Die Quelle
kann. Der Stromausfall ist in dieser Hinsicht ein Segen. Vorsorglich hat die Pressestelle der Staatsanwaltschaft eine Meldung gezimmert. Rätselhafter Überfall im Hafen, verschwundener Chemiker ... womöglich eine Drogenauseinandersetzung.«
»Ein gefährliches Spiel«, murmelte Hagen. »Können wir uns auf die Leute verlassen?«
»Wenn Sie den Staatsanwalt meinen: ja. Er ist ein gehorsamer Laufbursche. Ich habe ihm schöne Grüße bestellt und klargemacht, dass das kein Fall ist, um sich zu profilieren. Er hat das sofort verstanden. Bei der Kommissarin bin ich mir unsicher«, sagte Berger.
»Wieso?«
»Sie ist diejenige, die vor ein paar Wochen die Überprüfung durchgeführt hat, als Kemper meinte, er werde beobachtet.«
Hagen schwieg überrascht. Kemper hatte sich damals an ihn gewandt, weil er sich beobachtet gefühlt hatte. Er hatte immer wieder einen riesenhaften Mann in seiner Nähe bemerkt.
Hagen hatte das Bundeskriminalamt aufgefordert, Kempers Verdacht zu überprüfen. Danach hatte Kemper sich furchtbar über die Unfähigkeit und Unverschämtheiten der Beamten aufgeregt, die seinen Verdacht nicht bestätigt hatten.
»Wenn sie damals geschlampt hat, wird sie das doch anspornen«, sagte Hagen.
»Schon möglich.« Berger steckte sich eine weitere Zigarette an. »Sorgen macht mir, dass ihr Gerechtigkeitssinn ihr vielleicht im Weg steht. Die junge Dame war bis vor Kurzem bei der Sicherungsgruppe Berlin. Es gab einen mächtigen Knall, als sie einer Ministergattin bei einem Berlinbesuch als Fahrerin und Bodyguard zugeteilt war. Frau Minister verlangte, dass sie die Geschwindigkeitsregeln ignorierte, da sie zu spät dran war. Die junge Dame verwies auf ihre Dienstanweisung, die Verkehrsregeln einzuhalten. Es kam zum Streit. Frau Minister beschimpfte sie angeblich als Landpomeranze. Es gab Ärger ohne Ende.«
»Ach, die Geschichte. Ich erinnere mich«, murmelte Hagen. »Die Presse hat das doch groß aufgemacht.«
»Alle klopften ihr auf die Schultern. Nicht nachgeben! Vor dem Gesetz sind alle gleich. Doch dann wird sie zum polizeilichen Staatsschutz nach Meckenheim versetzt. Kaltgestellt. Denn der Herr Minister und seine Frau sind öffentliche Sympathieträger. Die tun so etwas nicht.« Berger kicherte. »Manche sagen, sie habe die Presse informiert. Weil sie sich ungerecht behandelt fühlte.«
»Die Situation ist doch nicht vergleichbar. Hier wird niemand ungerecht behandelt.«
»Warten wir es ab. Wir beide verfolgen Staatsinteressen, die manchmal für den Einzelnen schmerzhafte Folgen haben. Manche Leute können damit nicht umgehen.«
»Dann müssen wir mehr auf den Segler achten. Schließlich ist seine Frau entführt worden.«
»Ich befürchte, der lässt sich nur schwer beeinflussen. Schauen Sie genau hin. Seine Gestik ist nicht die eines Hasenfußes.«
Hagen starrte auf die Szenerie hinter der schalldichten Scheibe. Die Lichtkegel der Taschenlampen leuchteten die Gesichter nur schlecht aus. Gut sichtbar lagen die Hände dieses Benn Ziegler auf der Tischplatte. Sie waren zu entschlossenen Fäusten geballt.
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»Verdammte Kritzelei. Ihr Nachname ist Ziegler. Was ist das denn für ein seltsamer Vorname? Dieses doppelte ›n‹ am Ende?«
Benn hörte die Frage erst, nachdem der Staatsanwalt sie wiederholt hatte. Er sah Moltke verständnislos an.
»Ich sollte Benno heißen«, antwortete er mechanisch und bemühte sich, seine aufkommende Wut zu unterdrücken. »Beim Schreiben der Geburtsurkunde ist der letzte Buchstabe vom Standesbeamten vergessen worden. Dabei ist es dann geblieben.«
So geht es nicht weiter, schoss es ihm durch den Kopf.
»Mit Fragen zu meinem Namen finden Sie meine Frau garantiert nicht.«
Der Staatsanwalt hob leicht den Kopf von den Aufzeichnungen, ohne Benn jedoch anzusehen.
»Da gibt es noch etwas, das mich interessiert!«, sagte Moltke kühl. »Die Polizisten haben ausgesagt, dass Sie in der Situation auf der Brücke ausgesprochen dumm gehandelt haben. Legen sich mit diesen Gangstern an ...«
»Meine Frau wurde entführt!«, fiel Benn Moltke ins Wort, so sehr ärgerte er sich. »Ich habe gelernt, mich zu wehren.«
»Arroganter geht es nicht, was?«
»Soll es aber nicht.« Benn zwang sich zur Ruhe. Die Provokation war zu durchsichtig. Der Staatsanwalt wollte ihm die vorangegangene Stichelei heimzahlen. »Ich war in meiner Jugend Karateka.«
Der Blick des Staatsanwaltes wanderte nachdenklich über Benns kräftigen Oberkörper.
»Karate! Und das versetzt Sie in die
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