Die Quellen Des Bösen
zum Stadttor, und einer wird dich dorthin begleiten. Die anderen sind schon alle dort.«
»Ich bin nicht hungrig, ich möchte nur weg«, versuchte der ehemalige Kabcar von Tarpol dem Angebot zu entgehen. »Ich suche mir ein Boot.«
Energisch kam der Gardist auf ihn zu und trieb ihn mit seinem Speer vorwärts. »Zuerst wird gegessen, Bettler.«
»Zurück!« Lodrik berührte das Gesicht des Mannes. Er setzte seine Kräfte ein. Ein kaum sichtbares, blaues Flimmern erschien.
Die Augen und Pupillen des Wärters weiteten sich vor Entsetzen, bevor er sich in Herzhöhe an die Brust griff und lautlos auf dem Pflaster zusammenbrach. Den Herzschlag suchte der einstige Herrscher vergebens. So, wie der Mann aussah, starb er vor Angst und Grauen.
Ich darf hier nicht als Bettler durch die Gegend laufen. Er rannte die Gasse hinunter und hastete um mehrere Ecken.
In einem öffentlichen Badehaus machte er Rast und entledigte sich mit schnellen Schnitten seines blonden Bartes. Die blonden Haare wusch er eilig. Seine völlig verdreckten Kleider landeten in einem ruhigen Moment in der Brennkammer des Kessels, der für warmes Wasser in den künstlichen Thermen sorgte.
Einmal mehr fielen ihm beim Blick in den Spiegel die Veränderungen an ihm auf.
Lodrik bestand nur noch aus Haut und Knochen, das Gesicht war dürr und traurig, tiefe Falten lagen um Augen, Mund und Nase. Seine Haut schien auszubleichen, die Fingernägel gewannen an Härte und wuchsen so schnell, dass er mit Schneiden kaum nachkam.
Nein, so wird dich bestimmt niemand erkennen , dachte er schwermütig. Er kleidete sich in ein passables Gewand, in dem man ihn für einen Kaufmann halten konnte, und trat wieder hinaus auf die Straße, die übrigen Habseligkeiten auf dem Rücken tragend.
Lodrik blinzelte wegen der Helligkeit, die draußen herrschte, suchte sich ein schattiges Plätzchen und überlegte.
Er musste Govan aufhalten, aber angesichts der immensen magischen Überlegenheit seines ältesten Sohnes hatte er Zweifel, wie er sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte. Noch immer vermochte er sich nicht zu erklären, was es mit seiner Magie auf sich hatte. Zwar setzte er sie ein, aber was sie bei einem Gegner bewirkte, davon wusste er nichts.
Wo ist sie hin?, fragte er sich zum zigsten Mal. Und was macht er damit? Absorbiert er sie und fügt sie seinem eigenen Potenzial hinzu? Raubt er sie und gibt sie einfach frei?
Der einstige Kabcar wusste, dass seine eigenen Kräfte reduziert worden waren, fast auf nichts, so hatte es den Anschein.
Doch Govans magischer Diebstahl schien noch etwas anderes angerichtet, seine Kräfte verändert zu haben. Lodrik erzielte Wirkungen, die er so nicht wollte und keinesfalls kontrollierte. Es war wie das Abfeuern einer Waffe, ohne genau zu wissen, wohin das Geschoss flog und was den Lauf eigentlich verließ.
Anstatt den Gegner zu Asche zu verbrennen, was ihm früher ein Leichtes gewesen war, wirkte die Magie nun auf den Verstand, den Geist seiner Opfer. Die Modrak gebärdeten sich vor Furcht handzahm, der Gardist starb anscheinend am Schrecken …
Ich verbreite das Grauen, grübelte er und kratzte gedankenverloren über einen Holzbalken, in dem der harte Fingernagel eine tiefe Rille hinterließ. Ein kleiner Span fiel auf das Kopfsteinpflaster . Ich habe mich zu etwas gewandelt, das wohl jenseits eines üblichen Menschen zu sein scheint. Soll das Vinteras Zeichen an mir sein? Gebe ich das Grauen weiter, das ich aus der Welt der Toten herüberbrachte?
Mit den vielen Ungewissheiten beschäftigt, bemerkte er die ältere Frau, die sich seinem schattigen Refugium zügig näherte, eher zufällig.
Geh weg.
Die einfache Frau verlangsamte ihr Tempo, die Füße hoben und senkten sich deutlich zögerlicher. Sie schaute in die verdunkelte Gasse, blieb stehen. Ihre Augen spähten alarmiert ins Zwielicht.
Geh weg!
Vorsichtig machte sie einen Schritt nach hinten, presste das Bündel mit Waren, das sie bei sich trug, wie zum Schutz eng an ihren Körper. Ihr Gesicht verriet Lodrik, dass ihr die Stelle, an der sie gewiss seit Jahren entlangging, plötzlich nicht mehr geheuer war.
Er beobachtete sie nun voller Aufmerksamkeit. Verschwinde!, befahl er unhörbar.
Die Städterin fuhr mit einem leisen Schrei zusammen, als hätte er ihr einen Peitschenhieb verabreicht, wich tastend zurück, bis sie sich auf den Fersen umdrehte und den Weg hinunter rannte, den sie gekommen war.
Ich muss die Leute offensichtlich nicht einmal berühren. Die Magie
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