Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition)

Titel: Die Quelle der Seelen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
Vom Netzwerk:
vor dem Schaukasten und starrten auf einen gewaltigen Diamanten. Er war in das kaiserliche Zepter Katharina der Großen eingearbeitet; es war der mit Abstand größte Diamant, den sie beide je gesehen hatten. Er steckte auf einem schlichten Goldzepter und war umkränzt von kleineren Diamanten. Wer immer dieses Zepter schwang, hielt wahrhaft die Macht in der Hand.
    »Im Jahre 1773 kaufte Fürst Orlow diesen einhundertneunzig Karat schweren Diamanten in Amsterdam und bezahlte dafür eine Unsumme. Der Stein stammte ursprünglich aus Indien, wo ein französischer Soldat ihn gestohlen hatte, der um 1750 zum Hinduismus übergetreten war, um Zutritt zu erlangen zum Allerheiligsten des Inselschreins, dem Tempel von Mysore. Dort entfernte er das Juwel aus dem Auge einer Götterstatue. Fürst Orlow schenkte den Stein Katharina der Großen, weil er hoffte, damit ihre Liebe zu gewinnen. Sie ließ den Stein in das Zepter fassen, das Sie vor sich sehen, dankte ihm für das Geschenk und schickte ihn los, seine Sachen zu packen. Taffe Frau, diese Katharina.«
    Lexie hielt ihnen die Tür, und Fetisow, Michael und Susan verließen die Rüstkammer und traten hinaus in die heiße Mittagssonne. Fetisow ging sofort weiter und führte sie zur Mitte eines gewaltigen Platzes, der von Kirchen umstanden wurde. Es wurde still um sie her, denn die Menschentrauben erstarrten vor Ehrfurcht angesichts der Ehrfurcht gebietenden Gotteshäuser. Jedes der Bauwerke war einzigartig, doch hatten sie alle eines gemein: Sie waren von spektakulärer Spiritualität. Michael blickte hinauf zu den zahllosen Kuppeln; so viele Kreuze hatte er noch nie gesehen, noch nicht einmal im Vatikan. Sie waren umschlossen von Gotteshäusern in einer Welt, in der die Religion fünfundsiebzig Jahre lang verboten gewesen war. Michael musste an seinen Freund Simon denken, einen Priester, den personifizierten Widerspruch, denn Simons Taten waren selten vereinbar mit dem christlichen Sanftmut und der Friedfertigkeit, für die seine Sutane stand. Ein Mann, der mit Waffen und Gebeten gleichermaßen geschickt umgehen konnte, war ein Unding, genauso wie das Aufeinanderprallen der Philosophie des Kreuzes und der des Kommunismus.
    »Auf dem Kathedralenplatz wurden Krönungen vorgenommen, und hier fanden Empfänge und Theaterveranstaltungen statt. Und dann wurde Religion, wie Sie wissen, während der fünfundsiebzig Jahre Kommunismus durch den Gesetzgeber verboten«, sagte Fetisow und blieb stehen. Michael, Susan und Lexie schlossen sich ihm an. Michael blickte an der Fassade der Mariä-Entschlafens-Kathedrale hinauf, deren fünf goldene Kuppeln auf weißen Türmen ruhten, die sich über einer mit Rundbögen überladenen Ziegelkirche erhoben.
    »Diese Kathedrale war seit dem späten fünfzehnten Jahrhundert die schönste und wichtigste Kreml-Kirche«, erklärte Fetisow. »Vom sechzehnten Jahrhundert an bis zur Revolution im Jahre 1917 wurden hier alle Zaren gekrönt. Der italienische Architekt Fioravanti, der diese Kirche und viele andere Kreml-Bauten über und unter der Erde erbaut hat, wurde für seine Bemühungen mit einer Haftstrafe belohnt, die bis zu seinem Tod währte.
    Es gibt die Legende, dass im Winter 1941, als die Nazis bis zur Stadtgrenze vorgedrungen waren und Russland an den Wirren des Krieges zu zerbrechen drohte, Stalin den Befehl gab, in der Kathedrale einen Gottesdienst abzuhalten und für die Rettung des Landes zu beten.« Fetisow legte den Kopf zur Seite und sah Susan an. »Es ist schon erstaunlich, wie die Leute Gott ablehnen, bis sie ihn brauchen.«
    »Allerdings.« Susan nickte.
    »Seit 1990 stehen der Öffentlichkeit die Türen der Kirche wieder offen«, fuhr Fetisow fort. »Seither ist sie ein Museum, in dem ihrer eigenen Geschichte Tribut gezollt wird. Im Inneren jeder dieser Kirchen gab es Werke von unschätzbarem Wert. An den Wänden war kaum ein Zentimeter Platz, denn dort hingen die edelsten Kunstwerke, die die Welt je gesehen hat. Aber das heben wir uns für einen anderen Tag auf. Zunächst einmal …«
    »Es sind wunderschöne Bauwerke«, sagte Michael, »nur hilft mir das überhaupt nicht, meinen Job zu planen. Ich muss wissen, wo die Eingänge sind, die zu den verschiedenen Bereichen des unterirdischen Geländes führen, um das es geht.«
    »Sie unterbrechen meinen Vortrag«, sagte Fetisow und wandte sich einer kleinen weißen Kirche zu seiner Linken zu, die ein wenig versteckt hinter der Mariä-Entschlafens-Kathedrale lag. »Die

Weitere Kostenlose Bücher