Die Rache
erinnerte sich an Holly und Commander Root, an den Zentauren Foaly und natürlich auch an Mulch Diggums. Die anderen Dateien brauchte er gar nicht mehr anzusehen, das eine Wort hatte genügt. Er erinnerte sich an alles. Butler betrachtete den Zwerg mit neuen Augen. Alles war auf einmal so vertraut. Der bewegliche Haarwust, die o-beinige Haltung, der Geruch. Er sprang von seinem Stuhl und ging auf Mulch zu, der gerade den Minikühlschrank des Arbeitszimmers plünderte.
»Mulch, Sie alter Gauner. Schön, Sie zu sehen.«
»Aha, der Goldtaler ist also gefallen«, sagte Mulch, ohne sich umzudrehen. »Haben Sie mir etwas zu sagen?«
Butler blickte auf die halb offene Poklappe. »Ja, packen Sie Ihr Hinterteil lieber ein. Ich weiß, was das Ding für einen Schaden anrichten kann.« Dann fiel ihm ein Detail aus Artemis' Nachricht ein, und sein Schmunzeln erstarb. »Was ist mit Commander Root? Ich habe etwas von einer Bombe gehört.«
Mulch wandte sich vom Kühlschrank ab. Sein Bart war mit diversen Milchprodukten getränkt. »Ja, Julius ist tot. Ich kann's noch gar nicht glauben. Er war mir so viele Jahre auf den Fersen.«
Butler spürte, wie eine lastende Müdigkeit sich auf seine Schultern senkte. Er hatte im Lauf der Jahre zu viele Kameraden verloren. Dass nun auch noch Julius Root dazugehörte, schmerzte ihn, als hätte er einen Teil von sich selbst verloren. Doch er musste seine Trauer beiseite schieben, bis Artemis in Sicherheit war.
»Und das ist noch nicht alles«, fuhr Mulch fort. »Die da unten glauben, Holly hätte ihn umgebracht.«
»Das ist völlig unmöglich. Wir müssen sie finden.«
»Endlich ein vernünftiger Satz«, sagte Mulch und knallte die Kühlschranktür zu. »Haben Sie einen Plan?«
»Ja: Holly und Artemis finden.«
Mulch verdrehte die Augen. »Wirklich genial. Wozu brauchen Sie Artemis überhaupt?«
* * *
Nun, da der Zwerg seinen Bauch gefüllt hatte, setzten sich die beiden wieder vereinten Freunde an den Konferenztisch und brachten sich gegenseitig auf den neuesten Stand.
Butler reinigte seine Waffe, während er sprach. Das tat er in stressigen Zeiten oft. Es beruhigte ihn.
»Opal Koboi ist also irgendwie aus ihrer Spezialzelle entwischt und hat diesen komplizierten Plan ausgeheckt, um sich an allen zu rächen, die sie dort hineingebracht haben. Und obendrein hat sie das Ganze so gedreht, dass Holly als Schuldige dasteht.«
»Erinnert Sie das nicht an jemanden?«, fragte der Zwerg.
Butler polierte den Schlitten seiner Sig Sauer. »Artemis ist vielleicht kriminell, aber er ist nicht böse.«
»Wer hat denn von Artemis gesprochen?«
»Was ist mit Ihnen, Mulch? Warum hat Opal nicht versucht, Sie umzubringen?«
»Ach ja«, seufzte der Zwerg mit Märtyrermiene. »Die ZUP hat meine Mitarbeit mal wieder unterschlagen. Es kann ja nicht angehen, dass der Ruhm unserer Polizei-Officer durch die Verbindung mit einem bekannten Verbrecher befleckt wird.«
Butler nickte. »Das leuchtet mir ein. Damit sind Sie fürs Erste in Sicherheit, und Holly und Artemis leben. Aber Opal hat etwas mit ihnen vor. Etwas, das mit Trollen und den elf Weltwundern zu tun hat. Sagt Ihnen das etwas?«
»Was Trolle sind, wissen wir ja beide, oder?«
Butler nickte erneut. Er hatte vor nicht allzu langer Zeit mit einem Troll gekämpft. Zweifellos der härteste Kampf, den er je durchgestanden hatte. Kaum zu fassen, dass es der ZUP gelungen war, das aus seinem Gedächtnis zu löschen. »Aber was ist mit den elf Weltwundern?«
»Das ist ein Freizeitpark in der Altstadt von Haven. Die Unterirdischen sind ganz verrückt nach allem aus der Menschenwelt, also ist ein cleverer Milliardär auf die Idee gekommen, die Weltwunder der Menschen in kleinerem Maßstab nachbauen zu lassen und sie alle an einem Ort aufzustellen. Ein paar Jahre lief es ganz gut, aber ich glaube, der Anblick dieser Bauten erinnerte die Unterirdischen zu stark daran, wie sehr sie die Oberfläche vermissten.«
Butler ging in Gedanken eine Liste durch. »Aber es gibt nur sieben Weltwunder.«
»Es waren mal elf«, sagte Mulch. »Glauben Sie mir, ich habe Fotos davon. Wie dem auch sei, der Park ist mittlerweile geschlossen. Das ganze Stadtviertel ist seit Jahren verlassen, weil die Tunnel einsturzgefährdet sind. Und die Gegend ist voller Trolle.« Entsetzt hielt er inne, als ihm aufging, was er da gerade gesagt hatte. »O Götter - Trolle.«
Mit schnellen Bewegungen setzte Butler seine Waffe wieder zusammen. »Wir müssen dorthin. So schnell es
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