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Die Quellen Des Bösen

Die Quellen Des Bösen

Titel: Die Quellen Des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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näherten.
    Du bist nicht mehr der Hohe Herr! , raunte es vielfach in seinem Kopf. Du warst tot. Du bist tot. Wir spürten es und zogen uns zurück, um abzuwarten. Ein anderer, Würdigerer sitzt an deiner Stelle.
    Ein Modrak löste sich aus der Gruppe der auch als Beobachter bekannten Kreaturen und reckte fordernd die Hand in seine Richtung.
    Gib uns das Amulett. Es steht dir nicht länger zu, Mensch. Wir bringen es ihm, damit er uns rufen kann, wenn er seine Diener benötigt.
    Der ehemalige Kabcar ahnte, dass er die Fassade eines Schreckensherrschers aufrechterhalten musste, und handelte.
    Die Klinge des Henkersschwerts beschrieb blitzend einen Halbkreis und trennte dem Wesen den Unterarm ab. Ein vielstimmiger Aufschrei schallte durch seinen Geist.
    »Ich bin der Hohe Herr«, verkündete Lodrik gebieterisch, und seine blauen Augen erstrahlten im Dunkel. »Ein anderer hat sich etwas genommen, was ihm nicht gebührt.« Der verletzte Beobachter hopste kreischend zurück und presste die Klaue gegen die offene Wunde, aus der eine unbestimmbare Flüssigkeit sprudelte. Lodriks Schwert deutete auf ihn. »Hegt jemand von euch Zweifel daran, dass ich der Hohe Herr bin, der trete vor und hole sich das Amulett.«
    Wir fürchten uns nicht vor Menschen. Ein zweiter, entfernt stehender Modrak drückte sich ab. Die Schwingen breiteten sich ein wenig aus und verliehen ihm die Möglichkeit, den Sprung durch ein kurzes Gleiten zu verlängern.
    Lodrik drehte sich in die Richtung des Angreifers, presste ihm die Hand mitten ins knochige Gesicht und aktivierte seinen spärlichen Rest Magie, um den Beobachter zur Abschreckung der Übrigen eindrucksvoll vergehen zu lassen.
    Das Resultat seiner Bemühung gestaltete sich anders, als er es von früher gewohnt war. Über das Antlitz des Modrak huschte ein grellblauer Blitz, der den Schädel für einen Sekundenbruchteil durchsichtig werden ließ, Gehirn und Augen, Sehnerven, Kiefer und Zähne durch die Haut erhellte und beleuchtete.
    Sonst geschah nichts.
    Der Mann zog seine leicht erwärmte Hand zurück. Was nun?
    Die Kreatur starrte ihn an, stand stocksteif und zitterte am gesamten Leib wie Espenlaub. Dann fiel sie vor ihm auf die Knie, küsste überschnell die bloßen Füße und kroch fluchtartig zurück an ihren Platz, während die restlichen Beobachter vorsichtshalber zurückwichen.
    Wir haben verstanden, Hoher Herr , hallte es furchterfüllt durch seinen Verstand. Strafe uns nicht, weil wir nicht begriffen haben .
    »Ich will, dass ihr euch weiterhin im Verborgenen haltet, bis ich weiß, wie ich euch im Kampf gegen den falschen Hohen Herrn einsetze«, rief er. »Haltet eure Augen offen und berichtet mir darüber, was der Hochstapler tut. Aber hütet euch. Er ist gefährlich.« Er hob die Arme. »Fliegt, Modrak!«
    Gehorsam erklommen die Wesen die Bäume und verschwanden in den Wipfeln.
    Ein paar Blätter segelten nieder, kleinere Äste knackten, dann hörte Lodrik nur noch das charakteristische Rauschen ihrer Flügel, die wirkten, als wären sie mit dunklem, von Adern durchzogenem Pergament bespannt worden.
    Nachdem er sich sicher war, dass sich keiner der Beobachter in seiner Nähe befand, hockte er sich rasch hin. Die Anstrengung und die Nutzung des Quäntchens Magie brachten ihn an den Rand der Besinnungslosigkeit.
    Und das Schlimmste daran war: Er hatte keine Ahnung, was er bei dem Modrak angerichtet hatte, der eigentlich wie eine Seifenblase hatte bersten sollen.
    Es scheint wirkungsvoll zu sein, sinnierte er. Aber es ist etwas, das ich noch nie vorher angewandt habe. Es muss etwas damit zu tun haben, dass ich starb und zurückkehrte. Meine Fertigkeiten haben sich gewandelt .
    Der einstige Herrscher über Tarpol und zwei Drittel Ulldarts betrachtete seine schäbige Garderobe. Nun, wenn ich mich schon entschlossen habe, meinem feinen Sohn das Leben zu einem nicht enden wollenden Schrecken werden zu lassen, möchte ich das wenigstens in etwas besserer Kleidung tun .
    Er stand auf, um dorthin zurückzukehren, wo er den Reiter getroffen hatte. Mit etwas Glück fand er irgendwo in den Trümmern des Totendorfes etwas Besseres zum Anziehen. Oder zumindest etwas weniger Zerschlissenes.
    Lodrik machte sich auf den Weg. Das Licht der Gestirne reichte ihm plötzlich völlig aus, um einen Fuß sicher vor den anderen zu setzen.
    Gezeichnet vom Jenseits , erinnerte er sich an die Worte der unheimlichen Frau, die er für Vintera hielt. Sie war das Gegenstück zu Ulldrael dem Gerechten. Wo sie ihre

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