Die Rache-Agentur
Georgie zögerte. Alles in allem machte es nichts, wenn Lib jetzt oder erst in zehn Minuten schlafen ging. Es war schließlich Samstag. Doch in absehbarer Zeit würde Georgie mit einer heranwachsenden Lib und einem Säugling fertigwerden müssen, und Ed wäre da kaum eine Hilfe. Es war an der Zeit durchzugreifen. «Lib», sagte sie mit fester Stimme. «Du musst es selbst wissen. Wenn du jetzt Schluss machst, darfst du morgen nach den Hausaufgaben weiterschauen. Wenn nicht, bleibt der Computer für den Rest der Woche aus.»
Libby sah zu ihrer Mutter auf und wandte sich dann wieder dem Bildschirm zu. Sie dachte nach. «Soll das heißen, dass ich nie mehr an den Computer darf, wenn ich jetzt nicht aufhöre?»
«Nein, nein. So habe ich es nicht gemeint. Wenn du jetzt nicht aufhörst, dann wirst du für den Rest der Woche nicht mehr an den Computer gehen dürfen. Mehr nicht.»
Das kleine Mädchen biss sich auf die Lippe und starrte noch immer konzentriert auf den Bildschirm.
«Und was heißt ‹für den Rest der Woche›? Meinst du bis Freitag? Oder auch das ganze Wochenende? Das wäre nämlich total fies.»
Georgie seufzte. «Vermutlich nur bis Freitag.»
«Und was ist mit Freitag selbst?» Libbys Augen waren noch immer starr auf Officer Dibble und Benny gerichtet.
«Ja! Auch am Freitag. Um Himmels willen, Lib, muss ich erst böse werden?»
Mit einem triumphierenden Grinsen schloss Libby den
Media Player
. «Da, schon fertig! Also darf ich morgen wieder schauen, ja?»
«Oh, du kleiner Frechdachs! Hast du etwa all die Fragen bloß gestellt, um Zeit zu schinden?»
«Klar, und es hat geklappt. Ich habe dich abgelenkt, bis die Folge vorbei war. Holst du mir noch ein Glas Orangensaft, bevor ich ins Bett muss?»
«Nein! Du hast mich bereits ein Mal reingelegt. Treib es nicht zu weit! Wie soll ich nur mit dir und dem Baby zurechtkommen?»
Kichernd trat Libby näher an ihre Mutter heran und beugte ihr Köpfchen zu der kleinen Wölbung hinab. «Baby, ich werde dir beibringen, wie man
alles
von Mummy kriegt, was man will. Aber du musst auch nett sein und darfst nicht ständig weinen.»
Sie blickte auf, ein freches Grinsen im Gesicht. «Siehst du, ich werde eine ganz tolle große Schwester sein. Und dem Baby auch Lesen und so was beibringen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.»
Georgie knuddelte sie rasch, bevor sie ausweichen konnte. Sie hatte sich wirklich Sorgen gemacht, wie Libby reagieren würde, doch als sie ihr an diesem Tag die Neuigkeiten erzählt hatte, hatte sie über beide Wangen gegrinst. Andererseits hatte Libby immer wieder betont, dass sie kein Einzelkind bleiben wollte. Und es fügte sich gut, dass die Mutter ihrer besten Freundin Caitlin kürzlich ebenfalls verkündet hatte, schwanger zu sein.
Ed kam hereingeschlendert und strich Georgie über denRücken, als er hinter sie trat. Libby nutzte die Gelegenheit, um sich loszureißen, und rief ihren Eltern über die Schulter hinweg zu: «Und du kannst dem Baby Zeichnen beibringen, Daddy. Mummy zeigt ihr, wie man tanzt und kocht, und dann ist sie das schlaueste Baby auf der ganzen Welt.»
Ed machte ein gespielt böses Gesicht. «Und du bringst ihr bei, wie man andere Leute herumscheucht. Lieber Gott, wir werden von zwei kleinen Monstern herumkommandiert!»
Georgie lächelte, ermutigt durch die Witzeleien. «Und möge uns Gott helfen, wenn sie erst in die Pubertät kommt … es scheint schon jetzt loszugehen!»
Ed lachte glucksend. «Es wird schlimmer, noch ehe wir es uns versehen. Und morgen kriege ich mit den Jungs gleich eine doppelte Dosis ab, also verschont mich zu Hause.»
«Was hast du mit ihnen vor?»
«Ross will auf eine dieser grässlichen Paintballpartys gehen. Reines Testosteron.»
Georgie schmiegte den Kopf an seine Schulter und war überrascht, als er den Arm um sie legte. «Es ist gar nicht dein Ding, dich absichtlich besudeln zu lassen, stimmt’s? Aber wenigstens sieht Ross anschließend wie Jason Pollock aus.»
«Vielleicht sollte ich seine Overalls einrahmen und versteigern. Lass doch den Computer an, ja? Ich muss noch etwas erledigen, dann komme ich und gebe Lib einen Gutenachtkuss.»
Eine halbe Stunde später lag Libby in den Federn und hielt ihr Plüschschweinchen fest umklammert. Georgie küsste sie noch einmal auf die Stirn, ging leise aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter sich, während ihr Ed die letzte Seite aus
Pippi Langstrumpf
vorlas. Allein im Flur, rieb sie sich sanft über den Bauch und
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