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Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
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Grausamkeiten fähig war, die sich ihm in den
Visionen offenbart hatten. Er musste dem Gott jedoch sogar seinen Geist
öffnen; denn nur auf diese Weise, konnte er von ihm Verständnis
für sein Anliegen entlocken. Nun stellte sich Leathan ein weiteres
Problem. Bislang war es ihm nur gelungen, die Bilder seines Geistes in jemand
anderes zu projizieren, doch sicherlich hatte Anthalion nicht vor, ihm das zu
gewähren. Er war es, der das fremde Eindringen erdulden musste, was ihm
bislang nie gelungen war, auch nicht in Ker-Deijas, obwohl er zu den Menschen
dort Vertrauen empfunden hatte. Er hatte es nur gelernt, seine Gedanken
oberflächlich zu öffnen, um Telepathie zuzulassen, mehr nicht.
    Ob es von der Notwendigkeit herrührte, von seiner
derzeitigen Schwäche oder von seinem Willen, Anthalion zu überzeugen,
wusste er nicht, doch diesmal gelang es ihm, den Schutz seines Geistes
aufzuheben. Leise Klänge begleiteten den Vorgang und er erinnerte sich an
das letzte Mal, als es ihm gelungen war… Damals war er noch nie Mensch gewesen,
damals, am See der Quelle, hatte er den jungen Sklaven, der sich Leathan
genannt hatte, in sich geladen um ihm das Universum zu offenbaren.
Natürlich war es ein Fehler gewesen, dennoch hatte er es bis heute nicht
geschafft, diesen Fehler ehrlich zu bereuen. Er verdrängte diese
Erinnerung, rief die frisch gesehene, schmerzvolle Vision in sich auf und sah
dem Herrscher in die Augen.
    „Ich bin so weit.“, flüsterte er.
    Kaum hatte er seine Einladung ausgesprochen, spürte
er die Anwesenheit des Gottes, wie er gierig in seinen Gedanken nach einem Pfad
suchte, um so viel wie möglich in sich aufnehmen zu können. Einmal
mehr erkannte Leathan den von Sehnsüchten geplagten Geist Anthalions, der
ihn auf die Astralebene begleitet hatte. Er hoffte der unerträgliche
Anblick seiner Vision einer zerstörten Welt würde auch Anthalion
berühren. Er ließ ihn die zukünftigen Ereignisse erleben, er ließ
ihn den Pfad gehen, der ihn selbst zuvor fast in den Wahn getrieben hätte,
doch dann spürte er, wie Anthalions Geist sich davon abwandte. Der Gott
schlich an den Bildern der Vision vorbei und versuchte weiter in Leathans Geist
zu gehen, mehr seines verborgenen Wesens zu ertasten. Kaum ertappte Leathan den
Gott, verschloss sich sein Geist wie von selbst, was Anthalion unsanft hinaus
beförderte.
    Leathan öffnete die Augen und sah Anthalion vor
sich, wie er sich an die Schläfen fasste. Er wirkte trotz des offensichtlichen
Schmerzes keineswegs zornig oder beleidigt. Viel eher schien er amüsiert
zu sein, wenn auch er Leathan abschätzend musterte.
    „Du wirst zugeben, es war einen Versuch wert, Kind. Wie
schön zu sehen, dass dein Kampfgeist doch nicht gebrochen ist.“
    Auf Anthalions hinterlistigen Versuch seinen Geist
auszuspionieren, ging Leathan nicht ein, ohnehin war es zu erwarten gewesen.
Seine Vision war es, die ihn vorrangig beschäftigte.
    „Was sagst du zu der Vision?“, wollte Leathan wissen.
    Wieder zuckte Anthalion auf provozierend
gleichgültige Art mit den Schultern.
    „Wie ironisch, dass sich die Lage anscheinend
verschlimmert hat, seit du versucht hast zu verhindern, was du einfach nicht
akzeptieren konntest... Wäre das Auslöschen eines Volkes und das Vergessen
um die Macht der Quelle denn wirklich so schlimm gewesen?“
    Leathan musterte Anthalion, doch er bemühte sich,
keines seiner Gefühle in seinem Blick durchscheinen zu lassen und schwieg
einfach. Die Vorwürfe musste er hinnehmen, wenn er wollte, dass Anthalion
sich auch über die Zukunft äußerte. Schließlich erreichte
es Leathan, dass Anthalion in seiner Ungeduld das Wort wieder ergriff.
    „...Was soll ich noch hinzufügen, Kind? Deine Vision
ist wie alle anderen Visionen: nur eine von vielen Möglichkeiten.“
    Diesmal war es Leathan unmöglich sich zu
beherrschen, Anthalion hatte es geschafft, ihn zu erzürnen, wenn dies denn
seine Absicht gewesen war. „Nein, Anthalion. Du weißt, dass das nicht
stimmt. Du hast es doch gespürt! Was ich dir gezeigt habe, ist die Summe
aller Möglichkeiten. Das einzige klare Bild, das übrig bleibt, wenn
man alle möglichen Szenarien aufeinander legt. Wir Kinder der Quelle
können die Zukunft klar erkennen!“
    „Nun gut, Kind… Ich sehe ein, dass diese Vision zu
stimmen scheint.“, gab Anthalion widerwillig zu, „Ich hatte ja schon
ähnliches gesehen, auch wenn du uns Göttern scheinbar die Macht
wahrer Visionen nicht zutraust…“
    Fast beiläufig hatte Anthalion

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