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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Ricksele schnellte nach vorn und griff in letzter Sekunde nach dem Gürtel des Mannes, um ihn vor seinem absichtlichen Sturz zu bewahren.
    »Sie hat ihm verziehen.« Waljakov schaute zu seiner Geliebten und legte ihr einen Arm um die Schulter, küsste sie auf die Schläfe. »Und ich behalte meine Sinne bei mir.«
    Der Aufschrei der Kalisstronin kam unvermutet. Als er zum Abgrund blickte, sah er, wie der Geschichtenerzähler sich an seinem Gürtel zu schaffen machte. Die Schnalle öffnete sich, der Lederriemen rutschte augenblicklich durch die Laschen. Ohne ein Wort des Abschieds sackte der Mann in die Tiefe. Rickseles Geist verschwand in einem regenbogenfarbenen Schimmern, der Gürtel fiel auf den Stein.
    Waljakov sparte sich den Weg an die Kante. Einen solchen Sturz überlebte niemand.
    Håntra warf sich gegen seine Brust. »Warum hat er das getan?«
    »Es bleibt nicht viel«, brummte der Hüne, überrascht von der Handlungsweise des Mannes. »Schuldgefühle oder Liebe, um mit ihr im Tod vereint zu sein.«
    »Wäre es sehr schlimm, wenn ich ihm die Liebe unterstelle?«, meinte die Priesterin gerührt, während sie hinaus aufs Meer blickte.
    Waljakov schüttelte den Kopf und trat hinter sie, schlang die Arme um ihren Leib. Schweigend beobachteten sie, wie das aufziehende Unwetter den Himmel und das Meer verdunkelte.
    »Kommt endlich rein!«, rief einer der Türmler zu ihnen herab. »Der Sturm wird euch sonst noch davontragen.« Er schaute sich um. »Wo ist Tøngafå?«
    Waljakov löste sich von Håntra, um über die Klippen nach unten zu schauen. Die Leiche es Mannes blieb verschwunden.
    »Gegangen«, antwortete er und trat mit Håntra in den Turm.
    Die beiden verbrachten die Nacht im Notlager des Beobachtungspostens und teilten das Bett miteinander. In diesen Stunden kamen sich so nah wie niemals zuvor und genossen die gegenseitige Zuneigung, wie es glücklich Verliebte tun. Als sie am nächsten Morgen nach Bardhasdronda zurückkehrten, besuchten sie zuallererst Arnarvaten, um ihm vom Tod seines Vaters und den Umständen des Ablebens zu berichten.
    Der Geschichtenerzähler erlitt einen leichten Schock. Ausgerechnet er hatte die Begebenheit zu seiner Geschichte gemacht, die seinen Vater ungewollt in den Mittelpunkt eines tragischen Geschehens rückte.
    Unter Tränen dankte er für das Überbringen der Nachricht und verließ das Zimmer. Fatja nickte den beiden zu und folgte ihrem Mann, um ihm in seinem Schmerz beizustehen.
    Ein wenig traurig, tief im Innern jedoch erleichtert, dass Ricksele ihren Frieden gefunden hatte, spazierten sie durch die Stadt, die das kleine Unwetter unversehrt überstanden hatte.
    »Ich habe einen Entschluss gefasst«, eröffnete Håntra unterwegs. »Ich werde aus dem Tempeldienst ausscheiden und mit dir nach Ulldart kommen, wenn du eines Tages gehst.« Die grünen Augen der Priesterin hefteten sich liebevoll auf das Gesicht des Kriegers, um an seiner Miene abzulesen, was er davon hielt.
    Waljakov war überwältigt, strahlte sie an. Dann aber erlosch die Freude. »Es wird schon bald so weit sein. Ich weiß nicht, ob ich lebend aus diesem Kampf zurückkehre«, sagte er ihr ehrlich. »Sollte mir etwas geschehen, säßest du mutterseelenallein auf einem fremden Kontinent.« Er sah ihr die Enttäuschung an. Die ganzen Jahre über habe ich niemanden gefunden. Ausgerechnet nun, nun muss ich gehen. Er streichelte ihr Gesicht, schluckte. Ich werde mein Glück nicht mit Füßen treten. »Ich verspreche dir, dass ich zurückkehre und dich holen werde. Zwei Jahre sollst du warten. Halte ich diese Frist nicht ein, suche dir einen guten Kalisstronen.«
    Håntra küsste seine Fingerspitzen. Sie würde auf ihn warten, egal wie lange es dauerte. Mit einem Lächeln legte sie den Kopf an seine Brust. »Aber bis ihr nach Ulldart aufbrecht, wird noch Zeit vergehen, die wir für uns nutzen können.« Sie schaute ihn von unten an. »Wirst du den anderen sagen, was am Feuerturm geschehen ist?«
    Waljakov verneinte. »Ich berichte Lorin, dass sich das Ganze zum Guten gewendet hat. Alles andere ist Arnarvatens Angelegenheit. Ich werde mit niemandem darüber reden, weil es der Abschluss einer Geschichte ist, die schon lange zurückliegt und nur noch in den Erzählungen weiterlebt.« Er berührte ihr schwarzes Haar mit den Lippen. »Und so mag es von mir aus bleiben.« Mit diesen Worten löste er sich von ihr und schritt die Straße entlang, um die Freunde zusammenzurufen.
    Die Zeit schien nun wirklich reif, die Dinge

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