, Küstenschutz, Streifenpolizisten, Bundeskriminalamt, die örtliche Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft, Politiker. Da muss man anders vorgehen ...«
    »Was wollen Sie tun?«
    »Ich tue gar nichts. Ich berate, empfehle.« Bergers Stimme war kalt und schnarrend. »Ich mische mich doch nicht in die Kompetenzen der Behörden ein. Und da wir schon dabei sind: Denken Sie immer daran, dass Sie als Chef Ihres Beratungsunternehmens hier sind, das mich als kleinen Beamten unterstützt, der im Wissenschaftsministerium dieses Institut betreut und aufpasst, dass unsere Steuergelder nicht nutzlos verprasst werden.«
    Berger trat zwei Schritte vor und drückte die Zigarette auf einer Untertasse aus, die vor dem Sichtfenster auf der Fensterbank weißlich schimmerte.
    »Vielleicht haben wir Glück. Wer weiß, wann die Leute wieder Nachrichten empfangen oder wann überhaupt eine Zeitung erscheinen

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