Die Quelle
im Hafen, das Gesicht des Staatsanwaltes, er roch den Rauch von Bergers Zigaretten.
Erschrocken riss er die Augen auf und blickte sich um.
Sie standen immer noch in einem überfüllten Vorraum zwischen notdürftig versorgten Kranken und Angehörigen, von denen die meisten stumpf vor sich hinbrüteten.
»So geht es nicht weiter«, sagte Benn zu der neben ihm stehenden Kommissarin, nachdem er erneut auf seine Armbanduhr gesehen hatte. »Wir können hier nicht einfach warten und zusehen, wie die Zeit verrinnt.«
»Sie haben doch den Arzt gehört. Wir dürfen nicht mit ihm reden. Außerdem kann er nicht antworten, so, wie sie ihn zugerichtet haben.«
Benn fluchte. Zunächst hatte die Freundin Timo Moritz geschützt und ihn daran gehindert, irgendeine Frage zu stellen. Und als sich dann die Ärzte um den Geschundenen kümmerten, war er ohnehin chancenlos.
Vor einer Viertelstunde hatte ein Arzt der Freundin gesagt, dass sie nach Hause gehen sollte, weil sie nichts tun könne. Da nach den Untersuchungen keine unmittelbare Lebensgefahr bestand, würde man zunächst abwarten, bis die Versorgungssicherheit sich gebessert habe.
Um in der schwierigen Situation, in der sich das Krankenhaus befände, jede zusätzliche und unnötige Komplikation zu vermeiden, dürfe auch niemand zu Timo Moritz.
Sie hatten versucht, den Arzt umzustimmen. Ohne Erfolg.
»Sie verstehen die Situation wohl nicht?«, hatte der Arzt gereizt seine Sicht der Dinge umrissen. »Wir sind seit Tagen ohne die übliche Stromversorgung. Niemand weiß, wie lange der Stromausfall noch andauert. Die Notstromversorgung, mit der bisher ein Teil des Normalbetriebes noch aufrechterhalten wurde, wurde gedrosselt, um möglichst lange die Operationssäle und die Intensivstation versorgen zu können. Und außerdem werden gerade Intensivpatienten aus zwei anderen Krankenhäusern, bei denen der Notstrom zusammengebrochen ist, hierher verlegt. Hier geht nichts mehr. Keine Zimmer, keine Betten, Ärzte und Schwestern wissen nicht, wie sie von zu Hause hierherkommen. Da müssen persönliche Wünsche, auch wenn sie verständlich sind, zurückstehen.«
Natürlich verstand Benn die Sicht des Arztes. Aber auch er hatte einen Beweggrund, den er nur leider nicht mitteilen konnte. Man würde ihm nicht glauben oder die französische Polizei alarmieren. Beides war nicht in seinem Sinn, weil es zumindest Zeit kostete.
»Wir müssen mit ihm reden. Deshalb sind wir hier!« Benn starrte die Kommissarin verbissen an.
»Selbst seine Freundin darf es nicht, das wissen Sie doch.«
»Sie sind Polizistin. Dürfen Sie nicht zu ihm?«
»Sie vergessen, dass ich verdeckt hier bin. Was glauben Sie, was passiert, wenn ich hier meinen deutschen Polizeiausweis zücke?«
Benn reckte den Hals, um die junge Französin, die neben der Kommissarin stand, besser sehen zu können. Sie hatte mittlerweile ihre Gefühle im Griff und verfolgte jede Bewegung der Türen mit den Augen, immer noch in der Hoffnung, der Arzt würde doch noch einmal zu ihr kommen und ihr einen Besuch bei ihrem Freund gestatten.
»Habe ich das vorhin richtig verstanden? Hinter der Gangtür beginnt der eigentliche Kliniktrakt. Dort liegt Ihr Freund in einem Ruheraum?«, wandte sich Benn an die Französin.
»Ja. Das sagte der Arzt.«
Benns Blick wanderte zu der Tür. Als er sich wieder auf die Französin konzentrierte, bahnte sich ein Polizist zielgerichtet den Weg zu ihr und sprach sie an.
Benn und die Kommissarin hörten schweigend zu, wie die Französin dem Polizisten antwortete, der plötzlich Benn mit einem prüfenden Blick musterte.
»Jetzt wird es eng«, sagte Ela Stein, nachdem der Polizist ein paar Worte gewechselt hatte und den Flur hinunterging. »Der Arzt hat ihn informiert. Er muss noch einen anderen Fall aufnehmen, dann kommt er zurück und will dann Einzelheiten wissen. Für genau solche Fälle ist er seit dem Stromausfall hier.«
»Jetzt müssen wir weg«, knurrte Benn.
»Ich weiß.«
»Halten Sie seine Freundin hin.«
Benn schob sich, ohne weiter auf die Kommissarin zu achten, durch die wartenden Menschen bis zu der Milchglastür am Ende des Ganges, auf der ein rotes Piktogramm unmissverständlich klarmachte, dass den Bereich dahinter niemand außer dem Krankenhauspersonal zu betreten hatte.
Benn wartete, bis eine Krankenschwester die Tür von innen öffnete, und schlüpfte an ihr vorbei durch die Tür, ohne auf ihre Proteste zu achten.
Benn riss die vom Gang abgehenden Türen auf. Eine Besenkammer, ein
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