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Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition)

Titel: Die Quellen der Malicorn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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erstarren, fast wie ertappt. Es wandte sich nicht um, und Irene konnte weiterhin nur die Rückfront begutachten. Der sandfarbene Schweif zuckte hin und her.
    Esteron lachte.
    » Den vermisst hier kein Bauer « , sagte er. » Perjanu, wenn ich gewusst hätte, dass du solchen Hunger hast, hätte ich den Salat mit dir geteilt. Komm her! «
    Es war der sanfteste Befehl, den Irene je gehört hatte, dennoch war es unmissverständlich ein Befehl.
    Das Pferd bewegte sich seitwärts, dann schnaubte es seufzend und lief um die Mauer herum auf Irene zu. Sie spürte, dass der Arm Esterons sie plötzlich stützte, als erwarte er, dass sie fiel. Wie mit Verspätung nahm sie das Wesen mit all seinen Besonderheiten wahr.
    » Du hast gefragt, wer wir sind, Zaubergelehrte Irene. Hier hast du deine Antwort. «
    Das Tier senkte sein Horn und legte es in Irenes ausgestreckte Hand. Die Berührung war fremd und seltsam.
    Ihr fiel nicht ein einziges passendes Wort ein, und das geschah ziemlich selten.

Kapitel 36
    Vor ihnen erstreckte sich ein Bauwerk, das wie eine Burg wirkte, nur dass es aus vielen mächtigen Einzelgebäuden bestand. Diese waren mit breiten, geometrisch anmutenden Übergängen und in lichter Höhe durch Brücken verbunden wie ein Architekturkonstrukt von Escher – verwirrend, seltsam schräg verwinkelt, prächtig und doch verstörend. Ein wuchtiger Wall umfriedete das Ganze, doppelzinnig und wehrhaft wie die chinesische Mauer.
    Burgruinen hatte Una schon einige gesehen – sowohl in Deutschland, als auch in Irland –, aber diese erinnerte vom Stil her an nichts, was sie kannte. Obgleich die Gebäude nicht zerfallen waren, wirkten sie nicht bewohnt, sondern seltsam düster und still.
    Una hatte den Namen des Kentauren, auf dem sie ritt, nicht erfahren. Er hatte ihn ihr nicht genannt. Überhaupt sprachen die seltsamen Mischwesen wenig, nicht einmal untereinander. Und wenn sie es taten, waren sie zueinander genauso unfreundlich wie zu ihren Gefangenen.
    Una wusste immer noch nicht, warum man sie gefangen genommen hatte. Sie hatte doch nichts mit dieser Sache zu tun – worum auch immer es dabei überhaupt ging! Sie gehörte noch nicht einmal hierher! Doch wer scherte sich schon in einem Krieg darum, ob man Teilnehmer war oder nur unschuldig in die Sache verwickelt wurde?
    Und es musste sich um so etwas Ähnliches wie einen Krieg handeln – zumindest schien es ihr so. Doch was die Kentauren genau von ihr und vor allem von Kanura wollten, würden sie wohl erst noch herausfinden. Von ihr selbst vermutlich gar nichts. Sie war nur das Faustpfand, das Druckmittel, nachdem sich Kanura für ihre Sicherheit eingesetzt hatte. Una zitterte, als sie daran dachte, was man ihr antun würde, sollte der Tyrrfholyn die Kerle verärgern.
    Kerle, wiederholte sie in ihren Gedanken. Tatsächlich war nicht eine Stute unter der Kentauren, soweit sie das hatte sehen können. Eine reine Männergesellschaft. Falls Kentauren Testosteron hatten, so war hier entschieden zu viel davon versammelt. Das war nie gut für ein friedliches Zusammenleben.
    Was wollten die nur? Und wem gehörte diese Burg?
    Die Kentauren donnerten über eine hölzerne Zugbrücke, sodass deren altes Holz unter ihren Hufen staubte. Der erste Innenhof war düster. Breite Torbögen führten in weitere Teile der Anlage.
    Unas Träger stieg auf die Hinterhufe, und sie rutschte sofort von seinem Rücken und landete unsanft im Dreck. Das hatte er wohl beabsichtigt. Er hätte sie auch einfach auffordern können, abzusteigen, doch er sprach auch jetzt noch nicht mit ihr, schlug nur fast nebensächlich mit seinen Hinterläufen nach ihr aus. Una duckte sich tiefer in den Staub, um nicht von seinen Hufen getroffen zu werden.
    In nächsten Augenblick war auch Kanura da, flankiert von gleich vier Kentauren. Sie hatten offenbar Respekt vor seinen Fähigkeiten. Wieder formierten sich die Zwitterwesen im Kreis um sie beide.
    » Wandle dich, Hornträger! « , befahl der Graue. Als Kanura nicht gleich reagierte, zerrte einer der umstehenden Kentauren Una vom Boden hoch, und sie spürte kalten Stahl an ihrem Hals.
    Sie erstarrte, und trotz ihrer Panik sagte sie nichts, rührte sich nicht, begriff, dass der Tod keinen Millimeter weit entfernt war. Als sie schluckte, spürte sie die Schärfe der Klinge an ihrer Haut.
    » Wandle dich. Ich sage es nicht noch einmal. «
    Kanura stieg. Und stand als Mann da. So groß und kräftig er war, so überragten ihn die meisten Kentauren nun doch.
    Die

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