Die Quellen Des Bösen
dem Schwimmenden zuwarf.
Die Soldaten waren durch das Planschen aufmerksam geworden und rannten die Böschung hinab, um nachzuschauen, was sich ereignete.
Inzwischen zogen Lodrik und der Matrose den Mann die Bordwand hinauf.
Wie ein nasser Sack plumpste er auf die Bretter, seine Kleidung wies deutliche Bandspuren auf, in seinem Gesicht und auf seinen Armen pellte sich die verbrannte Haut. Keuchend spie er Repolwasser auf die Planken, bevor er auf Ellbogen und Knien hinter ein Fass robbte, um sich zu verbergen.
»Bringt den Bettler unverzüglich an Land!«, befahl ein Soldat. »Im Namen des Kabcar, legt an. Ihr gewährt einem geisteskranken Verbrecher Unterschlupf. Er hat den Brand in der Scheune absichtlich gelegt.«
»Das habe ich nicht zu entscheiden«, rief der Matrose zurück. »Wartet!« Er rannte zur Kajüte des Schiffsmeisters.
Lodrik hockte sich vor den Zitternden. »Was ist dir widerfahren, Freund?«
»Beschützt mich, Herr«, flehte der Bettler voller Entsetzen. »Sie wollen mich wie die anderen verbrennen. Zu Ehren Tzulans!«
»Wird’s bald?!«, tönte es von der Uferseite her. Die Soldaten rannten noch immer parallel zu dem schwerfälligen Kahn am Fluss entlang.
Der Zerlumpte rutschte noch weiter zurück in sein Versteck. »Sie gaben uns Wein, bis alle betrunken waren, und sperrten uns in die Scheune, um sie in Brand zu stecken. Ich fand einen halbwegs sicheren Ort und flüchtete, als sie einen Moment lang nicht aufpassten«, flüsterte er erstickt. »Der Gouverneur war auch dabei und pries Tzulan, zusammen mit den anderen.«
Der Schiffsmeister erschien, wechselte ein paar Worte mit den Uniformierten und befahl dann das Anlegen. Als sich mehrere Matrosen dem Bettler näherten, um ihn festzuhalten, sprang er mit einem Aufschrei nach vorn, stieß sämtliche Hindernisse zur Seite und stürzte sich auf der linken Seite über Bord, um an das andere Ufer zu gelangen.
Doch bald verließen den Verletzten die Kräfte. Ohne einzugreifen, beobachteten Soldaten und Schiffer, wie der angebliche Verbrecher prustend und hustend versank und von der Natur seine gerechte Strafe erfuhr.
Die Gardisten waren ebenso zufrieden mit dem Ausgang der Angelegenheit wie der Eigentümer des Kahnes, weil er nicht mehr anlegen musste. Bald gingen alle an Bord wieder ihren ursprünglichen Tätigkeiten nach.
Zuerst die Totendörfer …, begriff Lodrik, während er die Wirbel betrachtete, die der sinkende Körper des Unglücklichen auf der ruhigen Oberfläche des Repols hinterließ, bevor die schwache Strömung sie davontrieb, und jetzt die Bettler und Vagabunden. Wann wird Govan sich an meinen anderen Untertanen vergreifen?
Deprimiert, müde und geblendet von der Helligkeit der immer höher steigenden Sonnen, begab er sich unter Deck, wo er sich eine kleine Kabine gemietet hatte, und legte sich in die harte Koje.
Zweihundert Warst legte Lodrik auf dem Strom durch die Nutzung von Kähnen zurück, bis er sich endlich dazu durchrang, eine Beschwörung zu wagen.
Dazu ging er beim nächsten Aufenthalt an Land, erstand ein kleines Zelt, die benötigten Utensilien und etwas Proviant, um die kommenden Tage in einem abgelegenen Waldstück in aller Abgeschiedenheit zu verbringen, damit niemand seine Versuche bemerkte.
Auf einer winzigen Lichtung in der Tiefe eines Tannenhains baute er die Kerzen auf, ritzte die Schriftzeichen, so gut er sich an sie erinnern konnte, mit einem Messer in den Boden und rammte das Henkersschwert im Zentrum des Kreises in die Erde.
Gefasst nahm er vor der Waffe Platz und versuchte, sich mit aller Inbrunst die Wortlaute ins Gedächtnis zu rufen, bevor er auch nur eine einzige Silbe von sich gab.
Ein letzter Blick zu den schimmernden Sternen über sich, und Lodrik begann.
Nach einer Stunde musste er sich eine Pause gönnen. Schweißgetränkt nahm er einen langen Zug aus dem Trinkbeutel und schüttete sich etwas Wasser ins Gesicht. Ans Aufgeben dachte er noch lange nicht.
Kaum hob er von neuem an, leuchtete das erste aufgeschmiedete Bannzeichen knapp unterhalb des Heftes türkisfarben schimmernd auf. Ein Stöhnen, ein schweres Seufzen war zu hören. Es geht doch.
Standen einst seine Nackenhaare beinahe senkrecht ab, spürte er nun kein bisschen Furcht mehr vor dem, was die Klinge verlassen sollte und ihn erwartete.
Seine Lippen formten ungerührt die Beschwörungssprüche, bis das nächste Symbol auf der Klinge erglühte; der dritte Bannspruch glomm direkt danach auf. Schließlich breitete sich ein
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