Die Quellen Des Bösen
ein sehr gutes Manöver. Ein Mensch wäre sicherlich tot.« Langsam setzte er die Spitze seiner Waffe an eine Gelenkstelle der Rüstung an der Seite des Körpers. »Nun triff Angor, Großmeister.«
Kapitel V
Kontinent Kalisstron, Bardhasdronda,
Frühsommer 459 n. S.
L orin kehrte schweißüberströmt von seinem Dienst zurück. »Meine Güte, was haben wir heute wieder alles gemacht.« Erschöpft, aber glücklich plumpste er auf den nächstbesten Stuhl, das Wehrgehänge polterte samt Schwert zu Boden, die Stiefel flogen durch die Luft. »Ich gönne mir mit ihnen die gleichen Quälereien, wie sie Waljakov mit mir angestellt hat. Und das tut mir selbst auch ganz gut.« Mit einem Seufzen lehnte er sich zurück und wackelte mit den Zehen. »Ich fühle mich fast so zerschlagen wie damals.«
»Wenn du bereit bist, könntest du nach Jarevrån sehen«, sagte Matuc ernst, der die Zeremonie von seinem Schaukelstuhl aus verfolgt hatte. »Ich glaube, es ist etwas passiert.«
Der Junge sprang auf. »Wo ist sie?« Er raffte seine Sachen an sich und wollte zur Tür eilen.
»Nein, sie wartet in deiner Kammer«, nickte der Mönch nach hinten. »Es geht um Stápa.«
Lorin rannte in die andere Richtung und fand die Kalisstronin mit roten, verweinten Augen auf seinem Bett sitzen, die Hände im Schoß zusammengefaltet. Als er ihren kummervollen Blick sah, wusste er, was geschehen war.
Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich neben sie und nahm sie in den Arm.
Jarevrån ließ ihrer Trauer freien Lauf und vergoss neuerliche Tränen um die geliebte Großmutter.
Irgendwann hob sie den Kopf, und ihre Augen suchten den Blick ihres zukünftigen Mannes. »Sie ist einfach eingeschlafen, hat Kalfaffel gesagt. Ich habe sie morgens im Bett gefunden, weil sie zu lange ruhte.« Sie schauderte. »Sie fühlte sich kalt an. Ich redete mir ein, sie sei nur krank.« Sie schnäuzte sich die Nase.
Auch Lorin wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln. »Sie war in den Jahren unserer Ankunft einer der wenigen Menschen in Bardhasdronda, die sich um die Fremdländler kümmerten, erzählte mir Matuc. Und ich kenne sie auch nur als furchtbar liebe, unerschrockene Person, die so gar nichts auf das Geschwätz der anderen gegeben hat.« Er küsste seine Braut auf die Stirn. »Wir sollten die Hochzeit verschieben.«
Jarevrån lächelte schief. »Nein, das würde sie nicht wollen.« Umständlich nahm sie einen Brief hervor. »Das ist ihr Testament. Sie vermacht mir ihr Haus und ihre Stallungen, damit wir beide darin leben sollen.« Lorin fühlte tiefe Rührung. »Und Matuc erhält ihr gesamtes Land zur Pacht auf Lebenszeit. Danach geht dieses Recht an diejenigen über, die Ulldraels Glauben in Bardhasdronda verbreiten.«
»Die gute Stápa«, meinte der Junge bewegt und hielt seine Braut umschlungen. Beide saßen lange so da, versunken im stillen Gedenken an die einst älteste Frau Bardhasdrondas.
Als sie nach einer ganzen Weile Matuc den Tod der alten Dame verkündeten, sah er sich in seinen Ahnungen bestätigt. Ihre Gabe an ihn überwältigte ihn so, dass er nichts darauf zu sagen vermochte. So beließ er es bei einem kräftigen Händedruck.
»Ich werde ihr zu Ehren eine neue Züchtung Süßknollen nach ihrem Namen nennen«, sagte er schließlich voller Dankbarkeit. »Hättest du etwas dagegen, wenn wir auf dem Land einen Tempel des Gerechten errichten würden? In der Stadt fehlt uns der Platz dazu.«
»Ich denke, dass es im Sinne meiner Großmutter wäre«, meinte Jarevrån. »Doch das Geld und die Materialien müsst Ihr Euch selbst besorgen. Ansonsten sucht Euch die Stelle aus, die Euch genehm ist.«
»Kiurikka wird sich in jedem Fall weniger gestört fühlen, wenn Ulldrael erst einmal nur vor den Stadtmauern zu finden ist und nicht unmittelbar neben dem Haus der Bleichen Göttin Einzug hält«, fügte Lorin hinzu. Er nahm die Kalisstronin an der Hand. »Wir gehen noch ein wenig den Strand entlang.«
Sie wollten die Unterkunft verlassen, als die Tür geöffnet wurde und Fatja mit strahlender Miene auf der Schwelle stand.
»Da bin ich wieder! Die große Geschichtenerzählerin aus dem fernen Kontinent Ulldart hat ihre Reise durch das Umland beendet und einen Sack voller Neuigkeiten mitgebracht. Habt ihr mich vermisst?« Sie bemerkte die ernsten Gesichter um sich herum. »Und wie es scheint, habe ich etwas verpasst …«
In aller Kürze berichtete Lorin vom Tod der Stadtältesten, während sich Jarevrån tapfer beherrschte, um nicht neuerlich in
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