Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)
kam.
20.
K eine Wolke war am Himmel, als der Jet seinen Flug über den Atlantik begann. Ohne die leichtesten Turbulenzen zu durchfliegen, hatten sie rasch ihre Reiseflughöhe von elftausendzweihundert Metern erreicht; wenn Busch den Ozean unter sich nicht hätte sehen können, wäre er überzeugt gewesen, in seinem Liegesessel im Loft über seiner Bar zu sitzen. Er bewunderte sein Umfeld. Man hatte keine Kosten gescheut, um den Passagieren Luxus zu bieten. Plasmafernseher, Sitze mit eigenem Telefon, komplett bestückte Bordküche. Jeder Passagier konnte jederzeit jede nur denkbare Art der Unterhaltung abrufen. Ganz zu schweigen von dem eleganten Konferenztisch und den Sofas, die besser in einen Herrenclub auf der Fifth Avenue gepasst hätten.
»Jeannie wird einen Anfall bekommen«, sagte Michael, der es sich in einem Ledersessel bequem gemacht hatte.
»Nein, wird sie nicht«, gab Busch zur Antwort. Er saß Michael gegenüber und hatte seinen Sessel so zurückgelehnt, dass er halb lag.
»Oh doch. Und sie wird mir für alles die Schuld geben … wieder mal.«
»Sie wird keinen Wutanfall kriegen. Jedenfalls nicht noch einen. Das Schlimmste habe ich hinter mir – sie hat mich bereits auseinandergenommen.«
»Tut mir leid.«
»Braucht es nicht. Ich bin froh, dass sie getobt hat. Daran bin ich gewöhnt. Wenn sie mich mit Schweigen straft, ist das viel schlimmer. Dann weiß ich, dass sie wirklich wütend ist. Außerdem, was sollte sie schon sagen? Nachdem ich ihr die Lage geschildert hatte mit deinem Vater, den du gerade erst gefunden hast und der entführt wurde …«
Michael blickte Busch an. Er fand es besorgniserregend, dass Busch seiner Frau die Wahrheit gesagt hatte. Schließlich sollte das Ganze ein Geheimnis sein.
»Ich weiß, was passiert wäre: Du wärst drüben angekommen, hättest dich richtig schön in die Scheiße gesetzt und meine Hilfe gebraucht. Dann hätte ich mich ins Flugzeug schwingen und Holzklasse fliegen müssen, ohne Plasmafernseher und Ledersessel«, sagte er und wies dabei in die Runde, »um dich arme Sau irgendwo zu suchen und deinen Hintern zu retten. Also dachte ich mir …« Busch hielt einen Moment inne, beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und schaute Michael geradewegs in die Augen. Seine Heiterkeit schwand; sein Blick war mit einem Mal ernst. »Entweder wir retten deinen Dad gemeinsam, oder wir versuchen es gar nicht erst.«
Michael sah ihn an und nickte.
Susan kam durch den Gang auf sie zu.
»Im Übrigen«, fuhr Busch fort und blickte dabei flüchtig in Susans Richtung, »wer würde hier sonst schlichten zwischen dir und Terror-Tina?«
»Was wollen Sie damit sagen?« Susan blickte wütend auf Busch hinunter.
Busch erhob sich von seinem Sessel zu seiner vollen Länge von eins fünfundneunzig, sodass sein blondes Haar die Decke des Jets berührte, und lächelte auf sie nieder. »Nichts.«
Busch stampfte in den hinteren Teil der Maschine, betrat die Bordküche und war erstaunt über den Anblick der vielen Speisen und Getränke. Drinks für jede Geschmacksrichtung, Steaks und Pasta-Gerichte bis hin zu Pralinen und Kuchen. Er rührte nichts davon an, sondern öffnete das Barfach, schenkte sich einen Scotch einer Marke ein, deren Namen er noch nie gehört hatte, und nahm sich vier Sandwiches von einer Silberplatte. Als er sich umdrehte, um zu seinem Platz zurückzukehren, prallte er mit Susan zusammen.
»Bedienen Sie sich ruhig selbst«, sagte sie und sah dabei auf seine Hände, die das viele Essen kaum halten konnten.
»Danke, gern«, erwiderte Busch.
»Der Flug wird insgesamt neun Stunden dauern. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir uns dabei ein wenig näherkommen«, meinte sie, eine Hand in die Hüfte gestemmt.
»Tut mir leid«, erwiderte Busch. »Das mit der Terror-Tina war nicht böse gemeint. Übrigens möchte ich Ihnen mein Beileid aussprechen.«
Fragend sah sie ihn an.
»Zum Tod Ihres Mannes«, sagte Busch.
Susans Wut war schlagartig verraucht. »Danke«, sagte sie und schenkte sich ein Glas Rotwein ein.
»Nur damit Sie es wissen – der Junge, der da drüben sitzt«, Busch nickte in Richtung des vorderen Teils der Maschine und sah dabei zu Michael hinüber, »der Junge, dem Sie vorwerfen, dass er keine Ahnung habe, was es bedeutet, einen Menschen zu verlieren … Er hat auch jemanden verloren.«
Susans Gesicht nahm mildere Züge an.
»Es ist jetzt fast ein Jahr her. Er hat dabei zusehen müssen, wie sie immer mehr verfiel und langsam
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