Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
Schwimmen hervor; ihr Rekord über zweihundert Meter Lagen hielt acht Jahre. Nach dem College blieb sie in Yale und studierte Jura. Nur zwei Tage nach der Abschlussfeier trat sie ihre erste Stelle bei der Bezirksstaatsanwaltschaft Boston an, wo sie zusammen mit Peter Kelley arbeitete. Als sie ihm zum ersten Mal begegnete, kam es ihr so vor, als wäre sie bisher mit geschlossenen Augen durchs Leben gegangen. Peter war attraktiv, charmant und der perfekte Ausgleich zu ihrer fanatischen Persönlichkeit. Während sie mit einer
Friss-oder-stirb-Mentalität durchs Leben preschte, ging Peter die Dinge mit Feingefühl an. Doch egal, um welche Art von Situation oder Problem es sich handelte, das Ergebnis war bei beiden stets das gleiche: Erfolg. Obwohl Susan schon früh gelernt hatte, Selbstvertrauen und Überlegenheit auszustrahlen, war es in Wahrheit eine dicke Fassade, die sie seit ihrer Kindheit um sich her errichtet hatte. Bei Peter brauchte sie keine Mauern.
Und so kam es, dass Susan, nachdem sie zweimal miteinander ausgegangen waren, eine Überraschung für sie beide plante. Ein Wochenende. Abendessen, Kino, Frühstück. Es erfüllte sie mit einer Erregung, die sie bisher noch nie erlebt hatte, mit einer Vorfreude, die sie noch nie empfunden hatte. Das war alles mit einem Schlag dahin, als sie erfuhr, dass er auf dem Weg nach Utah war, um im Deer Valley Ski zu fahren – sein erster Urlaub nach zwei Jahren. Er bot ihr an, die Reise abzusagen, doch sie bestand darauf, dass er sie antrat.
Susan fuhr aus der Tiefgarage heraus und in die Stadt, enttäuscht, wenn auch dankbar für die zwei freien Tage; sie wollte schlafen, essen und wieder schlafen. Aber daraus sollte ebenso wenig werden wie aus ihren vorherigen Plänen. Sie hatte gerade die Stadtgrenze erreicht, als der Anruf kam. Die Mutter von Cindy Frey war gestorben; deshalb war Cindy nicht in der Lage, am Montagmorgen vor Gericht zu erscheinen. Susan bekam ihre erste Solo-Anklage – am Freitag, sieben Uhr abends – und hatte bis Montagmorgen neun Uhr Zeit, sich darauf vorzubereiten. Sechzig Stunden, um Beweismaterial zu prüfen und eine Strategie zu entwickeln, sechzig Stunden bis zur Niederlage, denn sie wusste, dass ihr nicht genug Zeit bleiben würde, um für diesen Fall eine erfolgreiche Anklageschrift zu formulieren.
Sie wendete ihren Wagen und fuhr geradewegs zurück zu ihrem Büro. Voller Angst und Ungewissheit stieg sie die Treppen hinauf. Sie hatte sich verzehrt nach einem Solo, hatte dafür gekämpft, dass man ihr endlich die Chance gab, allerdings nicht unter solchen Umständen. Sie hatte keine Zeit, sich vorzubereiten, keine Hilfe, eine Strategie zu entwickeln, nirgendwo Halt, nur ein leeres Büro. Sie schloss die Tür zur Hauptverwaltung der Bezirksstaatsanwaltschaft auf, knipste das Licht an und trat ein.
Und da stand Peter und erwartete sie. Sein Koffer und seine Tasche mit der Skiausrüstung lagen auf dem Boden. Er sah die Panik in ihren Augen, ging auf sie zu, griff behutsam nach ihrem rechten Handgelenk und legte ein Bonbon mit Kirschgeschmack in ihre Hand. Sie starrte darauf und verstand nicht, was das sollte.
»Steck es in den Mund«, sagte Peter.
Sie lächelte verwirrt, gehorchte dann aber.
»Wenn du am Montag bei der Verhandlung merkst, dass du nervös wirst, steck dir eins in den Mund.«
»Haben die irgendwelche Zauberkräfte, von denen ich nichts weiß?«
»Nein«, sagte er lächelnd, »aber sie schmecken.«
Sie musste lachen und zerbiss das Kirschbonbon.
»Jeder hat einen Talisman, einen Glücksbringer, eine Hasenpfote.« Wieder umfasste Peter behutsam ihr Handgelenk, diesmal das linke, und drehte es. Irgendwie hatte er ihr die Uhr umgelegt, ohne dass es ihr aufgefallen war. »Betrachte das als deine persönliche Hasenpfote.«
Susan starrte auf das mit Diamanten umkränzte Blatt und auf den Sekundenzeiger der eleganten Uhr. Irgendwie spürte sie, wie es sie durchflutete – nicht das Glück, nicht irgendeine besondere Macht, mit der die Uhr sie erfüllte. Nein, sie spürte, wie ihr Selbstvertrauen zurückkehrte.
Doch war es nicht die Uhr, die ihr neue Entschlossenheit schenkte, sondern Peter. Er sorgte dafür, dass ihre Nervosität verflog. Dadurch ermöglichte er ihr, sich wieder zu konzentrieren und zu erkennen, dass sie es schaffen würde – das Wochenende, das viele Büffeln und ihren ersten Prozess.
So bekamen sie doch noch ihr Überraschungswochenende – allerdings nicht so, wie Susan es sich vorgestellt hatte. Sie
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