Die Quelle
trat sie aus und steckte sich eine neue an.
»Wollen Sie mich hier festhalten?«
Benn drehte sich zur Tür, wo die Kommissarin mit verschränkten Armen stand. Sie starrte geradeaus an die Wand.
»Niemand will Sie festhalten. Aber was halten Sie davon? Wir fangen von vorne an, schieben unsere Emotionen beiseite. Und Sie akzeptieren einfach, dass wir wissen, was wir tun.«
Benn zögerte. Wenn er ging, war er von allen Informationen abgeschnitten. Nur wenn er hier blieb, bestand die Chance, mehr zu erfahren, sobald es Neuigkeiten gab.
»Wenn Sie Ihre Tricks beiseitelassen, werde ich mir das vielleicht überlegen. Wie wäre es, wenn Sie Ihren Namen nennen? Das wäre doch ein schöner Anfang.«
»Ich heiße Berger. Ich arbeite im Wissenschaftsministerium, und das ist Herr Hagen. Er berät die Regierung in wissenschaftlichen Fragen.«
Das klang plausibel, dachte Benn. Einer der Polizisten hatte von einem Feuer in einem Institut und einem verschwundenen Professor gesprochen. Und die Kommissarin hatte berichtet, dass Kemper dort arbeitete. Jetzt ergab auch die Frage des Staatsanwaltes einen Sinn, ob Kemper sich dazu geäußert hatte.
»Schön, dann sind wir ja wirklich weiter. Jetzt müssen Sie nur noch auf Ihre Drohungen verzichten.«
»Was meinen Sie?«
»Ich meine Ihre Drohung mit dem Staatsgeheimnis! Die Ente mit den Störfällen in dem Atomkraftwerk. Für wie bekloppt halten Sie mich? Wie können Störfälle in einem Atomkraftwerk die äußere Sicherheit Deutschlands gefährden?«
»Das war keine Ente! Die Hintergründe über die Störfälle in Brunsbüttel sind von einem Gericht tatsächlich als Staatsgeheimnis erklärt worden.« Berger wandte sich an den Staatsanwalt. »Sie korrigieren mich, wenn ich etwas Falsches sage.«
Der Staatsanwalt nickte.
»Generell ist Kern eines Staatsgeheimnisses, dass die Gegenstände, Tatsachen und Erkenntnisse nur einem begrenzten Personenkreis bekannt sind«, sagte Berger dann an Benn gewandt. »Die Personen müssen nicht einmal dem Staat dienen, das können auch Leute aus der Wirtschaft oder Wissenschaftler sein. Es muss nur ein Nachteil für die äußere Sicherheit unseres Staates drohen.«
»Und wer zieht da wo die Grenze, wer definiert das alles?«, fragte Benn.
»Das ist ja das Schöne.« Berger lachte amüsiert auf. »Es ist so herrlich nebulös. Fast alles dabei ist unbestimmt, kann und muss im Einzelfall interpretiert werden. Im Zweifel durch jahrelange Prozesse vor Gerichten. Aber wer hält das schon durch?«
»Das ist ja eine richtige Spielwiese ...«
Berger grinste zufrieden. »Sie sind nicht der Erste, dem damit der Mund gestopft wird.«
»Und das tun Sie gerade?«
»Natürlich.« Bergers Gesicht verwandelte sich in ein Faltenmeer. »Sie können kooperieren. Oder Sie spüren die Knute. Sie ahnen ja nicht, wo Sie hineingeraten sind!«
Kapitel 20
GREIFSWALD
Benn dachte lange über Bergers Worte nach.
Sein Blick reichte längst nicht bis auf den Boden der Grube, und welche Schlangen dort lauerten, würde er vielleicht erst erfahren, wenn es zu spät war. Wenn er seiner Frau aus der Grube helfen wollte, dann ging das nur mit ihnen, nicht ohne sie.
»Sie haben gesagt, wir fangen noch einmal neu an. Tun wir das also.«
»Wenn Sie darüber schweigen, was wir Ihnen erzählen ...«, sagte Berger nach einer kurzen Pause. »Wir müssen uns darauf verlassen können - und werden alle Mittel ausschöpfen, falls Sie sich nicht daran halten.«
»Sie meinen, ich kann nicht mehr zurück, wenn Sie erst einmal angefangen haben?« Benn sah die angespannten Gesichter um sich herum. Hatte er eine Wahl? Nein. Er war bereit, alles zu tun, um seiner Frau zu helfen. »Ich habe verstanden.«
»Dann bin ich wohl jetzt an der Reihe.« Hagen lief unruhig herum und rieb unentwegt die Hände, als wasche er sie.
»Ich bin Energieberater, berate das Wissenschaftsministerium, arbeite eng mit staatlichen Institutionen und Forschungsinstituten zusammen. Wir denken über die Energieformen der Zukunft nach und versuchen so, den Wohlstand unseres Landes zu sichern. Alles sauber, alles seriös.«
»Habe ich Sie nicht schon mehrfach im Fernsehen gesehen?«, fragte Benn, dem Hagens Gesicht plötzlich bekannt vorkam.
»Das mag sein.«
»Und Sie haben mit Kemper zu tun?«
»Sagt Ihnen die Max-Planck-Gesellschaft etwas?«
»Irgendeine Wissenschaftsgesellschaft«, murmelte Benn, ohne genau zu wissen, was sich hinter dem Namen verbarg.
»Die Max-Planck-Gesellschaft ist die
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