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Die Rache der Engel

Die Rache der Engel

Titel: Die Rache der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Sierra
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Verhalten meines Verlobten war so suggestiv, dass ich meinen Stein sogleich daneben legte.
    Ich war also in einen Moment kurz vor meiner Hochzeit zurückgekehrt.
    Der Vikar von Biddlestone betrachtete überrascht und fasziniert zugleich unsere Talismane.
    » Ist es das, was ich mir denke, Martin?«, fragte er.
    » Ja, die beiden Steine von John Dee.«
    » Die… Adamanten?«
    Martin nickte.
    » Deine Mutter hat mir von ihnen erzählt. Ich habe sie mir anders vorgestellt.«
    » Ich weiß, alle erwarten einen Stein, der glatter und größer ist, und auch stärker bearbeitet«, pflichtete Martin bei. » So etwas wie Dees magischer Spiegel.«
    » Was zum Teufel ist der magische Spiegel?«
    Bei meiner Frage mussten die beiden Männer lächeln.
    » Aber, Julia. Du hast ja wirklich überhaupt keine Ahnung!«
    Martins Vorwurf klang sanftmütig und verletzte mich nicht.
    » Als John Dee starb, landete ein Großteil seiner Bibliothek und seiner Artefaktesammlung in den Händen des britischen Historikers Elias Ashmole. Dieser Gelehrte war einer der Mitbegründer der Royal Society in London, die für die moderne Wissenschaft eine Vorreiterrolle gespielt hat. Doch er hing einem Geheimglauben an: Es heißt, dass er zu den Menschen gehörte, die es für möglich und sogar empfehlenswert hielten, mit den Engeln zu kommunizieren. Von diesem Ziel besessen, entdeckte er im Nachlass von John Dee auch den magischen Spiegel und versuchte ihn für seine Zwecke einzusetzen. Eigentlich handelte es sich nur um ein sehr blankes Obsidianstück, bestimmt von aztekischer Herkunft, das derzeit im Britischen Museum aufbewahrt wird.«
    » Dieser Spiegel hat wenigstens etwas Besonderes, aber diese Steine…«, brummte der Geistliche, während er sie in der Hand wog, » sehen doch ganz gewöhnlich aus.«
    » Sie haben absolut recht, Father Graham. Wenn jemand ihre Herkunft nicht kennt, würden sie unerkannt bleiben, bis sie aktiviert werden. Deshalb werden sie auch immer in einer Zollerklärung aufgeführt, wenn jemand von uns mit ihnen von einem Land in ein anderes reist. So hinterlassen wir eine Spur, falls wir die Steine einmal verlieren sollten.«
    » Willst du sie aus England fortschaffen?«
    » Vielleicht.«
    » Mein Sohn, sag mir doch, ob sie irdischen Ursprungs sind?«
    Schon die Frage des Geistlichen verwirrte mich, aber Martins Antwort erst recht.
    » Sie wirken nur so, Father Graham«, sagte Martin. » Ich nehme an, Mama würde Ihnen sagen, es sei unmöglich, irgendwo auf der Welt einen vergleichbaren Stein zu finden.«
    » Aber wo hat deine Mutter die Steine her?«, fragte ich.
    » Sie gehörten zu einem alten Exemplar des Henochbuches, aus dem Besitz der Familie. Die Steine waren in den Einband eingelegt. Früher war es üblich, die Einbände von besonders wertvollen Büchern mit Edelsteinen zu verzieren.«
    » Weiß man denn, ob andere Exemplare dieses Buches mit ähnlichen Steinen eingefasst waren?«, fragte ich nach.
    » Nein, Julia. Und selbst wenn, so wurden sie niemals gefunden. Meine Eltern haben Jahre mit der Suche nach weiteren Adamanten zugebracht, aber alles, worauf sie gestoßen sind, waren gelegentliche Erwähnungen in Legenden oder in den Berichten von Eroberern und ähnlichen Texten. In der amerikanischen Folklore sind sie recht populär.«
    » In Amerika?«
    Der Geistliche, der versunken mit den Steinen gespielt hatte, reichte sie Martin, ehe er unser Gespräch kommentierte.
    » Hinweise auf Adamanten«, stellte er fest, » gibt es des Öfteren so wie Berichte über die Sintflut, meine Liebe. Haben Sie schon einmal von dem Naymlap-Mythos gehört? In Peru ist er recht bekannt.«
    » Father, ich glaube kaum, dass Julia sich für solche Sachen interessiert«, platzte Martin hervor.
    » Aber ja doch! Natürlich interessiert mich so etwas.«
    » Seit wann das denn? Du hast mit mir niemals über Mythologie gesprochen.«
    » Dann ist heute eben ein guter Tag, um damit zu beginnen«, erwiderte ich von oben herab.
    Der Geistliche sprach angeregt weiter:
    » Naymlap war ein geheimnisvoller Seefahrer in präkolumbischer Zeit, der von solch einem Stein an die Küste von Peru geleitet wurde. Er sagte den Eingeborenen, er könne mit Hilfe des Steines die Anweisungen seiner Götter hören und würde niemals die Orientierung verlieren.«
    » Interessant. Aber können Sie mir auch sagen, wo diese Steine zum ersten Mal erwähnt werden, Father Graham?«
    » Das ist eine einfache Frage«, antwortete der Geistliche lächelnd. » Die Pioniere

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