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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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habe. Außerdem hast du mich auch gerettet. «
    Una legte die Stirn an Kanuras Schulter. Alles war so schwer. Sie fühlte sich fiebrig. Doch es war nicht der richtige Zeitpunkt, sich auszuruhen. Allerdings vereinfachte es nicht eben das Denken.
    » Dann müssen wir die Nymphen retten « , sagte sie langsam. » Ergibt das irgendeinen Sinn? «
    Er nickte nachdenklich.
    » Wir gehen sie suchen « , sagte er. » Kannst du laufen, oder soll ich dich tragen? «
    Sie wäre gerne getragen worden. In seinen Armen gehalten zu werden, war ein ungeheuer verführerischer Gedanke. Doch dann würde er nicht kämpfen können. Und ganz sicher würde es nicht ohne einen weiteren Kampf abgehen. Nicht bei einer Lösung, die ausgerechnet die Göttin des Krieges geboten hatte.
    » Wird schon gehen « , sagte sie tapfer. Langsam spürte sie ihren Körper wieder. Alles kribbelte, als wären ihr alle Gliedmaßen komplett eingeschlafen.
    Kanura drehte sich langsam um, hielt sie dabei fest. Er sah zu dem Felsenspalt, durch den sie gekommen waren. Dann an die Decke, durch die die Malicorn verschwunden war. Schließlich blickte er auf den neuen Spalt im Felsen, den SIE durch IHRE Stimme erzeugt hatte. In seiner freien Hand hielt er plötzlich seine Hornklinge.
    » Dahin! « , sagte er und deutete mit dem unheimlichen schwarzen Ding auf den neuen Pfad. Sie fragte nicht nach, ob er sich sicher war. Sie wusste es schließlich auch nicht besser.
    Sie zwängten sich aus der Höhle und fanden sich in einem schmalen Gang wieder. Mehr und mehr kehrte das Gefühl in ihre Gliedmaßen zurück, aber es fühlte sich immer noch an, als nähme sie die Welt durch eine Watteschicht wahr.
    Ein Schritt nach dem anderen. Jeder einzelne war eine Herausforderung. Doch sie kamen voran.
    Der Gang war dunkel. Nur in weiter Ferne konnten sie ein schwaches Licht erkennen. Dem gingen sie entgegen. Una hatte Angst. Sie konnte sich nicht vorstellen, was nun kommen würde. Und sie war sich sicher, dass auch Kanura es nicht wusste.
    Das Licht schimmerte blau. War ihr der Tunnel eben noch viel zu lang vorgekommen, so hoffte sie nun, noch nicht so bald am Ziel zu sein. Am Ziel würden nur neue Gefahren auf sie warten.
    Kurz vor dem Ende des Tunnels hielt Kanura sie an der Schulter zurück. Er drehte sie zu sich, nahm sie in die Arme und küsste sie lange und intensiv. Sie spürte seine Kraft. Es war, als hauche er neues Leben in ihren geschundenen, vergifteten Körper. Am liebsten hätte sie ihn nicht mehr losgelassen. Doch schließlich trennten sich ihre Lippen. Sanft strich er ihr eine Haarsträhne aus den Augen. Dann schob er sie hinter sich.
    » Ich gehe vor « , sagte er nur.
    Sie blieb dicht hinter ihm. Erst konnte sie hinter dem großen Mann gar nichts sehen, dann wurde die Welt blau. Sie traten in eine Höhle. Bevor Una noch etwas Genaues erkennen konnte, spürte sie die Feuchtigkeit der Luft. Sie lugte hinter Kanuras breitem Rücken hervor und erstarrte.
    Das waren also Nymphen. Dicht an dicht hingen sie an den Wänden wie voluminöse Seidenkleider und konnten augenscheinlich nicht dort weg. Seit Jahrhunderten, hatte Kanura gesagt. Seit Jahrhunderten hatte man keine mehr gesehen. Also hingen sie vermutlich auch schon so lange dort. Der Gedanke war schrecklich.
    Der kreisrunde Weiher in der Mitte ließ Una erschauern. Er erinnerte sie zu sehr an den in Sto-Nuyamen, in dem sie beinahe den Tod gefunden hatte. Sie würde sich nicht wundern, wenn die beiden miteinander verbunden wären. Dann erinnerte sie sich: Alle Quellen waren miteinander verbunden.
    Kanura stand neben dem Wasser und drehte sich im Kreis, versuchte, jeder einzelnen der Nymphen ins Gesicht zu sehen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Es waren zu viele, und mit jedem Blick schienen es mehr zu werden, als wären sie in jeder Spalte, jedem Knick des Felsens verborgen. Fixierte man den Blick auf nur eine, war man überwältigt von der filigranen Schönheit. Versuchte man, alle zu erfassen, war man schlichtweg überfordert.
    » Edle Nymphen « , sprach Kanura. » Ich bin Kanura von den Ra-Yurich. Ssenyissa kam zu mir. Helft mir, euch zu helfen. «
    Das blaue Flattern wurde stärker. Una meinte, einen Gesang zu vernehmen, doch er erreichte ihr Ohr nicht, sondern senkte sich direkt in ihr Sein.
    » Retter nannte sie mich « , fuhr er fort. » Und Retter will ich euch werden, so ich kann. Doch ich bin unwissender, als ich sein sollte. Kein altes Lied erhellt mir meine Aufgabe. Wie kann ich euch befreien? «
    Eine

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