Die Rache der Flußgoetter
»Kein Grund, der Sache eine zu extreme Bedeutung bei zu messen.« »Das hört sich für mich aber ganz anders an. Es klingt vielmehr so, als habe es einen entscheidenden und irreversiblen politischen Schwenk gegeben. «»So etwas wie einen irreversiblen politischen Schwenk gibt es gar nicht«, widersprach ich ihr. »Jedenfalls nicht in der römischen Politik. Und sie haben ja recht. Wir brauchen eine Zeitlang eine starke Zentralgewalt, um die Ordnung in der Stadt wieder herzu stellen, und diese Aufgabe kann nur Pompeius bewältigen. Das sehe ich ein, und du weißt besser als irgend jemand sonst, wie sehr ich den Mann verabscheue.« »In der Tat. Deswegen sind das ja auch ganz neue Töne von dir«, sagte sie argwöhnisch. »Wie kommt es zu diesem abrupten Ende deiner Feindseligkeit gegenüber Pompeius?«
VII
Ich verschränkte die Hände hinter dem Kopf und ordnete meine Gedanken, Gedanken, die seit meiner Zeit in Gallien in meinem Kopf vor sich hin gegoren hatten. Das matte Flackern der winzigen Nachttischlampe tanzte über die neuen Fresken, die Julia in Auftrag gegeben hatte: verspielte längliche Pflanzenornamente, wie sie neuerdings modern waren. »Pompeius ist erledigt«, sagte ich. »Das kann ich jetzt deutlich erkennen. Jahrelang habe ich mir Sorgen gemacht wegen ihm und Crassus. Ich dachte, eines Tages würde es zum Bürgerkrieg zwischen den beiden kommen. Jetzt ist Crassus ein seniler alter Narr, der seinem Tod in Parthien entgegen zieht, wenn er überhaupt so weit kommt. Und Pompeius wird auch nicht jünger, genauso wenig wie seine Soldaten. Sie haben seit Jahren keinen anständigen Krieg mehr geführt. Wenn er sie ruft, werden sie sich um ihn scharen, aber sie sind auf den Gütern in Campanien und Etrurien, die er ihnen zugeschanzt hat, fett und träge geworden. Er ist nicht mehr die Bedrohung, für die ich ihn einst gehalten habe. Seit seinem letzten Konsulat hat er die Getreideversorgung kontrolliert und dabei geleistet, was alle für unmöglich gehalten hatten. Er hat die Bestechung ausgerottet und das ganze System auf eine effiziente Grundlage gestellt. Er verfügt über die richtige Mischung aus Begabung, Ansehen und Beliebtheit, um die Ordnung in der Stadt wieder herzu stellen.«
»Irgendwie machst du nicht den Eindruck«, sagte sie und sah mich nachdenklich an, »als ob du die Zukunft Roms und des Imperiums besonders rosig siehst, mit oder ohne Pompeius.«
»Caesar befehligt mittlerweile die größte römische Armee, seit Marius und Sulla vor dreißig Jahren um die Macht in der Stadt gekämpft haben.
Wenn es in Gallien gut für ihn läuft, wird er reich, ruhmvoll und mit einer erfahrenen und siegreichen Armee heimkehren. Eine gefährliche Kombination.
Das Volk liebt Caesar, aber der Senat ist besorgt. Wenn ihre Angst groß genug ist, werden sie Pompeius gegen Caesar unterstützen, und damit werden sie wie so oft in der Vergangenheit auf den Verlierer setzen.«
»Caesar würde nie die Waffen gegen Rom erheben!« entgegnete sie empört.
»Niemand erhebt je die Waffen gegen Rom«, bemerkte ich verbittert.»Jeder Möchtegern-Alexander behauptet, der Retter der Republik zu sein, während sein Gegner sich natürlich zum Tyrannen aufschwingen will, das weißt du genauso gut wie ich.
Nun, wir werden es früh genug erfahren.«
»Wenn Pompeius mit harter Hand regiert«, sagte sie, »könnte das das Ende für deinen Freund Milo bedeuten.«
Daran hatte ich auch schon gedacht. »Ja, aber dann muß er auch Clodius' und die anderen Banden zerschlagen. Milo ist mein Freund, aber diese Bandenkriege, die Rom zerreißen, müssen ein Ende haben. Ich hoffe, Milo wird ein ehrenvolles Exil akzeptieren und es nicht bis zum bitteren Ende auskämpfen.«
Ihre Stimme wurde weicher. »Du hast deine Meinung geändert, nicht wahr? Auf wessen Seite wirst du dich schlagen, wenn es soweit ist?« »Das kommt auf die Umstände an«, erklärte ich ihr, »und die ändern sich schnell. Es ist unmöglich, schon jetzt eine Entscheidung zu treffen, aber ich werde sie mir nicht von meiner Familie diktieren lassen. Nepos ist auch immer eigene Wege gegangen und dabei nicht schlecht gefahren.« »Genau«, pflichtete Julia mir bei. »Und wie kommt es überhaupt, daß Valerius Messala die Familienpolitik der Metelli bestimmt?«
»Darüber grüble ich auch schon die ganze Zeit nach«, sagte ich. »Die Valerii sind eine bedeutende, uralte Familie, Patrizier so adlig wie jeder Cornelier oder Julier, aber der Mann ist ein Intrigant. Ich
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