Die Quellen Des Bösen
das, oder soll ich erzählen?«
»Nein, es muss gehen. Ich härte allmählich ab.« Fatja seufzte. »Ich habe bereits angefangen, meine Erscheinungen niederzuschreiben, damit ich nichts, auch nicht das Geringste vergesse. Ich ergänze meine Aufzeichnungen entsprechend, wenn mir nachträglich etwas auf- oder einfällt.« Sie unterdrückte ein Gähnen.
Matuc lächelte sie an. »Du bist müde von der Reise. Leg dich ins Bett und ruh dich aus.«
»Wir wollten die Übrigen doch von …«
»Sie sind noch genügend mit dem Tod von Stápa beschäftigt«, meinte der Geistliche und hielt ihr den Vorhang auf, der die Schlafstellen vom Wohnzimmer sowie der Küche trennte. »Es wird ohnehin dauern, bis Waljakov hier ist. Ich möchte ihn keinesfalls im Unklaren lassen. Morgen ist auch noch ein Tag.«
Fatja gab den Widerstand auf und schlurfte müde in Richtung Bett. Kaum lag sie mit dem Kopf auf dem Kissen, versank sie ihn tiefen Schlaf. Behutsam deckte Matuc sie zu, wie er es in ihren Kindertagen gemacht hatte, und humpelte hinaus.
Dann suchte er die Skizzen aus dem Schrank, die er bereits vor Jahren gezeichnet hatte und die einen bescheidenen Ulldrael-Tempel darstellten.
Hier errichte eine Festung des Glaubens, Gerechter , hielt er stumme Zwiesprache mit seinem Gott. Und mit den Kalisstri, die voller Eifer für dich sind, werde ich die Ulldarter zu dir zurückführen. Wie mir scheint, benötigt meine Heimat eine leitende Hand und eine mahnende Stimme mehr denn je.
Der Geistliche erhob sich, raffte die Skizzen an sich und machte sich auf den Weg zu den Gewächshäusern am Hafen, um seine Gläubigen wie gewöhnlich in den Lehren Ulldraels zu unterrichten.
Waljakov warf sich keuchend ins spärliche Gras, die schweren Gewichte fielen rechts und links zu Boden.
Nach Atem ringend, wälzte er sich auf den Rücken und schnaufte die vorüberziehenden Wolken an. Seine Beine brannten wie Feuer, und die Muskeln revoltierten gegen die Belastung, die der K’Tar Tur ihnen abverlangte.
Täglich erklomm er die steilen Stufen vom Strand hinauf zum Felsenplateau in rasantem Tempo und beschwerte sich zusätzlich mit zwei Steinplatten. Was er von anderen verlangte, machte er stets selbst vor, so hatte er es immer gehalten, und so führte er es fort.
Bald werde ich nur noch die Kranken und Schwachen ausbilden können . Ächzend stemmte er sich auf die Ellbogen und schaute um sich. Verfluchtes Alter.
Einer der Kalisstri, die auf der Aussichtsplattform des Feuerturmes standen und den Horizont nach Segeln absuchten, winkte grüßend in seine Richtung.
Die Maßstäbe, die der einstige Leibwächter Lodriks und Waffenmeister Lorins an sich selbst anlegte, brachten immer noch die meisten Bewohner der Stadt zum Aufgeben, von wenigen Ausnahmen wie seinem Schützling oder Rantsila einmal abgesehen.
Und dennoch stellte ihn das nur schwer zufrieden.
Waljakov verschränkte die Arme hinter dem kahl rasierten Schädel und sank nach hinten, schloss die eisgrauen Augen und genoss den warmen Wind, der Richtung Meer strich.
Kurz bevor er eindöste, fiel ein Schatten über ihn, der ihn aus dem Zustand des Dämmerns riss. Er blinzelte gegen die Sonnen und schaute auf die Silhouette einer Frau, die ihn musterte. Der Tracht, den schwarzen Haaren und den grünen Augen nach zu schließen, handelte es sich um eine Kalisstronin.
»Kann ich dir helfen?«, fragte Waljakov mürrischer als beabsichtigt. »Ich mag es nicht besonders, angestarrt zu werden.« Ich hätte sie eigentlich hören müssen. Ich liege direkt an den Stufen. Verdammtes Alter. Früher wäre ich nicht überrascht worden.
»Nein, Ihr könnt mir nicht helfen«, entgegnete sie freundlich. »Ich möchte nur hier vorbei.« Ohne lange zu zaudern, machte sie einen großen Schritt über den Ulldarter hinweg und ging langsam in Richtung des Turmes.
Waljakov bekam plötzlich ein schlechtes Gewissen. »Wartet!« Er sprang auf und lief hinter der Frau her, deren Alter er auf fünfunddreißig schätzte. »Ich habe es vorhin nicht so gemeint.«
»Dabei habt Ihr doch gar nicht viel gesagt«, gab sie kess zurück. »Ihr seid kein Kalisstrone, wie ich sehe. Eure Rüstung ist ebenso unüblich wie Eure hoch gewachsene, breite Statur.« Sie nickte. »Sehr männlich.«
Waljakov legte die mechanische Hand an den Säbelgriff. »Ich gehöre zur Mannschaft des Feuerturmes.«
»Sollte das Eure Vorstellung gewesen sein?« Ihre grünen Augen leuchteten belustigt. »Wenn Ihr Euren Namen nicht nennen wollt, so sollt
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