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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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fühlte mich wie umnebelt. Der Mann, den ich heiraten wollte, sprach zu mir, als wäre ich eine Fremde.
    » Du machst mir Angst, verstehst du?«, sagte ich mit Tränen in den Augen. » Ich habe dich immer für einen Wissenschaftler gehalten. Für einen rationalen Menschen… Ich habe mein Leben in deine Hände gegeben. Und nun erkenne ich dich nicht wieder!«
    » Julia, bitte… Du bist erschrocken«, flüsterte er. » Aber du musst doch gar nichts befürchten.«
    » Da bin ich mir nicht so sicher.«
    » Nach der Hochzeit wirst du Zeit haben, den Umgang mit den Steinen zu lernen, Chérie. Dann wirst du auch feststellen, dass ich nach wie vor der Wissenschaftler bin, in den du dich verliebt hast. Wir werden die Adamanten gemeinsam studieren, das verspreche ich dir. Du wirst sie zum Leben erwecken. Und ich werde sie interpretieren.«
    Ich gab keine Antwort.
    » Du wirst alles verstehen. Du wirst sehen, dass, auch wenn es dir wie Hexerei vorkommt, alles, was passiert, eine einfache Erklärung hat. Sheila und Daniel möchten dir übrigens auch alles erklären.«
    » Was ist, wenn ich kein Vertrauen mehr zu dir habe?« Ich sah ihn so ernst an, wie ich nur konnte. » Ich fühle mich betrogen, ich komme mir benutzt vor. Versteh das doch endlich!«
    » Das sagst du doch wohl nicht im Ernst.«
    » Nein…« Ich sah zu Boden. Seine kräftigen Hände drückten meine Hände und versuchten mir die Sicherheit zu vermitteln, die ich verloren hatte. Das alles verwirrte mich nur. » Natürlich nicht…«

26
    Es geschahen merkwürdige Dinge.
    Wie sollte Antonio Figueiras einen Begleitschutz für diese Zeugin organisieren, wenn alle Naturgewalten sich gegen ihn verschworen hatten? Der Stromausfall, der gestörte Empfang und nun auch noch der Zusammenbruch des Mobilfunknetzes in der Umgebung hatten ihn schon wieder seiner sämtlichen Arbeitsinstrumente beraubt. Der Polizist brauchte gar nicht weiter nachzudenken: Er nahm seinen Privatwagen und fuhr schnellstens zur Plaza de la Quintana. Julia Álvarez und der Amerikaner mussten immer noch dort sein und sich unterhalten.
    Zum Glück hatte er mehrere Polizisten seines Vertrauens abgestellt, die sich um sie kümmerten, und der Helikopter seiner Einheit war ja ebenfalls dort gelandet. Figueiras ging also davon aus, dass kein kurdischer Terrorist– so tollkühn er sein mochte– es wagen würde, Julia unter diesen Umständen zu entführen.
    Der Regen– ›zum Glück‹, dachte der Inspektor nur– machte eine Pause. Es hatte aufgehört aus vollen Kübeln zu schütten und inzwischen schimmerte sogar matt die Morgenröte hinter den barocken Türmen der Kathedrale hervor.
    Wenn Figueiras sich die Zeit genommen hätte, einen Blick auf die Uhr am Armaturenbrett in seinem Wagen zu werfen, wäre ihm aufgefallen, dass dieser Lichtschein keineswegs die Sonne sein konnte.
    Aber das tat er nicht.

27
    Meine zweite Erinnerung post mortem kam ohne jegliche Vorwarnung.
    Ein ganz in Grau gekleideter Mann mit einem von Kälte und Alter verhärmten und faltigen Gesicht betrachtete uns ausdruckslos. Martin und ich hatten gerade Biddlestone erreicht, den Weiler, in dem wir heiraten wollten, doch der Vikar wollte nicht glauben, was er vor Augen hatte.
    » Es ist eine äußerst wichtige Entscheidung…«, flüsterte er. » Seid ihr euch wirklich sicher, dass ihr diesen Schritt tun wollt?«
    Wir zwei stimmten zu. Wir waren sehr zeitig in das Dorf gekommen, nachdem wir das Hotel in aller Frühe verlassen hatten, unfähig etwas Schlaf zu bekommen.
    » Wann habt ihr es entschieden?«
    » Sie hat es gestern erfahren«, antwortete Martin mit einem feinen Lächeln.
    » Das habe ich mir gedacht.«
    Der Tonfall des Geistlichen klang zwar vorwurfsvoll, doch er sagte nichts mehr dazu. Er setzte sich zu uns und bot uns etwas zu trinken an. Seine Gegenwart flößte mir Mut ein. Gleich darauf verstand ich, warum.
    » Wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen, mein Sohn?«, fragte er Martin.
    » Seit meiner Erstkommunion. Vor mehr als dreißig Jahren!«
    » Ja, stimmt. Genauso lange habe ich auch deine Eltern nicht gesehen.«
    » Ich weiß, es tut mir leid, dass sie so lange brauchen, um herzukommen.«
    » Weißt du was? Im Grunde genommen bedeutet ihre Abwesenheit Anerkennung. Das heißt, dass sie meiner Arbeit immer noch vertrauen«, sagte der Priester beiläufig, als wollte er diesem Detail seine Bedeutung nehmen. Martin blieb seinerseits unerschütterlich. » Sag mal, mein Sohn. Bestehst du immer noch auf der

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