Die Quelle
die am Fußende auf der Liege lag.
»Die Kleidung?«
Benn meinte ein Leuchten in den Augen zu sehen und nahm die Kleidung, tastete sie ab. Er fand keinen Stift, dafür aber ein Smartphone. Wieder stöhnte Timo Moritz und bewegte die Finger.
»Ich verstehe!«, rief Benn und drückte Timo Moritz das Smartphone in die rechte Hand.
Der Daumen jagte über die Tastatur und die Ikons, nachdem Timo Moritz zuvor geschickt das Gerät eingeschaltet hatte.
»Johanna Grothe«, las Benn auf dem Display.
Wieder huschte der Daumen über die Tastatur. Ein Ort, eine Straße und eine Hausnummer.
»Dort sind Rainer Kempers Unterlagen?«, fragte Benn und prägte sich die Adresse ein, indem er sie mehrmals halblaut wiederholte.
»Frag sie«, stand unmittelbar darauf auf dem Display.
»Wissen es die anderen?«
Die Antwort kam schnell. »Nein.«
»Wer ist Johanna Grothe?«
Wieder bewegte sich der Daumen.
»Großmutter. Rainers und meine. Verschwindet aus meinem Leben. Alle.«
Kapitel 34
FORSCHUNGSZENTRUM
Etwas Außergewöhnliches geschah. Das war Kami-Passang spätestens in dem Moment klar, als er George Lindley vorgestellt wurde.
Lindley war ein schlanker, sportlicher Mittfünfziger mit sanften, fast weichen Gesichtszügen und einer angenehm klingenden Stimme, von der Kami-Passang sich nicht vorstellen konnte, dass sie mit schneidender Schärfe Anweisungen erteilte. Das erschien ihm als seltsamer Gegensatz. Denn George Lindley war der Chef der CIA.
Während sich alle einen Platz in dem kleinen Konferenzraum suchten, musterte Kami-Passang seinen monatelangen Aufpasser Brown, der mitgenommen aussah. Nach der gestrigen Konferenz war Brown für Kami-Passang nicht zu sprechen gewesen. Brown hatte den ganzen Abend über mit seinem Vorgesetzten, General Jackson, und dem Energieminister konferiert.
Kami-Passang hatte erwartet, dass der Energieminister nach der Besichtigung am Vortag wieder abreisen würde. Aber diese Annahme war falsch gewesen. Lediglich die beiden Professoren hatten das Forschungszentrum wieder verlassen.
»Sie werden kurzfristig eine Reise antreten«, sagte Energieminister Morgan Chao zu Kami-Passang.
»Mehr erfahre ich nicht?«
»Lindley, Sie sollten unseren großen Erfinder jetzt einweihen.« Der Energieminister strich sich über das dunkle Haar, lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück, als sei seine Aufgabe erfüllt.
»In wenigen Tagen, genau ab Sonntag, findet die Arktis-Konferenz in Moskau statt. Sie droht zu einer Katastrophe für unser Land und unseren Präsidenten zu werden«, sagte der CIA-Direktor ruhig. »Wenn es stimmt, was unsere Agenten berichten, dann wird unser in den letzten Jahren mühsam ausgehandelter Vertrag mit den Russen über die gemeinsame Nutzung der Bodenschätze in der Arktis nicht unterschrieben werden.«
Natürlich verfolgte Kami-Passang die Vertragsverhandlungen um die 26 Millionen Quadratkilometer große Arktis. Dort lagerten riesige Erdöl- und Gasvorkommen, Kohle und kostbarste Metallreserven.
Durch die Erderwärmung schmolz das Eis im Sommer mittlerweile auf weit unter vier Millionen Quadratkilometer, während das langjährige Mittel bei sieben Millionen Quadratkilometern lag. Damit wuchsen die Aussichten, den Energiehunger der Welt auch mit diesen bislang verborgenen Schätzen zu versorgen.
»Erst einmal zur Situation«, sagte der CIA-Direktor. »Bis vor wenigen Jahren wurde der größte Teil des Nordpolarmeeres als internationales Gebiet angesehen. Nach dem internationalen Seerechtsübereinkommen können die Anrainerstaaten ihre 200 Seemeilen ins Meer hineinreichende Wirtschaftszone durch Antrag bei den Vereinten Nationen auf 350 Seemeilen ausdehnen, und die Bodenschätze dort ausbeuten. Russland, Dänemark, Norwegen und Kanada haben das vor Jahrzehnten getan.«
»Nur wir nicht. Wir haben uns lediglich auf ein kleines Tortenstück vor der Küste Alaskas konzentriert. Wir haben es verschlafen.« Der Energieminister lachte bitter auf.
»Vor Jahren hat Russland den Vereinten Nationen seine Forschungsbeweise vorgelegt, dass sein Kontinentalschelf so weit in die Arktis reicht, dass sie meinen, den größten Teil der Arktis einschließlich des Nordpols mit allen Bodenschätzen für sich beanspruchen zu können.« George Lindley sah auf seine Hände, die vollkommen ruhig auf der Tischplatte lagen. »Und falls Sie das verfolgt haben, wissen Sie vielleicht auch, dass Russ land immer wieder angekündigt hat, dort Truppen zu stationieren.«
»Bis 2020 soll die
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