Die Quelle
gefallen, als Rotter ihn wegen ein paar Schlucken Whisky angepöbelt hatte.
Duvall setzte die Flasche erneut an den Mund und trank. Dann grunzte er wohlig, wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.
»Wir haben das Goldstück. Wir müssen nur mit unseren Auftraggebern Kontakt aufnehmen, dann können wir immer noch an unser Geld kommen.«
»Kann es sein, dass du das alles im Suff verharmlost?«
»Hast du Schiss? Da haben wir doch schon ganz andere Situationen gemeistert. Wir liegen hier schließlich nicht im Granatfeuer sudanesischer Rebellen.«
»Wie willst du denn mit dem Auftraggeber Kontakt aufnehmen? Ich kenne keine Nummer, die wir anrufen könnten! Du?« Ferrand zog ein letztes Mal an seiner Zigarette, dann warf er sie zum Seitenfenster hinaus. »Mal abgesehen davon, dass die Handys nicht funktionieren.«
Duvall schwieg. Er hätte Rotter fragen sollen, bevor er ihn und Victor als Kanonenfutter der Polizei entgegengejagt hatte. Mit der Fingerkuppe des rechten Zeigefingers strich er über die Brandwunde.
»Wir müssen nur nach Hamburg zum Treffpunkt. Sie werden schlau genug sein, dort auf uns zu warten, bis wir kommen. Wenn nicht, fällt uns schon etwas ein.«
»Du kennst den Treffpunkt? Ich kann mich nicht erinnern, dass Rotter ihn verraten hat.«
»Ein Schuppen im Hafen. Er hat immer wieder davon gemurmelt, um ihn sich zu merken. Während des Anrufes auf dem Parkplatz. Du hast im Wagen gesessen«, log Duvall.
Duvall verdammte seine Überheblichkeit. Warum hatte er Rotter nicht gleich gezwungen, alle Informationen preiszugeben?
Nun war Rotter tot. Und Ferrand piekste so verdammt zielsicher die Schwächen seines Planes auf.
»Er hat mich nicht bemerkt, dachte, er könnte uns mit seiner Geheimniskrämerei bei der Stange halten. Hat er sich wohl vom Hünen abgeguckt. Schwachkopf.«
Duvall lachte auf.
»Erst einmal müssen wir nach Hamburg kommen«, gab Ferrand immer noch keine Ruhe.
»Seit wann bist du so eine Unke?«, erwiderte Duvall gereizt, der den Alkohol in seinem Blut spürte, aber nichts von der erhofften Entspannung. Ferrand vermieste alles mit seiner besserwisserischen Quatscherei.
»Hätte ich bloß nicht auf dich gehört.« Ferrand fingerte eine weitere Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. »Dein Freund Franz, der Hüne, und sein toller Auftrag. Kinderleicht. Scheiß Deutsche!«
Duvall reagierte nicht auf die Anspielung, die auch ihm galt. Denn bis zu seinem Eintritt in die Fremdenlegion war er selbst Deutscher gewesen.
Seinen Vater kannte er nicht. Aufgewachsen war er in Hamburg bei seinem Onkel, nachdem seine Mutter sich auf der Reeperbahn bei einem Freier mit Aids infiziert hatte und elendig zugrunde gegangen war.
Ein paar Dummheiten, die er zusammen mit seinem Jugendfreund Franz, dem Hünen, abzog, um seiner Freundin großzügige Geschenke machen zu können, spülten ihn in die Hände eines Jugendrichters, der in unnachgiebiger Härte die einzige Chance sah, Jugendlichen den richtigen Weg zu weisen. Statt auf ihn zu warten, bis er die Jugendhaft abgesessen hatte, verließ seine Freundin ihn.
Für Duvall, der bei ihr das erste Mal die Wärme der Liebe kennengelernt hatte, brach eine Welt zusammen.
Ziellos trampte er durch Europa und landete mit seinem letzten Geld in Metz in einer Kneipe, wo er ausgerechnet in einem Moment der Niedergeschlagenheit auf einen Fremdenlegionär traf. Nach einem weinseligen Abend meldete er sich in dem Anwerbebüro der Fremdenlegion in Metz.
Mit seiner Verpflichtung in der Fremdenlegion streifte er seinen Namen und sein altes Leben ab, erwarb sich das Anrecht auf einen neuen Namen, einen französischen Pass und eine Pension, wenn er lange genug durchhielt.
Aber genau das war schiefgegangen. Die Messerstecherei mit dem Asiaten hatte ihn den Job und seine Pension gekostet. Denn nach dem Ehrenkodex der Legion war jeder Fremdenlegionär sein Waffenbruder, egal, welcher Nationalität, Rasse oder Religion er angehörte. Gegen diesen Kodex hatte er verstoßen, und die Legion ahndete Verstöße unnachgiebig.
Auf der Suche nach lukrativen Jobs war er irgendwann auch zurück nach Hamburg gekommen, hatte sich dort eine Zeit lang als Geldeintreiber durchgeschlagen und eines Tages seinem Jugendfreund gegenübergestanden, der das süße Leben auf Pump genoss.
Franz, der Hüne, protzte mit Deals für die großen Jungs. Sie tauschten ihre Telefonnummern aus, und Duvall zog weiter durch die Welt, schlug sich mit Söldneraufträgen durch. Er dachte
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