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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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waren im Ganzen zweihundert, und sie stiegen herab auf den Ardis, das ist der Gipfel des Berges Hermon, und sie nannten ihn Berg Hermon, weil sie auf ihm geschworen und einander durch Verwünschung verpflichtet hatten.
    » Gehen Sie jetzt zu dem zweiten Lesebändchen, dem grünen«, forderte mich der Geistliche auf. » Lesen Sie die ganze Seite, bitte.«
    » Aber diese Passage wird in der Kirche nicht gelesen«, protestierte Martin missmutig.
    » Nein. Aber es ist wichtig, dass deine Verlobte die Stelle kennt. Julia«, er berührte meine Hand, » bitte lesen Sie weiter.«
    Ich gehorchte auf der Stelle.
    Diese und die übrigen alle mit ihnen nahmen sich Weiber, und ein jeder von ihnen wählte sich eine aus, und sie begannen zu ihnen hineinzugehen, und sie vermischten sich mit ihnen und lehrten sie Zaubermittel und Beschwörungen und zeigten ihnen das Schneiden der Wurzeln und Hölzer.
    Und jene wurden schwanger und gebaren mächtige Riesen, deren Länge 3000 Ellen war, welche allen Erwerb der Menschen verzehrten, bis die Menschen sie nicht mehr zu ernähren vermochten. Da wandten sich die Riesen gegen sie selbst, um die Menschen zu fressen. Und sie fingen an sich an den Vögeln und an den Tieren, an dem, was da kriecht, und an den Fischen zu versündigen, sie fraßen untereinander ihr eigenes Fleisch und tranken das Blut davon. Da klagte die Erde über die Gewalttätigen.
    Einen Augenblick lang blieben wir drei stumm.
    Ich war erschrocken. Schließlich schien das die Geschichte einer sündigen Verbindung zu sein, einer Verbindung, die einen abscheulichen Stamm hervorgebracht hatte, der nur mit einer universalen Strafe ausgelöscht werden konnte.
    » Komm schon, Julia! Du siehst es doch!« Martin brach das Schweigen in dem Versuch, die Gemüter zu besänftigen. » Das ist nur eine alte Geschichte, in der es um Liebe geht. Die älteste Geschichte nach der von Adam und Eva.«
    Der Geistliche verzog das Gesicht.
    » Es ist die Geschichte einer verbotenen Liebe, Martin. Das hätte niemals geschehen dürfen.«
    » Aber, Father…«, murrte Martin. » Dank dieser Liebe haben die Söhne der Himmel, die Gottessöhne, eine besondere Art von Engeln, die über den Menschen stehen, beschlossen, ihr Wissen mit unseren Vorfahren zu teilen, die aus dem Paradies vertrieben worden waren. Wenn stimmt, was dieses Buch berichtet, taten sie das, indem sie zu Gunsten unserer Spezies Frauen heirateten, die die Erde bewohnten. Was ist denn daran schlecht? Ihr Stamm hat der Menschheit gutgetan. Dies waren die ersten Paare der Geschichte. Heilige eheliche Verbindungen. Verbindungen zwischen Göttern und Menschen.«
    » Martin, das sind unreine eheliche Verbindungen! Sie haben uns Unglück gebracht. Gott hat die Nachkommenschaft, die aus diesen Verbindungen hervorging, niemals gutgeheißen und deshalb hat er entschieden, sie mit der Sintflut zu vernichten. Nach wie vor erscheint es mir unpassend, am Tag eurer Trauung daran zu erinnern.«
    » Father Graham«– ich versuchte dem Gespräch die Spannung zu nehmen–, » Sie haben vorhin gesagt, dass wir Frauen im Henochbuch nicht gut wegkommen.«
    Meine List ging nur zur Hälfte auf. Der Geistliche verlor etwas von seiner Gereiztheit, aber er mäßigte keineswegs die Strenge seiner Worte.
    » Laut Henoch seid ihr Menschentöchter den Himmelssöhnen immer unterlegen«, sagte er. » Sie missbrauchen eure Naivität, sie schwängern euch mit schrecklichen Nachkommen, unförmigen Riesen und Titanen, und dann werdet ihr noch dafür verantwortlich gemacht, den neuen Stamm befleckt zu haben. Es ist eine fürchterliche Geschichte.«
    » Ja, Father Graham«, wandte ich lächelnd ein, » aber das Ganze ist doch nur ein Mythos…«
    Warum hatte ich das bloß gesagt?
    James Graham stand auf und riss mir grob das Buch aus der Hand. Bis dahin wirkte sein Gesichtsausdruck undurchdringlich, doch nun fiel plötzlich seine Maske.
    » Ein Mythos?«, fauchte er. » Wenn es doch nur so einfach wäre! Dieses Buch enthält das Wenige, was uns von den Ursprüngen unserer Zivilisation überliefert ist. Von dem, was vor der Sintflut geschah, bevor die Geschichte bei null begann. Kein anderer Bericht über unsere Ursprünge ist so präzise wie dieser.«
    » Aber die Sintflut ist doch auch nur ein Märchen…«, wandte ich ein.
    » Einen Moment!« Wieder unterbrach Martin unser Gespräch. » Julia, du kannst dich doch an unseren Besuch gestern Abend erinnern, oder?«
    Ich nickte überrascht. Natürlich hatte ich ihn noch

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