Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Quelle

Die Quelle

Titel: Die Quelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larissa Cosentino
Vom Netzwerk:
öffnete die Augen, wie eine Maschine, die gezündet wird,
doch die nicht weiß weshalb. Seine Augen tasteten seine Umgebung ab, doch
sein Geist war noch immer in seinen Visionen verankert. Anthalion stand bei ihm
und sah ihn amüsiert an, doch Leathan erkannte den Herrscher nicht. Am
Rande seines Bewusstseins nahm er die Dunkelheit wahr, die ihn umgab. Es war
wohl Nacht… Er schloss die Augen.
    „Du siehst nicht gut aus, Kind…“, klangen Anthalions
besorgte Worte durch das Zimmer, doch Leathan verstand ihren Sinn nicht. Ihm
war auch nicht bewusst, wer gesprochen hatte. Er war von dem Wahn, der ihn in
seiner Zukunft befallen würde, noch immer erfasst. Seine eigene Zukunft
zerstörte seine Gegenwart.
     
    Anthalion betrachtete ihn genauer, schließlich
ergriff er ihn beim Schopf, was bewirkte, wie er es bezweckt hatte, dass
Leathan die Augen wieder öffnete. Er kannte Leathans Blick von den
Menschen, die er gefoltert hatte. Es war der Blick, der einsetzte, wenn sie den
Verstand verloren. Angewidert ließ er Leathan los und ging einige
Schritte im Zimmer umher. Er musste nachdenken. Er wusste, auch ohne in
Leathans Gedankenwelt eindringen zu können, wie das Chaos aussah, das
gerade in seinem Wesen wütete. Zu oft hatte er solche Gedanken gelesen, ehe
der Geist aufgab und nur noch Leere hinterließ. Natürlich war
Leathan sein Feind und ein gefährlicher noch dazu, doch er war mit dem
Kind der Quelle noch lange nicht fertig. Auch wenn es eines Tages genauso enden
sollte, wie er es jetzt vor Augen hatte, so war es dafür zu früh. Viel
zu früh... Anthalion war noch nicht bereit, auf solch einen wertvollen
Spielgefährten zu verzichten...
    Fest entschlossen ihn nicht aufzugeben, näherte er
sich erneut dem Bett und holte zu einem weiteren Schlag aus. Er traf Leathan
abermals ins Gesicht… Das Kind hatte nicht einmal den Versuch gemacht
auszuweichen, obwohl seine Augen noch immer offen waren und den Schlag hatten
sicherlich kommen sehen.
    „Wach auf!“, befahl Anthalion zornig. Ungeduldig holte er
erneut aus, zu einem dritten und einem vierten Schlag… Noch immer zeigte sich
keine Reaktion auf dem fast leblos wirkenden Gesicht Leathans. Anthalion wandte
sich angewidert ab.
    Er fühlte sich seltsam leer.
    Er wusste nicht, wie er dem Kind helfen konnte. Natürlich
war es diese Machtlosigkeit, die einmal mehr seinen Zorn wachrief, doch nicht
nur das war es, was ihn quälte. Unerträglich war vor allem dieser
Wunsch dem Kind zu helfen, ihn an seiner Seite zu haben... wie eine Krankheit schwächte
es seinen Willen! Weshalb brauchte er das Kind jetzt unbedingt? War er nicht
bislang auch ohne ihn ausgekommen? Sollte er nicht glücklich sein, seinen
Feind in diesem Zustand zu sehen? Wütend über die Lage und über
sich selbst, rief der Herrscher etwas Energie auf und holte erneut aus… Diesmal
würde er sowohl Leathans Körper als auch seinen Geist schlagen… Ja,
solch ein Schlag würde sie beide befreien!
     
    Als Leathan die vertrauten Klänge der Quelle
hörte, konnte er plötzlich wieder schemenhaft erkennen, was ihn
umgab. Instinktiv wich er dem Schlag aus, den er kaum hatte kommen sehen,
richtete sich auf und holte reflexartig aus, um zurückzuschlagen. Statt
jedoch das Kinn des Herrschers zu treffen, stieß er gegen eine
unsichtbare Wand, die den Gott-König schützend umgab. Er hörte Anthalion
leise Lachen, als er vor Schmerz aufschrie und in das Bett zurückfiel. Seine
rechte Hand pochte vor Schmerz, sicherlich war sie gebrochen. Vorsichtig stützte
er sie, während er sich auf die Bettkante setzte, um zu verstehen, was
geschehen war. Der einzige, der ihm das verraten konnte, war Anthalion.
Erleichtert wirkte der Gott, fast zärtlich ruhte sein Blick auf ihn, doch
als fühle er sich ertappt, zuckte er plötzlich zusammen und wandte
sich von ihm ab. Langsam ging der Gott zum Fenster und sah hinaus, vermutlich
um sich abzulenken, da es in der Dunkelheit der Nacht nichts zu sehen gab. Als
Anthalion sich ihm schließlich wieder zuwandte, hatte er nur noch Spott
in seinen Augen und so auch in seinen Worten.
    „Haben deine Visionen dir denn nicht gezeigt, dass die
Macht deiner so geliebten Quelle mir Unverwundbarkeit schenkt?“
    Leathan stand auf, doch wegen des Schmerzes in seiner
Hand fühlte er sich leicht schwindlig und er ließ sich nach nur
wenigen Schritten in eines der vielen bequemen Sofas des Raumes fallen.
Anthalion stellte sich ihm gegenüber und sah zu ihm herunter.
    Es verstrichen einige Minuten,

Weitere Kostenlose Bücher