Die Rache der Engel
bevorstehenden spektakulären Naturereignis– so der Euphemismus für eine globale Katastrophe– in Beziehung zu setzen, könnten sie Probleme bekommen. Und zwar ernsthafte.
» Dazu darf es nicht kommen!«, wies Owen ihn barsch zurecht. »1999 hat die Sache uns alle überrascht. Die Strahlungen traten kurz nach gewissen Anomalien in der Korona der Sonne auf, die durch die Sonnenfinsternis im August über Frankreich noch verstärkt wurden. Diese Sonnenfinsternis, die Nostradamus vorhergesagt hatte, erinnern Sie sich noch? Das jetzige Ereignis in Noyon könnte punktuell sein, auch wenn die Stadt in derselben Gegend liegt. Wir haben die Strahlung entdeckt. Wir haben ein Team hingeschickt. Und der magnetische Stein, den jemand in der Krypta der Kathedrale verborgen hat, befindet sich unter unserer Kontrolle. Auftrag erledigt.«
» Werden Sie in diesem Fall das Gleiche machen?«, fragte Scott und deutete auf den Bildschirm, der den HMBB bei seinem Erkundungsflug über der spanischen Nordküste zeigte.
Der Satellit verarbeitete gerade die neueste Information. Owen interpretierte sie verblüfft.
» Das kann doch nicht wahr…«
Edgar Scott widersprach ihm sofort:
» Doch, das ist es, Sir.«
Der Rechner hatte soeben die Position des Schützen geortet, der S 23 getötet hatte. An dem berechneten Ort hatte der Satellit eine Person aufgenommen, die in einer weiß-grauen Motorradkluft steckte, und die Aufnahme bereits konvertiert und mit einer Datenbank der NSA abgeglichen. Das Foto, der Name und die Adresse genügten, und Michael Owen sackte auf seinem Sessel zusammen.
Ellen Leonor Watson, Präsidentenbüro, Weißes Haus, Washington D. C.
74
Ich wäre vor Angst beinahe gestorben. Doch schließlich siegte meine Neugierde über meine Furcht und ich blickte in die Richtung, aus der ich die Schüsse gehört hatte. Seit dem letzten Knall waren zwei Minuten verstrichen. Seither hatte niemand mehr auf den Abzug gedrückt. Das war ein gutes Zeichen.
Da sah ich sie.
Die Gestalt in der Motorradkluft war eine Frau, die mit erhobenen Händen die Gasse vor dem Teatro Noela hinunterkam. Sie ging sehr langsam. Und sie war allein.
» Ich habe meine Waffe weggeworfen!«, rief sie in perfektem Englisch, das von den Steinmauern der umliegenden Gebäude widerhallte. » Nicht schießen! Ich arbeite für das Büro des Präsidenten der Vereinigten Staaten! Ich will nur mit Julia Álvarez sprechen!«
Als ich meinen Namen hörte, tat ich einen Satz.
Hatte sie gerade gesagt, dass sie für den amerikanischen Präsidenten arbeitete?
» Hände hoch! Machen Sie keine ruckartige Bewegung!«, befahl ihr Dujok, der mit seiner Waffe über die Motorhaube zielte, hinter der er sich verschanzt hatte. » Haben Sie verstanden?«
Die Frau nickte.
Der Scheich wollte von mir wissen, ob ich die Frau kannte, aber ich verneinte die Frage. Ich hatte sie noch nie gesehen. Sie war ein attraktiver, eher dunkler Typ, ich hätte ihre Erscheinung nicht so schnell vergessen, wenn sie mir schon einmal irgendwo über den Weg gelaufen wäre.
» Ich kann Ihnen helfen!«, schrie die Frau. » Ich weiß, wo sich Martin Faber aufhält! Ich habe seine Koordinaten. Ich will nur sicher sein, dass es seiner Frau gut geht und dass Sie noch den Stein haben, den die Agenten vom Elias-Projekt suchen!«
» Was wissen Sie davon?«, fauchte Dujok.
Ellen lächelte. Touché.
» Ich bin eine Beraterin des Präsidenten. Ich weiß, dass er das Projekt nicht selbst genehmigt hat. Wenn Sie Probleme mit denen haben, dann haben wir sie auch.«
Nun lächelte Dujok. Ich hatte den Eindruck, dass ihm gerade eine Idee gekommen war. Mit einem Satz verließ er seine Verschanzung und spazierte, seine Waffe zu Boden gerichtet, zu der jungen Frau.
» Was wäre, wenn ich Ihnen erzählen würde, was der Präsident über Elias wissen muss?«, schlug er vor. » Würden Sie uns dann seinen Schutz garantieren, bis unsere Mission erledigt ist?«
» Mission? Was für eine Mission?«
» In die Türkei fliegen, Martin Faber retten und die Adamanten in Sicherheit bringen. Das ist alles.«
» Sie würden mich mitnehmen?«
» Wenn Sie das möchten? Dann los!«
Ellen gab ihm die Hand. Der Mann war ihr bester Trumpf, um in die Nähe der Steine zu kommen.
» Abgemacht, Sir. Mit wem habe ich die Ehre zusammenzuarbeiten?«
» Artemi Ivanovich Dujok, Baba Scheich des ehrwürdigen alten Glaubens an Melek Taus. Wir sind Yeziden.«
» Ich habe von Ihrer Religion schon einmal gehört…«
» Dann werden
Weitere Kostenlose Bücher