Die Rache
Kampf und der Blick auf den zerrissenen Lederhandschuh an seiner rechten Hand erinnerte ihn an die blutige Fahrradkette und den Hammer, den er unter seinem Sitz verstaut hatte. Wenn die Polizei ihn anhielt und diese Gegenstände fand, hatte er eine Menge zu erklären.
30
Als Julian und Nigel nach Salcombe zurückfuhren, brach McEwen die Ãberwachung ab und steuerte die Küstenstadt Kingswear an. Während der Fahrt kontaktierte Neil den Kontrollraum des CHERUB-Campus
und erfuhr von dort, dass das Boot Brixton Riots einer bulgarischen Scheinfirma gehörte und über sie versichert war.
Der kleine BMW fuhr die Küste entlang, bis McEwen und Neil auf den rostigen, im Blau der Autobahnschilder lackierten Trawler stieÃen. McEwen parkte etwa achtzig Meter vom Boot entfernt hinter einer Reihe von Pollern und holte ein kompaktes Nikon-Fernglas unter dem Sitz hervor.
»Keiner da, wie es scheint«, stellte McEwen fest und lieà das Fernglas über die gesamte Länge des Bootes und ein paar verrottete Fischernetze gleiten. Dann bemerkte er eine Aufschrift, die mithilfe einer Schablone auf das Oberdeck gesprüht worden war: Dieses Boot kann tage- oder stundenweise für geführte Angelausflüge gemietet werden! Telefonâ¦
McEwen las die Telefonnummer vor, und Neil tippte sie in seinen Laptop.
»Die Nummer gehört einem Mann namens Johnny Riggs«, sagte Neil, während er in der Datenbank des Geheimdienstes weitere Details über Riggs abrief. »Wohnt hier in der Gegend. Ist vor sieben Jahren pleitegegangen, mit dreihunderttausend Schulden. Keine Vorstrafen, drei Punkte auf dem Führerscheinkonto, weil er in einer 50er-Zone achtzig gefahren ist. Geschieden, muss per Gerichtsbeschluss Unterhalt für einen Sohn und zwei Töchter bezahlen.«
»Klingt für mich ziemlich ehrlich«, meinte McEwen, der weiterhin die Brixton Riots beobachtete. »Aber
hier liegen acht Boote, von denen die Brixton Riots das schäbigste ist. Die Radaranlage ist allerdings die gröÃte und neueste. Auf der Brücke kann ich mehrere LCD-Bildschirme erkennen, und hinten am Heck liegt irgendetwas Gelbes auf Deck, was wie ein Geschoss aussieht. Darauf steht Towmaster und ein Firmenname, so etwas wie ANT .«
Neil gab ANT Towmaster in seinen Laptop ein. Als die Suchmaschine fragte, ob er AMS Towmaster meinte, klickte er auf Ja, und gleich der erste Link unter den Antworten brachte ihn auf eine Seite mit dem Bild einer gelben, torpedoartigen Röhre.
»Advanced Marine Systems, Towmaster 66«, las Neil vom Bildschirm ab. »Sensitives Sonarsystem zur Seebeobachtung. Die Nummer eins für Bergungen, Unterwasserarchäologie und Ãlindustrie.«
»So machen sie das also«, stieà McEwen hervor und lieà das Fernglas sinken. »Ein groÃes Schiff steuert ins flache Wasser und wirft ein Paket mit Drogen, Waffen oder was auch immer ab. Dann fährt die Brixton Riot raus, holt das Zeug vom Meeresboden hoch und bringt es an die Küste.«
»Und was unternehmen wir jetzt?«, fragte Neil.
»Minikameras und Mikros an Bord«, entgegnete McEwen. »Ich kann mich auf das Boot schleichen und sie irgendwo anbringen. Wenn jemand fragt, sind wir nur Touristen, die sich für einen Angelausflug interessieren. Und auch hier an Land bringen wir Kameras an, um zu sehen, wann das Boot an- und ablegt. Wir beobachten
es vom Auto aus und folgen den Leuten, wenn sie die Ladung an Land bringen.«
»Damit sollten wir alles im Griff haben«, schätzte Neil. »Aber ich glaube, wir könnten etwas Verstärkung aus meiner Abteilung gebrauchen, für den Fall, dass es eine längere Verfolgung gibt.«
»Bei so einer Sache kann man nie genug Leute haben«, pflichtete ihm McEwen bei. »Sprich mit deinem Boss Ross Johnson. Wenn er keine Verstärkung schicken kann, dann versuche ich, jemanden vom CHERUB-Campus zu bekommen.«
»Was ist mit den Ãberwachungsgeräten?«
»Ich habe keine dabei«, meinte McEwen. »Aber im Haus in Salcombe hat Chloe wahrscheinlich einen ganzen Koffer voll davon.«
Neil sah auf die Uhr. »Es ist jetzt eins. Wird knapp, aber das sollten wir hinkriegen.«
Kurz nach ein Uhr mittags näherten sich Dante, Joe, Lauren und Anna dem Eingang zum Clubhaus der Bandits. Jeder von ihnen zog einen Einkaufs-Trolley oder Rollkoffer hinter sich her. Joe sah sich vorsichtig nach links und rechts um, dann schob er eine
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