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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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nächtlichen Himmels.
    Esteron war nicht in der Lage, jetzt über das Geschehene nachzudenken. Das musste warten. Irgendwann würde er begreifen. Ganz nah vor sich sah er Hre-Hyron, den Leithengst der Re-Gyurim. Wie alle seine verräterischen Sippenmitglieder stand er dem Kreismittelpunkt zugewandt und blickte verständnislos dem Grauadler hinterher.
    Jetzt, dachte Esteron. Jetzt müsste er ihn angreifen, ein Kampf Leithengst gegen Leithengst, wobei der andere eine ganze Truppe zur Unterstützung hatte, während Esteron nichts blieb als das Überraschungsmoment.
    Nur hatte es wenig Zweck, Hre-Hyron in Menschengestalt anzugreifen, während dieser ein kräftiger Tyrrfholynhengst war. Esteron musste sich wandeln. Das konnte er nicht gut, während er in einem Baum saß. In Bruchteilen von Sekunden jagten Esteron all diese Gedanken durch den Kopf. Hätte er länger nachgedacht, er hätte sicher anders gehandelt. Doch er sah seine Sippe, seine verletzte Frau. Und er sprang, stieß sich ab von dem Ast, auf dem er kauerte, setzte weit nach vorn und versuchte im Sprung, sich zu wandeln, ohne noch zu wissen, ob ihm das rechtzeitig gelingen würde oder nicht. So oder so würde er mitten zwischen den Feinden landen.
    Vielleicht war es keine gute Idee gewesen. Der Wandel ließ ihn mitten in der Luft hilflos werden.
    Hre-Hyron drehte sich um, reckte ihm wehrhaft sein Horn entgegen. Aus dem Außenring der Schlachtordnung drangen nun neue Geräusche.
    Das konnten nur die Uruschge sein.

Kapitel 100
    » Wir müssen hier raus « , sagte Kanura. » Bevor SIE wiederkommt. «
    Una erschauerte bei dem Gedanken. Ihr Körper fühlte sich an, als hätte ihn jemand mit flüssigem Blei ausgegossen. Alles tat weh. Und dennoch konnte sie kaum fühlen, wie Kanura sie berührte. Innen Schmerz, außen Taubheit. Er hatte ihr den Dolch der Göttin in die Hand gegeben, doch er war ihr durch die Finger gerutscht und auf den Basaltfels gefallen. Jetzt hatte er ihn in seinen Gürtel gesteckt.
    Sie stand auf zittrigen Knien. Sie sah, dass Kanura sie am Ellenbogen stützte, aber sie spürte seine Hand nicht, war sich nur sicher, dass sie gefallen wäre, hätte er sie nicht gehalten.
    Er hatte recht. Sie mussten hier raus. Eine zweite Begegnung mit der Malicorn war nicht erstrebenswert. Una wollte nicht zu einer Armee von Pelzschraten werden. Sie begriff nicht einmal das Konzept, verstand nur, dass man selbst so magische Kreaturen nicht vollständig aus Nichts erschaffen konnte. Irgendeinen Grundstock musste man wohl haben. Erdwörge. Menschen. Ein Bild blasshäutiger, rothaariger, willenloser Kugelmonster drängte sich ihr auf. So wollte sie nicht enden.
    » Wie kommen wir hier raus? « , fragte sie und merkte, dass sie klang, als käme sie vom Zahnarzt. Kanura beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie zart auf die Lippen. Sie konnte die Liebe spüren, aber kaum die Berührung.
    » Macha hat gesagt: ›Mach nichts falsch. Und vergiss nicht, wie alles angefangen hat. Das wäre – falsch.‹ Sehr viel mehr weiß ich auch nicht. «
    » Wie hat denn alles angefangen? « , fragte Una. » Du bist aus der Quelle des heiligen Caolán aufgetaucht und warst verletzt. «
    » Das war nicht der Anfang. Davor hat der Kampf mit den Uruschge stattgefunden. Mein Vater und Perjanu – sie sind vermutlich dabei gestorben. « Er klang unglücklich.
    Una hob mühsam ihre Hand und legte sie Kanura an die Brust.
    » Und das war der Anfang? «
    Kanura seufzte. » Es fing damit an, dass Edoryas ermordet wurde. Edoryas war mein Freund. Und auch Eryennis’ Freund. Ich wollte mehr darüber herausfinden und bin zum See ins Sonntal gelaufen. Dort habe ich eine Nymphe getroffen. Vielleicht war das der Anfang? «
    » Nymphe « , murmelte Una. » Deine Freundin hat was über Nymphen gesagt. Sie sagte, sie habe auf der Suche nach einem Ausgang nur eine Höhle mit gefangenen Nymphen gefunden. Sie könnten nur dort raus, wenn sie ihre Seele losließen und zu Uruschge würden. Sie hat gesagt, dass SIE sie gefangen hält. Aber wenn du eine getroffen hast, dann muss dieser einen wohl die Flucht gelungen sein. Was wollte die Nymphe von dir? «
    » Genau hat sie es nicht gesagt. Aber sie nannte mich Wanderer und Retter! Ich wusste nicht, was sie damit meinte. «
    » Du bist zwischen den Welten gewandert. Das macht dich zum Wanderer. «
    » Dann muss ich jetzt wohl jemanden retten. «
    » Du hast mich gerettet. «
    » Aber immer nur aus den Schwierigkeiten, in die ich dich selbst gebracht

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