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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sie unter seinen Fingern. Der Reif entglitt ihm, und ein wilder Schrecken durchfuhr ihn. Für einen Augenblick fürchtete Esteron, das kostbare Stück verloren zu haben. Dann merkte er, dass sich das Krönchen nur nach hinten auf sein Handgelenk geschoben hatte wie ein Armreif.
    Er griff zu, doch seine Finger – endlich frei – glitschten über glatte Steine, Haut wurde aufgekratzt. Es riss ihn wieder fort.
    Als ihm schwarz vor Augen wurde, stieß er seine freie Faust nach oben, als müsste er durch eine Mauer schlagen. Er musste unbedingt atmen! Seine Hand suchte nach Halt. Wo waren die Steine hin, die er eben noch ertastet hatte? Er konnte sie nicht wiederfinden.
    Doch dann fand er etwas. Oder es fand ihn.
    Etwas berührte seinen Arm, griff nach ihm. Was umklammerte ihn da? War das der Feind? Hatten die Uruschge sie wieder aufgespürt? Sie würden leichtes Spiel haben mit zwei Tyrrfholyn, die schon so gut wie ertrunken waren.
    Während er noch in letzter Panik alle Möglichkeiten durchspielte, die sich ihm mit grausiger Konsequenz eröffneten, zog ihn die unbekannte Kraft empor. Sein Kopf tauchte aus den Fluten. Verzweifelt holte er Luft, versuchte, das Wasser aus den Augen zu blinzeln.
    Was ihn hielt, war eine Hand. Diese gehörte einer Frau.
    Konnten Uruschge so aussehen? Der Hra konzentrierte sich und zog an Perjanus Arm. Seine Muskeln spannten sich, zerrissen fast im Kampf gegen die Fluten, die den Freund behalten wollten. Doch Esteron hatte nicht vor, ihnen den Schanchoyi zu überlassen.
    Im wilden Rauschen seiner überlasteten Ohren hörte er nun auch die Frau vor Anstrengung schreien. Oder war es ein Kampfschrei? Sie ließ ihn nicht los. Er sah, wie sie sich mit den Füßen gegen eine Steinumrandung stemmte und vor lauter Anstrengung nach hinten fiel. Ein Ruck ging durch ihn, denn noch hatte sie ihn nicht losgelassen. Sein Oberkörper landete auf dem Boden, bog sich über den Steinrand. Er zog Perjanu hinter sich her. Nun waren beide mit dem Kopf aus dem Wasser. Der alte Gelehrte keuchte und hustete.
    Gut. Er lebte noch. Sie beide lebten noch. Und vielleicht war diese Frau ja nicht einmal ein Feind. Sie zog immer noch an ihm, während er sich weiter aufs Trockene schob, ohne seinen Freund loszulassen.
    Dann lagen sie da: er und Perjanu und diese fremde Frau, die inzwischen losgelassen hatte, auf der Seite lag und ebenfalls heftig nach Atem rang.
    Esteron erkannte an ihrer Aura, dass sie ein Mensch war. Eine Menschenfrau hatte ihn und den Gelehrten aus den Fluten gezogen. Es war immer wieder erstaunlich, zu welchen Taten diese doch viel schwächeren Wesen fähig waren, wenn sie sich etwas wirklich in den Kopf setzten.
    Eine Weile war nur ihr Keuchen zu hören, und es war die Frau, die als Erste zu Atem kam. Immerhin hatte sie kein Wasser geschluckt.
    » Das müssen Sie mir erklären! « , forderte sie noch etwas atemlos. » Das verstehe ich nicht! Wie kann man in einem so seichten Gewässer fast ertrinken? «
    Er schwieg und ließ seine Wahrnehmung ausströmen, schickte seine Sinne aus, um zu erkennen, wo sie gelandet waren. Er erkannte nichts, obwohl er der Hra war. Wäre er noch in Talunys, er hätte spüren müssen, dass dies sein Reich war. Aber dem war nicht so. Das hier war nicht sein Reich.
    » Wo sind wir? « , fragte er nun im Gegenzug.
    Erstaunlicherweise begann die Frau zu lachen.
    » Wie in einem schlechten Buch « , sagte sie kryptisch und schüttelte den Kopf, dass ihre feuerroten Locken wippten. » Nur umgekehrt. Die Heldin, vom Helden gerettet, schlägt die Augen auf und wispert ›Wo bin ich?‹ – Immer wieder erquicklich, wenn Klischees plötzlich zu Wirklichkeit werden. «
    Esteron blickte sie verständnislos an. Da er nicht wusste, was er antworten sollte, ließ er den Blick über die Umgebung schweifen. Sie lagen – noch mit den Beinen im Wasser – an einer Quelle, die ein sehr kleines Flüsschen speiste. Niemals hätte dieser Bach eine solche Kraft und Strömung entwickeln können, wie sie sie eben erlebt hatten. Auch schien er eher flach. Es war kein Wunder, dass die Menschenfrau ihren Augen kaum trauen mochte. Hier fast zu ertrinken, musste ihr sehr dumm erscheinen.
    » Vielen Dank, dass Ihr uns gerettet habt, edle Frau « , beeilte er sich nun zu sagen. Die Lachfalten um ihre Augen zuckten, doch Esteron war sich nicht sicher, was so lustig an seiner Dankesbekundung sein sollte.
    » Bitte. Gern geschehen. Sagen Sie mal, hat es eine bestimmte Bewandtnis mit dem Baden in einer

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