Die Rache der Engel
ausgearbeitet. Sie liegen bereits am frühen Morgen in meinem Büro bereit. Es sind kluge Zusammenfassungen. Sie sind sogar lehrreich. Sie berichten darin über Finanzen, über Kernwaffen, über biologischen Terrorismus und sogar über bemannte Mondmissionen, aber ich habe bislang keinen einzigen Hinweis auf dieses Projekt gelesen.«
» Nein, aber…«
» Mr Owen«, unterbrach ihn Castle, » bevor Sie den Präsidenten belügen, sollten Sie wissen, dass das Weiße Haus seine Hausaufgaben gemacht hat. Ich habe gestern zwei Berater nach Spanien geschickt, um das Verschwinden eines Ihrer ehemaligen Agenten zu untersuchen. Nach meinen Informationen hat dieser Mann an einer Operation mit dem Namen Elias teilgenommen.« Castle genoss es, als sich auf dem Gesicht seines Gesprächspartners Verblüffung zeigte. » Ein amerikanischer Staatsbürger ist in der Türkei entführt worden, also ging ich davon aus, dass uns seine Ehefrau, die noch in Europa lebt, nützliche Hinweise geben könnte. Und wie merkwürdig, Ihre Männer sind uns wie hungrige Hunde zuvorgekommen. Das Schlimmste an der Sache ist aber«, sprach er weiter, » dass die NSA mich immer noch nicht über die Entführung unseres Staatsangehörigen in Kenntnis gesetzt hat. Das habe ich erst über inoffizielle Kanäle herausfinden müssen. Und dann erhalte ich noch vor kaum einer Stunde die Nachricht, dass sich auch die Ehefrau des Agenten in Luft aufgelöst hat. Was zum Teufel ist hier los, Michael? Was sollte ich wissen, das Sie mir noch nicht gesagt haben?«
Die Gesichtszüge von Direktor Owen verhärteten sich. Er warf einen kurzen Blick auf die zwei Begleiter des Präsidenten und bedeutete ihm damit, dass ihn deren Anwesenheit störte.
» Ich verstehe. Sie möchten unter vier Augen sprechen, nicht wahr?« Castle hatte Owens Gesichtsausdruck verstanden.
» Wenn es möglich wäre, Sir.«
» Ich habe ungern Geheimnisse vor meinem Team, Michael. Das wissen Sie nur zu gut.«
» Auch wenn Sie es mir nicht glauben, Sir, mir behagt das auch nicht. Aber in dieser Angelegenheit ist es angebracht.« Der NSA -Direktor legte eine Schweigepause ein. » Ich bitte Sie darum, Mr President.«
Roger Castle ging schließlich darauf ein.
Eine Minute später waren sie allein, und der Präsident war überrascht, als dieser mächtige Geheimdienst-Mann vom Sofa aufstand, um die dicke Bibel mit rotem Einband in die Hand zu nehmen, die er kurz zuvor auf den Schreibtisch gelegt hatte.
» Ich muss Ihnen noch etwas sagen, Sir.«
Owen legte den Band vor den POTUS und äußerte feierlich eine Bitte, mit der dieser wahrlich nicht gerechnet hatte.
» Ich bitte Sie, Sir, zu schwören, dass Sie keine der Informationen, die ich Ihnen nun anvertraue, an Dritte weitergeben.«
Roger Castle blickte sprachlos zu Owen.
» Was hat das denn zu bedeuten, Michael? Ich habe doch schon bei meinem Amtsantritt den Eid geleistet.«
» Tut mir leid, Mr President. Es mag Ihnen unüblich vorkommen, aber wenn wir über das Elias-Projekt sprechen, müssen auch Sie sich den geltenden Regeln unterwerfen. Diese Regeln sind etwas antiquiert, daran gibt es nichts zu deuteln, aber schließlich und endlich sind es Gesetze.«
» Was heißt ›etwas antiquiert‹?«
» Das Projekt, für das Sie sich interessieren, Sir, wurde zu Zeiten von Präsident Chester Arthur geschaffen. Es ist das erste Projekt dieser Art, das unsere Nation in Gang gesetzt hat, und man hat nur nach einem besonderen Eid Zugang dazu.«
» Chester Arthur? Zum Teufel! Aber das ist doch mehr als hundert Jahre her!«
Michael Owen pflichtete ihm bei.
» Wenige Männer in Ihrer Position haben um Zugang zum Elias-Projekt gebeten, Sir. Es mag seltsam für Sie klingen, aber Elias gehört in das weite Spektrum unserer Geheimdienstorganisationen. Deshalb hat es auch diesen Sonderstatus. Elias unterliegt nicht dem Freedom of Information Act, und nur sehr wenige Menschen wissen überhaupt von seiner Existenz. Bislang haben nur Eisenhower im Jahr 1953 sowie George Bush Senior im Jahr 1991 um Zugang gebeten. Und auch diese beiden Präsidenten haben sich an das Procedere gehalten.«
Owen wartete ab, dass Roger Castle seine Entscheidung traf, während er den Blick nicht von der Bibel abwandte.
» Es ist notwendig, Sir.«
» Michael, mache ich mich damit zu einem Komplizen bei einer illegalen Sache?«
Der stattliche Afroamerikaner verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das andere und schüttelte den Kopf.
» Selbstverständlich
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