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Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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man ihn nicht einfach nur ansehen, sondern muss ihn wirklich sehen. Man kann nicht über ›eines Tages‹ reden und darüber, was man ›eines Tages‹ alles tun wird.«
    »Wir haben unser ›eines Tages‹ nie erlebt.«
    Michael sah auf, und ihre Blicke trafen sich. Er wusste zwar nicht, was Susan fühlte, doch was immer es sein mochte, es bereitete ihm ein Gefühl das Unbehagens. Er setzte sich aufrecht in seinen Sessel, und seine Stimme bekam einen anderen Klang. »Wenn wir in Moskau ankommen, brauchen wir einen Wagen, damit wir es bis zehn Uhr zum Roten Platz schaffen.«
    Michaels abrupter Themenwechsel verwirrte Susan. »Ich habe bereits dafür gesorgt, dass man uns am Flughafen abholt. Der Wagen wird uns zur Verfügung stehen, so lange wir ihn brauchen.«
    »Woher kennen Sie die Leute?«, fuhr Michael in einem Tonfall fort, der sich wie bei einem Verhör anhörte.
    »Martin hat sie angeheuert.« Susans Stimme klang nun ebenso harsch wie seine, und sie straffte die Schultern.
    »Kann man denen trauen?«
    »Kann man Ihnen trauen?«, fragte Susan.
    Michael sah sie an. »Warum bleiben Sie nicht in Ihrem Hotel? Ich rufe Sie zwischendurch an und halte Sie auf dem Laufenden.«
    »Ich fliege nicht nach Moskau, um in einer Hotelsuite zu sitzen und mir vom Zimmerkellner Essen servieren zu lassen. Ich werde Sie keine Sekunde aus den Augen lassen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich bezahle das Ganze hier. Was glauben Sie wohl, was ich damit meine?«
    Jetzt war Michael sauer. »Sie können die Maschine gleich wieder umkehren lassen, wenn Sie sich einbilden, dass ich unter solchen Umständen arbeite. Bevor wir uns auf den Weg gemacht haben, habe ich Ihnen gesagt, dass ich dankbar sei, wenn Sie Geld beisteuern könnten oder Kontakte hätten, weil sich damit ein paar Hindernisse aus dem Weg räumen lassen. Wenn ich mich recht entsinne, sagten Sie, das sei in Ordnung, und Sie haben mir versprochen, mir ansonsten nicht in die Quere zu kommen. Jetzt hört sich das plötzlich so an, als wollten sie hier eine Nummer abziehen nach dem Motto ›ich bezahle die Musik, also wird gespielt, was ich will‹.«
    »Es tut mir leid, aber mir war bisher nicht klar, wie Diebe arbeiten.« Susan sah ihn an. Sie hatte ihre Gefühle wieder fest im Griff.
    Michael tat sein Möglichstes, nicht aus der Haut zu fahren. »Wirklich nicht?«
    »Man kann euch keine zwei Minuten allein lassen, was?« Busch drehte sich in seinem Sessel herum und öffnete langsam die Augen.
    Susan stand auf, starrte wütend auf beide Männer und stürmte dann in den hinteren Teil der Maschine.
    Susan hatte von jeher ein privilegiertes Leben geführt und wusste kaum, was es bedeutete, irgendetwas nicht zu haben. Sie war das Kind von Midge und Malcolm Newman, die beide ihre Karrieren und ihren gesellschaftlichen Status als Mittelpunkt des Lebens betrachteten. Susan war lediglich etwas, was sie sich nebenbei angeschafft hatten und das in ihrem Alltag eher unbequem war. Obwohl Susan Einzelkind war und ihre Eltern zumeist durch Abwesenheit glänzten, war sie nie allein. Sie wurde von einer Schar regelmäßig wechselnder europäischer Kindermädchen betreut. Einigen bedeutete sie etwas, anderen nicht, und alle waren immer nur vorübergehend da. Susan setzte sich zum Ziel, die Muttersprache jedes Kindermädchens innerhalb der kurzen Zeit so gut zu lernen, wie es ihr nur möglich war, und so kam es, dass sie im Alter von zwölf Jahren fünf Fremdsprachen beherrschte.
    Statt Liebe gab es Geschenke, Einkaufstouren und unbegrenztes Taschengeld – alles Entschädigungen für die nicht existierende Beziehung zwischen Midge und Malcolm und ihrer Tochter. Susan fehlte es an nichts. Das Einzige, was es im Hause Newman noch weniger gab als Zuneigung, war das Wort »Nein«. Susan wuchs auf, ohne dass ihr jemals etwas versagt wurde. Wenn sie einem Problem gegenüberstand, überwand sie es durch Halsstarrigkeit und eisernen Willen. Es machte sie zu einem verzogenen Luder, skrupellos und gefühlskalt, das keinerlei Erfahrung damit hatte, was es bedeutete, zu versagen.
    Nach den Grundschuljahren in einer exklusiven Privatschule steckte man sie in ein schickes Internat in Connecticut, wo sie sich zu einem sturen, distanzierten Wesen entwickelte, das sich nur wohlfühlte, wenn es galt, Leistung zu bringen, die dem persönlichen Aufstieg diente.
    Sie ging nach Yale, wo sie während der Collegejahre in den akademischen Fächern hervorragend abschnitt; außerdem tat sich sie sich im Rudern und im

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