Die Rache-Agentur
beschäftigt waren, schwitzenden, gelangweilten und schwierigen Kindern klarzumachen, dass pinkfarbene Schuhe mit Schleifen nichts für die Schule waren. Das Ganze wurde durch die viel zu nachgiebigen Eltern verschlimmert, die es genossen, das Wohl der kostbaren Füße ihrer Kinder in die Hände der zu hundert Prozent aufmerksamen Verkäuferinnen gelegt zu haben.
Flick seufzte voller Verzweiflung und zog ein Wartelos, dessen Nummer Lichtjahre von jener entfernt zu sein, die im Augenblick bedient wurde. Sie schlenderte die Regale entlang und versuchte sich daran zu erinnern, wie es gewesen war, als sie mit ihrer Mutter neue Schuhe zum Schulanfang gekauft hatte, aber es wollte ihr nicht gelingen. Sie hatte üblicherweise die Schuhe ihrer Cousine Mandy aufgetragen, und was Flicks Mutter an Geld übrig hatte, wurde in der Regel für «etwas Besonderes» ausgegeben.
«Das Geld ist eh knapp genug», hatte sie im vollen Ökobewusstsein gesagt, «daher sollten wir das, was wir haben, nicht für langweilige Dinge ausgeben.»
Flick erinnerte sich an ein wunderschönes Paar Partyschuhe aus echtem Lackleder – ein teures Geburtstagsgeschenk –, und obwohl ihre Füße damals schon groß gewesen waren, hatte sie jedes Detail der Schuhe geliebt, sie sorgfältig in ihrer Schachtel aufbewahrt und war liebevoll mit der Hand über das Leder gefahren. Also war ihre Mutter schuld an ihrem Schuhfetischismus.
Und nun stand sie vor einer Reihe von Babyschuhen, und ohne es zu wollen, streckte sie die Hand nach einem davon aus und holte ihn langsam aus dem Regal. Sie war sich nicht sicher, ob sie jemals zuvor einen Kinderschuh in der Hand gehabt hatte. Der Schuh war kaum größer als ihre Handfläche, winzig und von guter Qualität mit kleinen Stegen, die winzigen, drallen Füßchen Halt bieten sollten. Flick betrachtete ihn, als wäre er ein Kunstwerk, bis sie spürte, dass etwas nach ihrem Bein griff. Ein kleines Mädchen, kaum älter als zwei Jahre, mit abstehendem blonden Haar sah zu ihr auf und nutzte Flicks Bein, um die Balance auf ihren neuen Schuhen zu halten.
«Hallo, Kleines», sagte Flick mit einem Lächeln und wurde mit einem breiten Zahnfleischgrinsen und einem faszinierten Starren belohnt, bis das Kind von einer nervösenMutter auf den Arm genommen wurde, die sich wiederholt entschuldigte.
«Es tut mir ja so leid. Sie machen nichts als Ärger, wenn sie erst mal laufen können. Schnell wie der Blitz», sagte sie und gab ihrer Tochter einen dicken Kuss auf die pralle Wange, bevor sie an ihr schnupperte. Flicks Herz tat einen Satz.
Um dieses dämliche Gefühl wieder loszuwerden, verabredete sich Flick prompt zum Ausgehen mit ein paar Freundinnen, die auch noch nicht unter der Haube waren oder bereits den ersten Versuch hinter sich hatten. Alle waren begeistert von ihrem Anruf und erleichtert, dass mal jemand nicht zu antriebsschwach war, die Initiative zu ergreifen. Sie beschlossen, sich in einer Brasserie zu treffen, in die Flick gerne ging und die auch ein bevorzugter Treffpunkt der anderen war.
Am Anfang lief noch alles gut – abgesehen von dem üblichen Quatsch, dass alle darauf warteten, wer zuerst was bestellte, um sich nicht die Blöße zu geben und gierig zu wirken. Flick kam wie immer fast um vor Hunger, ignorierte das übliche «oder nehme ich lieber zwei Vorspeisen statt einer Hauptspeise» und bestellte sich einen Burger mit Pommes. Doch sosehr sie sich auch bemühte, die Unterhaltung auf das Thema Schuhe zu lenken und den ziemlich hübschen Rock, den sie kürzlich bei Selfridges gesehen hatte, landeten sie doch unweigerlich wieder bei den Männern. Typen und Beziehungen. Typen, die den Wink mit dem Zaunpfahl nicht verstanden und keinen Antrag machten. Typen, die nichts dagegen hatten, gemeinsam eine Hypothek aufzunehmen, aber die sich nicht dazu entschließen konnten, einen Ring an den Finger zu stecken. Die die Fernbedienung an sich rissen und während der Sportschau in den Sessel furzten. Jede ihrer Freundinnen am Tisch beschwerte sich über ihren festen Freund – und da sie alle auf die vierzig zugingen, hätten sienichts lieber, als endlich einen Ring an den Finger gesteckt zu bekommen und mit ihren Männern am Wochenende Heimwerkermärkte unsicher zu machen. Flick seufzte und schenkte sich großzügig aus der Proseccoflasche nach.
«Was ist mit dir, Flick?», fragte Gill, eine alte Schulfreundin, die ihren ersten Ehemann abgeschossen hatte und nun ihre zwei kleinen Kinder allein erzog. Sie
Weitere Kostenlose Bücher