Die Rache der Engel
wurden, garantiert von den Toten zurückkehren würden. Und da sie davon überzeugt waren, dass dies hier die letzte christliche Kirche war, ehe sie die steilen Klippen am Ende der Welt erreichten, errichteten sie sie auf dieser Erde, um das Gebäude noch heiliger zu machen.«
» Hm. Dafür gibt es einen anderen Grund«, murmelteer.
Ich meinte mich verhört zu haben.
» Was für einen anderen Grund denn?«, fragte ich nach. Der Armenier wiegte den Kopf hin und her.
» Die Erde aus Jerusalem besitzt eine einzigartige mineralogische Zusammensetzung, Mrs Faber«, sagte er mit ernster Miene. » Vor allem am Tempelberg, wo der Felsendom steht. Der Eisengehalt liegt dort weit über dem Durchschnitt der Böden in der Umgebung, und deshalb ist diese Erde ein hervorragender elektrischer Leiter. Das würde beispielsweise erklären, warum die Alten so versessen darauf waren, die Schuhe auszuziehen, sobald sie heilige Erde betraten. Irgendwie war ihnen bewusst, dass es, solange sie den natürlichen Strom der Erde nicht störten, hier nichts zu befürchten gab. Aber wenn sie es taten, konnten sie vernichtet werden.«
» Meinen Sie das ernst?«
» Denken Sie doch an die Menschen, die verbotenerweise die Bundeslade berührten…«
›Stimmt‹, dachte ich, ›davon hat mir Sheila ja erzählt.‹
» Aber das würde doch bedeuten, dass die Elektrizität schon Jahrhunderte vor Alessandro Volta bekannt war!«
» Ja, das war sie, Mrs Faber. Die alten Ägypter konnten Metallstücke mit Hilfe von geringen Stromstößen galvanisieren. Im archäologischen Museum in Bagdad war bis vor der amerikanischen Invasion ein Behältnis ausgestellt, das fast zweitausend Jahre alt war und wie eine Batterie funktionierte. Sogar die Adamanten speichern Elektrizität, um ihre Funktion zu entfalten. Man kann durchaus wissenschaftliche Aspekte hinter den religiösen Metaphern erkennen.«
» Und Sie denken, Martin hat genau das getan– er hat diese Art Hinweise ›gelesen‹. Ja?«
» Genau!«, pflichtete Dujok zufrieden bei. » Je tiefer Sie in unsere Vergangenheit zurückgehen, desto mehr solcher Überraschungen werden Sie finden. Die Sumerer beispielsweise haben schon ihre Straßen asphaltiert. Solche Sachen haben Martin fasziniert, also erstaunt mich keineswegs, dass der Hinweis auf die Erde hier ihn aufhorchen ließ. Ihr Mann wusste, dass es eine Zeit gegeben hat, in der die Menschheit sich dank ihrer Verbindung mit den Göttern größter Fortschritte erfreut hat. Und er wusste auch, dass dies immer an Orten stattgefunden hat, die eine starke elektrische Ladung im Boden aufweisen. Leider ist dieses Wissen verloren gegangen, wir haben nur noch einige wenige Reliquien aus dieser Vergangenheit und wir haben vergessen, wie wir sie anwenden müssen. Dinge wie die Adamanten, die an Plätzen aktiviert werden müssen, die wie dieser besonders dafür geeignet sind.«
Dujok ging noch weiter in die Kirche hinein, ehe er weitersprach:
» Wofür hat Martin sich hier noch besonders interessiert, Mrs Faber?«
» Also… Er ist eine ganze Zeitlang allein durch die Kirche spaziert. Wissen Sie was? Vom ersten Moment an wirkte er auf mich wie ein Mensch, der nichts Böses im Sinn hat. Und da gerade Mittagszeit war, habe ich ihm erlaubt, sich in Ruhe umzusehen, während ich essen ging… Doch, ich kann mich daran erinnern«, ergänzte ich noch, » dass er bei meiner Rückkehr sehr konzentriert war, er fertigte eine Zeichnung von unserem berühmtesten Grab an.«
» Von dem berühmtesten Grab?«
» Ja, es ist das hier«, sagte ich und zeigte auf eine hervorragend erhaltene Tumba, die keine drei Meter von uns aufgestellt war. Sie bestand aus einem Steinsarkophag, auf dessen Deckel eine Ganzkörperskulptur ruhte. » Ich habe sie Ihnen nicht gezeigt, gerade weil wir von diesem Ensemble wirklich jedes Detail kennen. Ich kann Ihnen versichern, dass nichts davon irgendetwas mit Noah zu tun hat.«
Dujok trat näher, um das Grab zu bewundern. Es war ein großartiges Monument im Stil der Renaissance. Der Sarkophag selbst war sorgfältig mit Engelfiguren, Familienwappen und zudem mit einem großformatigen Medaillon verziert, das einen Stier und eine Kuh zeigte, die unter einer Zypressenreihe weideten.
» Aus welcher Zeit ist dieses Grab? Es sieht etwas moderner aus als die übrigen…«
» Da liegen Sie richtig, Mr Dujok. Die Person, die auf dem Grabdeckel dargestellt ist, trägt Kleidung aus dem 15 . Jahrhundert. Das hohe Barett, das Kissen, der lange Überrock
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