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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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gesungen – in ihrer ganzen Schönheit. «
    Sie sah ihm in die Augen, als könnten die, wenn sie nichts anderes sah, ihr das Trugbild von Sicherheit vermitteln.
    » Du hast mich gerettet « , fuhr er fort. Dann beugte er sich etwas vor. Sie verstand die Bewegung erst, als seine Lippen auf ihre trafen. Diesmal wich sie ihm nicht aus. Sie wusste, dass es das war, was sie wollte: Liebe spüren ohne nachzudenken, weil es das Einzige war, was noch zählte.
    Ihre Lippen spielten miteinander, dann ihre Zungen. Er war sanft, dann fordernd, dann wild, so wild wie sie. Seine Hand griff nach ihrer. Er zog sie noch fester an sich. Sie sehnte sich danach, dass dieser Kuss ewig dauern würde und sie nie mehr damit aufhörten, um herausfinden zu müssen, in welcher schrecklichen Lage sie diesmal steckten.
    Doch dann war es schon vorbei, als hätten ihrer beider Körper eine Abmahnung vom Verstand bekommen, dass die Gefahr nicht vorbei war. Atemlos lagen sie beieinander, blickten wirr um sich. Ihre Hände waren ineinander verschränkt.
    » Wo sind wir? « , fragte Una schließlich.
    » Es sieht nach einer Höhle aus. «
    » Wie sind wir hierhergekommen? «
    » Sag du es mir, Una. Ich bin hier in deinen Armen erwacht, mit dem Klang deines Gesangs in meiner Seele. Ich erinnere mich an Schmerzen. Ich erinnere mich an Heilung. Ich erinnere mich daran, den Klangnebel von Weitem gesehen zu haben, doch dann war da dein Lied. Und dein Mut. Deine unglaubliche Kraft. Und mehr. Ich weiß nicht, was noch. Doch es schien, als wärest du stärker, als du je sein könntest. «
    Una setzte sich mühsam auf und streifte den Rucksack ab. Sie blickte sich um. Um sie herum war grauschwarzer Fels, teilweise schartig, teilweise obsidianglatt. Durch einen schmalen Spalt über ihnen drang ein wenig Licht. In einer Ecke gab es eine Lagerstatt aus Decken und Fellen. Dort standen auch Nahrung, Haferbrot und rohes Gemüse, und mehrere Krüge.
    » Ganz kurz « , sagte sie. » Es gibt Menschen in Sto-Nuyamen. Nachfahren der Sklaven. Sie leben in den Katakomben unter der Burg und verstecken sich vor den Mardoryx. Die ruhen. Schon sehr lange. Manche sind auch tot. Wenn wir Pech haben, dann habe ich die Ruhenden mit meinem Lied geweckt. «
    » Das wäre ein hoher Preis für mein Leben « , murmelte Kanura.
    » Kein Preis ist zu hoch für dein Leben, Kanura. Das weiß ich jetzt. «
    Seine Augen wurden groß vor Erstaunen. Dann blickte er schuldbewusst in eine andere Richtung.
    » Du misst mir zu viel Bedeutung bei, Una, Bardin, Lebenssängerin. Vielleicht habe ich in meiner Verzweiflung zu sehr nach dir verlangt. Geht es dir gut? Bist du sehr erschöpft? « Wieder strich er mit dem Finger über ihre Wange.
    » Ist es wichtig? « , gab sie zurück. » Wir sind aus dem Saal der Mardoryx entkommen. Dort lagen sie zuhauf. Lagen nur da, der Mitte zugewandt. In dieser unheimlichen Mitte traf sich alles, wenn ich auch nicht weiß, was es war. Energie. Kraft. Gewalt. Ein großer Pelzschrat und der graue Kentaur wollten uns – und einander – umbringen. Wir lagen bereit, um dem einen oder dem anderen zum Opfer zu fallen. Aber irgendwie sind wir entkommen. Ich weiß nicht, wie. Ich weiß nicht, wohin. Und ich weiß verdammt noch mal nicht, wer mit mir gesungen hat. Aber du lebst, und ich lebe. Zumindest im Moment. «
    Er rappelte sich hoch und ging in der Höhle umher, betrachtete jede Ecke, während Una sich mühsam über den Boden zur Lagerstatt schleppte und den Rucksack hinter sich herzog. Sie zitterte vor Anstrengung und Erschöpfung.
    » Ich glaube, ich weiß, wo wir sind « , sagte er, als er mit beiden Händen an den Fels fasste. » Wir sind in den Trutzbergen. Mittendrin. Ich weiß nicht, wie das möglich ist. Aber ich kann die dunkle Ausstrahlung überall um uns herum fühlen. «
    Una öffnete den Rucksack und wühlte darin herum.
    » Da war eine Öffnung über dem Steinplateau, um das die Mardoryx lagen « , sagte sie. » Sah nicht aus wie ein Loch in der Decke. Eher wie ein Loch in der Welt. Nicht Teil des Gebäudes, sondern etwas Eigenes, Anderes. Wie das Auge eines schwarzen Sturmes. Vielleicht so was wie ein kosmisches Wurmloch? «
    Er sah sie verständnislos an. » Es gibt kosmische Würmer? « , fragte er zweifelnd. » Haben uns kosmische Würmer geholfen? «
    Zum ersten Mal seit einer Ewigkeit lachte sie. » Nein. Das ist nur der Begriff für eine Theorie, die die Abkürzung zwischen zwei kosmischen Orten beschreibt, wobei die Abkürzung kürzer ist als

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